Schrille Werbeaktionen Wie Media Markt Kunden ködert

19 Prozent auf alles - Media Markt verzichtet heute auf die Mehrwertsteuer. Solche Werbekampagnen haben bei Elektronik-Riesen Tradition - clevere Kunden nutzen das aus.

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Promi-Bonus: 2010 taucht Comedian Mario Barth in der Werbung auf. Quelle: dpa

Bizarre Werbeaktionen haben bei Media Markt Tradition. Schon die Media-Markt-Gründer Walter Gunz, Leopold Stiefel und das Ehepaar Erich und Helga Kellerhals setzten in der ersten Filiale auf die Macht des Marketings. Wer 1980 einen alten Videorekorder oder Plattenspieler loswerden wollte, der mehr als zwei Kilo wog, sollte ihn zur ersten Filiale in München schleppen. Dort wurde das Gerät unter fachmännischer Aufsicht des ehemaligen Nationaltorwarts Sepp Maier in die Luft geschleudert. Offizielles Motto der Aktion: Geräte-Weitwurf. „Wir haben früher jeden Mist gemacht, um Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagte Gunz einst in einem Interview.

Auch diese Woche ist Aufmerksamkeit garantiert:  Das Unternehmen versucht mit einer neuen Aktion, das in den vergangenen Jahren arg ramponierte Preis-Image ein wenig zu polieren. Der Konzern verspricht den Kunden, im Online-Shop sowie „in allen 259 Media Märkten 19 Prozent vom Verkaufspreis, also den Prozentsatz der Mehrwertsteuer“, als Nachlass zu gewähren. Gestern startete die Kampagne, bereits heute endet sie.

Schon 2004 hatte das Unternehmen eine ähnliche Aktion gestartet und auf die Mehrwertsteuer verzichtet. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen rügte die irreführende Werbung damals. Der Konzern habe die ausgezeichneten Preise am Aktionstag nach oben gesetzt, so der damalige Vorwurf. Die versprochene Einsparung wäre für Kunden also wesentlich geringer ausgefallen. Das Unternehmen widersprach vehement und auch vor Gericht scheiterten die Verbraucherschützer mit ihrer These. Media Markt setzte weiter auf skurrile Aktionen.

Werben mit Fußball und Cowboy

Zur Fußball-Europameisterschaft 2004 rief der Händler „die größte EM-Wette aller Zeiten aus“. Ein am 1. Juni 2004 gekaufter Fernseher sollte kostenlos sein, wenn die deutsche Mannschaft die Europameisterschaft gewinnen würde. Der Hamburger Verein für lauteren Wettbewerb sorgte im Eilverfahren dafür, dass die Aktion gestoppt wurde, da Glücksspiele nicht mit Verkaufsgeschäften verknüpft werden dürften – und verstärkte so noch den Werbeeffekt. Letztlich war die Wettaktion ein voller Erfolg: Media Markt soll damals mehr als 500.000 Fernseher losgeschlagen haben.

Mehrfach versprach Media Markt bereits, dass Kunden die Steuern sparen können. 2004 gab es dafür Ärger. Quelle: imago images

Bei der Fußball-WM 2010 lebte die Aktion daher nochmals auf. So warb die Elektronikkette gewohnt offensiv mit dem Spruch „Fernseher für umsonst“: Je besser das deutsche Team abschnitt, desto mehr Rabatt wollte der Händler gewähren. Damals flog Deutschland im Halbfinale gegen Spanien raus – dieses Jahr gab es die Aktion nicht. Nach dem deutschen Sieg wäre sie auch deutlich teurer geworden. Stattdessen wurde zur WM ein Gratis-Einkauf für jeden ausgelobt, der schon vor Beginn des Turniers das Finale richtig tippte. Die Trefferwahrscheinlichkeit dürfte gering gewesen sein.

Vor elf Jahren feierten die Ingolstädter das „Projekt 2003 – ein billiges Jahr für alle“. Der Kern: Eine Tiefpreisaktion, über die ein Media-Markt-Sheriff wacht. Garniert wurde die Kampagne mit allerlei Werbefirlefanz wie eigens kreierten Tiefpreisgesetzbüchern in den Filialen. Die Mitarbeiter durften sich Sheriff-Sterne anheften und Cowboyhüte aufsetzen.

Schlagzeilenträchtige Aktionen

Bisweilen übernimmt sich Media Markt indes mit allzu vollmundigen Ankündigungen: So verfielen Schnäppchenjäger bei der Aktion „Das verrückte Torwandschießen“ auf einfallsreiche Ideen, um Produkte gratis abzustauben. Das Konzept: Wer an der Torwand trifft, bekommt seinen Einkauf umsonst. Die Regel: Ein Schuss pro Kassenbon.

Prompt rückten Kunden zum Einkauf aus und orderten verstärkt einzelne Artikel, um mehr Kassenbons und damit mehr Chancen zu haben. Manch Verbraucher dürfte auch den Plan verfolgt haben, den Großteil des Einkaufs später wieder zurückzugeben. So erstand in Köln ein Mann 14 Samsung-Handys, schoss auf die Torwand und brachte wenig später die Handys wieder zurück. Doch der Marktchef sträubte sich.

2010 ließen die Media-Markt-Werber die Kunden die Erfolgschancen der deutschen WM-Elf tippen. Quelle: dpa

Im Aachener Media Markt erregte ein Hobby-Fußballer Aufsehen, der von neun Schüssen auf die Torwand sechs verwandelte. Darunter der Treffer für eine Frau, die zuvor 2400 Euro ausgegeben hatte. Als der Fußballer einen Tag später mit Freunden anrückte, ließ ihn der Filialchef indes nicht mehr zum Schuss kommen.

Schon die Kampagne 2010 hatte sich als missbrauchsanfällig erwiesen: Das Unternehmen versprach, dass jeder zehnte Kunde seinen Einkauf erstattet bekommen soll. Doch pfiffige Verbraucher kamen prompt auf die Idee, gemeinsam mit Freunden auf Shoppingtour zu gehen und zehn einzelne Artikel zu kaufen. Ein Gewinn war somit garantiert, die restlichen Produkte wurden Tags drauf zurück gebracht.

Media Markt verspricht Schnäppchen. Häufig sind jedoch die Waren bei der Konkurrenz billiger. Quelle: imago images

Als die Idee Anfang 2014 wieder recycelt wurde, waren die Media-Markt-Planer von Anfang an schlauer. Unter der Devise „Jeder 20. Einkauf für 14 Euro“ kopierte das Unternehmen zwar das Erfolgskonzept. Um zu verhindern, dass sich Kunden im großen Stil im Online-Shop bevorraten, die Gewinnerprodukte behalten, alle anderen Artikel aber als Retoure zurückschicken, wurden die Gewinner erst nach Ablauf des vierzehntägigen Rückgaberechts bekannt gegeben.

2013 hatten sich die Media-Markt-Strategen zudem an einem neuem Ansatz versucht: Das Unternehmen kündigte an, sämtliche Filialen zu schließen – wenn auch nur für 50 Stunden. Zuvor wurde ein tagelanger „Sonderschlussverkauf“ inszeniert. Der Marketing-Gag diente dazu, die Lager zu räumen und alte Bestände rabattiert loszuschlagen, die werbewirksame Schließung war im Grunde eine Umbaupause.

Nicht nur Zentrale weiß um die Wirkung möglichst schlagzeilenträchtiger Aktionen. Auch die Marktchefs vor Ort lassen sich einiges einfallen: Für jede Eins im Zeugnis zwei Euro Rabatt – versprach vor einiger Zeit etwa eine Filiale in Passau Schülern zum Zeugnistag. Der Slogan: „Man lernt nicht nur für die Schule, sondern auch für die Tiefpreise". Verbraucherschützer klagten, weil die Unerfahrenheit von Kindern mit der Aktion  ausgenutzt worden sei. Der Bundesgerichtshof urteilte 2013 jedoch, dass die Werbung zulässig ist.

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