„Ein so vielfältiges und großes Angebot, wie Rebelle es macht, kann die Second-Hand-Luxus-Boutique in Citylage nicht bieten“, sagt Luxusexpertin Herhoffer. Das fängt bei der Provision an: In der Design-Boutique um die Ecke werden bis zu 60 Prozent Provision verlangt, Mode-Retailer Rebelle verlangt von Privatkunden die Hälfte, Chronext nimmt im Schnitt 16,5 Prozent.
Auch in puncto Sortimentsbreite können Filialen nicht mithalten. Bei Chronext sind aktuell 15.000 Uhren online – rund die Hälfte davon ist gebraucht. Bei Rebelle sind 65.000 Stücke gelistet – „alle handverlesen und kuratiert“, sagt Gaulke.
Während einzelne Filialen lokal weitgehend auf eine kleine Kundschaft beschränkt sind, sprechen die Online-Anbieter nicht nur den gesamten deutschsprachigen Raum an, sondern auch ein internationales Publikum. Chronext zielt auf Käufer in der ganzen Welt, Rebelle hat sich zuletzt neben dem deutschen Markt auf die Märkte in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Italien spezialisiert. So schaffen die Online-Anbieter eine deutlich höhere Nachfrage. „Den Verkäufern bietet das den Vorteil, dass sie ihre Ware schneller verkaufen“, sagt Gaulke. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen höheren Preis erzielen, steigt mit jedem potenziellen Käufer.
Die höhere Nachfrage wiederum bringt weitere Vorteile, die auch aus anderen Bereichen des E-Commerce bekannt sind. Etwa eine deutlich größere Infrastruktur, die bei Luxusprodukten für den Kampf gegen Produktfälschungen genutzt wird.
Das Vertrauen ist die wichtigste Währung
Laut OECD werden jährlich 580 Milliarden Euro mit Produktfälschungen umgesetzt – vor allem online. „Vertrauen ist das wichtigste Kriterium, um im Second-Hand-Luxusmarkt überhaupt ins Geschäft zu kommen und sich langfristig zu etablieren“, sagt Luxusexpertin Herhoffer.
Chronext-Chef Man versucht Sicherheit in den für Fälschungen anfälligen Markt für gebrauchte Luxusuhren zu bringen. Das Konzept: Käufer und Verkäufer kommen nicht direkt miteinander in Kontakt.
Jede Uhr, die auf dem Marktplatz verkauft wird, wird vorher zu Chronext geschickt und von auf verschiedenen Marken spezialisierten Uhrenmeistern auf Echtheit und Qualität geprüft. „Bei extrem spezifischen Uhren, etwa Vintage-Stücken aus den Dreißigern, die mehrere Hunderttausend Euro kosten, ziehen wir externe Experten zurate“, sagt Man. „Geht etwas schief, ist es unsere Reputation, die leidet, da der Händler anonym verkauft.“ Den Anteil an Fälschungen, die bei Chronext eingeschickt werden, schätzt er auf unter einen Prozent.
Bei Mode-Artikeln scheint das Problem größer zu sein. Gaulke beziffert den Anteil der Fälschungen, die eingeschickt werden, auf fünf bis acht Prozent. Deswegen beschäftigt auch sie ein ganzes Team, das die Waren auf Echtheit und Qualität überprüft.