Selbstbedienungskassen Warum SB-Kassen noch kein Erfolg sind

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Lieber Schlange stehen lassen, als Technik nutzen

Trotz der Vorzüge herrsche unter deutschen Händlern noch immer eine große Unsicherheit, sagt EHI-Experte Gerling. “Viele Unternehmen testen die Kassen, trauen sich aber nicht, die Pilotphase zu verlassen.” Doch für das Zögern gibt es gute Gründe.

Die Kosten

“Die Innovationskosten sind für den Einzelhandel ein deutlicher Faktor”, erklärt EHI-Experte Frank Horst. Nicht nur, dass die Self-Checkout-Systeme in der Anschaffung viel Geld verschlingen. Sie müssen auch an das bestehende Warensystem angebunden werden. Die Mitarbeiter benötigen zusätzliche Schulungen. Wer die SB-Kassen nicht nur einführt, um seine Kunden glücklich zu machen, sondern auch, um schnell Gewinne zu erzielen, wird kaum umhinkommen, Kosten einzusparen. Dafür gibt es offenbar nur einen schnellen Weg:  Innerhalb von drei bis vier Jahren könne sich die Anschaffung der neuen Kassen amortisieren, heißt es in der Branche - wenn Mitarbeiter entlassen werden.

Die Omnichannel-Trends im Handel

Die Kunden

Gegen den Austausch von Mensch gegen Maschine läuft aber nicht nur die Gewerkschaft Verdi bereits im Vorfeld Sturm. Auch einige Kunden gaben in der TNS-Umfrage explizit an, die Self-Checkout-Systeme zu meiden, um keine Arbeitsplätze zu gefährden. Vielen fühlen sich zudem von der Bedienung der Geräte überfordert oder würden den menschlichen Kontakt beim Bezahlen vermissen.

Da kann EHI-Chef Gerling noch so sehr betonen, bei den SB-Kassen handele es sich nur um ein “additives Angebot”, wegen dem kein Händler vollständig auf Kassenpersonal verzichten würde. In den Augen mancher Kunden geht mit der Einführung ein Stück persönliche Betreuung verloren.

Die Alternativen

Nicht nur die Hersteller von Selbstbedienungskassen versprechen den Händlern derzeit, die Läden fit für die Zukunft zu machen. Mobile Bezahlsysteme, Shoppingapps, digitale Schaufenster und virtuelle Spiegel: Bei der Waffenwahl im Kampf gegen die Online-Händler sind die Möglichkeiten derzeit vielfältig, die Versprechen groß, die Erfahrungswerte aber gleich Null.

Weil sie nicht wissen, welche Investition sich wirklich lohnt, haben die Händler jahrelang gezögert. Derzeit investieren die meisten, um die Versäumnisse der Vergangenheit auszugleichen. Sie verzahnen die Angebote ihrer Ladengeschäfte mit den eigenen Onlineshops und nutzen Shoppingapps um näher am Kunden zu sein. Bei den meisten aktuellen Omnichannel-Strategien spielen SB-Kassen bislang keine Rolle.

Die Aussichten

Das weiß auch NCR-Manager Michael Bayer. Sein Unternehmen hat sich von der reinen Kassenproduktion längst verabschiedet, setzt zusätzlich auch auf neue Softwareangebote für Händler, entwickelt eigene Apps. Vom künftigen Erfolg der SB-Kassen in Deutschland ist Bayer aber überzeugt. “Wenn der erste große Händler mit der Einführung beginnt, müssen die anderen nachziehen”, ist sich Bayer sicher. Sonst würden sie bei der Effizienz und im Bereich Innovationen zurückfallen. Das hätte schon die Entwicklung im Ausland gezeigt.

Doch ein Blick über die Grenzen hinweg beweist auch: Ein Allheilmittel ist die technische Aufrüstung nicht. In Großbritannien, wo Handelsriese Tesco für seine Vorreiterrolle bei der Aufrüstung seiner Läden gefeiert wird, rollen gerade Lidl und Aldi den Markt auf. Mit ihrer deutschen Discounter-Strategie ohne viel Schnickschnack.

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