Shop Apotheke „Da werden noch 600 Millionen Papier-Rezepte durch die Republik verschickt“

Quelle: Presse

Jetzt aber wirklich: Das elektronische Arztrezept in Deutschland soll kommen. Einer der Profiteure ist der Versandhändler Shop Apotheke. Der Aktienkurs legt zu, der Chef deutet eine Rückkehr in die Gewinnzone an.

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Dieses Interview wurde im Februar 2023 geführt und zu diesem Zeitpunkt erstmals bei der WirtschaftsWoche publiziert.

WirtschaftsWoche: Herr Feltens, seit gut zwanzig Jahren soll in Deutschland das E-Rezept eingeführt werden. Wieviel setzen Sie darauf, dass es im Laufe dieses Jahres tatsächlich klappt?
Stefan Feltens: Ich bin da durchaus zuversichtlich. Immerhin stellt in Deutschland inzwischen niemand mehr das E-Rezept grundsätzlich in Frage. Hierzulande – in den Regionen, wo bereits Modellprojekte starten konnten – sind mittlerweile rund eine Million E-Rezepte eingelöst worden. Dem stehen allerdings jährlich bis zu 600 Millionen Papierrezepte gegenüber. Nun hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versprochen, dass die noch bestehenden Probleme bis Mitte des Jahres behoben sind und die Einführung bundesweit startet. Ich erwarte im Laufe des Jahres einen deutlichen Anstieg bei den E-Rezepten, gehe aber noch nicht von einer flächendeckenden Einführung zum 1. Juli aus.

Das zieht sich dann noch. Was waren denn die Gründe, warum es mit der Einführung so lange gedauert hat?
Einer unserer Gründer, Stephan Weber, hat 2001 darauf gesetzt, dass das E-Rezept bald kommt und daher die Shop Apotheke zusammen mit seinem Vater gestartet. Es hat dann doch etwas gedauert. Bei der Gematik – der Organisation, die das E-Rezept auf den Weg bringen sollte – haben sich die verschiedenen Gesellschafter wie Ärzte- und Apothekenverbände sowie Krankenversicherer lange gegenseitig blockiert. Schließlich hat das Bundesgesundheitsministerium unter dem früheren Minister Jens Spahn die Mehrheit übernommen, seitdem läuft es besser. Für die Ärzte lagen die Vorteile des E-Rezepts auch nicht so klar auf der Hand. Manchmal konnte deren Praxis-Software die E-Rezepte nicht richtig verarbeiten.

Was sind denn die Vorteile des E-Rezepts?
Schon jetzt prüfen wir alle bei uns eingehenden Rezepte eines Kunden oder einer Kundin auf mögliche Wechselwirkungen. Mit der Einführung des E-Rezepts und die damit verbundene digitale Übertragung wird dieser Prozess entscheidend beschleunigt und optimiert. Laut der Beratung McKinsey können so durch die Vermeidung unnötiger Behandlungen und teilweise medizinischer Fehler als Folge von Wechselwirkungen fast eine Milliarde Euro eingespart werden. Hinzu kommen erhebliche Einsparungen im administrativen Bereich. Derzeit schicken wir pro Jahr ja tatsächlich 600 Millionen Papier-Rezepte durch die Republik. Und es bringt auch weitere praktische Vorteile: Menschen, die auf dem Land wohnen, wo es weniger Arztpraxen gibt oder Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, müssen jetzt keine weiten Wege mehr gehen, um Papierrezepte hin- und herzutransportieren.

Zur Person

Wie praktisch für Sie. Die Bestellung bei Versandapotheken funktioniert dann auch besser, weil keine Papierrezepte mehr verschickt und in Ihrer Zentrale eingescannt werden müssen. Wie stark profitiert die Shop Apotheke?
Den Großteil unseres Jahresumsatzes von rund 1,2 Milliarden Euro machen wir mit rezeptfreien Medikamenten und anderen apothekentypischen Produkten. Mit Rezepten für verschreibungspflichtige Medikamente erzielen wir derzeit etwa 130 Millionen Euro. Die meisten Marktforscher erwarten, dass durch das E-Rezept der Umsatzanteil der verschreibungspflichtigen Medikamente bei den Versandhändlern von einem auf zehn Prozent steigt. Das erscheint mir nicht unrealistisch. Damit verbleiben aber weiterhin über 90 Prozent der Rezepte bei den stationären Apotheken.

Solche Aussichten haben den Aktienkurs der Shop Apotheke seit Jahresbeginn kräftig ansteigen lassen. Ist da noch Luft nach oben?
Ich sehe auch weiterhin noch erhebliches Wachstumspotenzial für unsere Aktie, die derzeit bei rund 65 Euro notiert. Von unserem früheren Höchstkurs 250 Euro sind wir natürlich noch ein großes Stück entfernt. Aber der komplette Vorstand von Shop Apotheke glaubt an das Kurspotenzial und ist selbst erheblich investiert.

Ab dem 1. Januar wird das E-Rezept starten. Darauf hat sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt festgelegt. Und das ist gut so. Warum, zeigt ein Besuch beim Münchner Apothekendienstleister Noventi.
von Jürgen Salz

Zuletzt schrieb die Shop Apotheke Verluste. Ist nun bald wieder mit Gewinnen zu rechnen?
Shop Apotheke war vor der Coronapandemie sechs, sieben Quartale lang operativ profitabel . Derzeit schreiben wir noch Verluste. Unter anderem wird das E-Rezept unsere Profitabilität sicher verbessern. Unsere Prognose für das Jahr 2023 steht noch nicht. Aber ich bin da ganz positiv gestimmt.

Was haben eigentlich die Vor-Ort-Apotheker vom E-Rezept?
Dort werden natürlich auch Effizienzgewinne realisiert. Damit verbleibt mehr Zeit für die Beratung. Außerdem arbeiten wir selbst mit einer Reihe von stationären Apotheken zusammen, wenn Kunden ihre Medikamente noch am gleichen Tag erhalten wollen.

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Welche Medikamente laufen bei Ihnen gerade besonders gut?
Derzeit sind es vor allem Erkältungs- und Grippepräparate sowie Nahrungsergänzungsmittel. Stark gefragt ist derzeit allerdings auch das Mittel Elotrans, ein Mittel das auch bei Durchfall eingesetzt wird. Auf TikTok und Instagram wird Elotrans nun auch als Mittel gegen Kater angepriesen. Seither explodieren die Umsätze. Sobald bei uns eine Palette mit Elotrans reinkommt, ist sie innerhalb von Stunden wieder ausverkauft.

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