Dann hat Amazon-Chef Jeff Bezos ja wohl richtig entschieden, als er vor wenigen Wochen ein eigenes Amazon-Smartphone auf den Markt brachte. Wann kommt das Rakuten-Smartphone?
Das wird es nicht geben. So wichtig Mobilgeräte auch sind, primär geht es um den Zugang zu den mobilen Nutzern. Dafür haben wir Viber. Wir erreichen darüber weit mehr Menschen als über ein weiteres Gerät, und wir werden Viber zu einer offenen Kommunikationsplattform ausbauen. Viele Menschen haben genug von abgeschotteten Betriebssystemen, mit denen sie gezwungen werden sollen, nur die Angebote eines Anbieters zu nutzen. Sie versuchen, dem zu entfliehen.
Dann halten Sie das Amazon-Smartphone für einen Fehler?
Oft genug haben sich Ideen zu einem Riesenerfolg entwickelt, die ich für einen Irrweg hielt. Für Amazon kann ich das nicht beurteilen. Amazon hat einen ganz anderen Geschäftsansatz als Rakuten. Bei Amazon dreht sich alles um Effizienz, Algorithmen und Prozessstandards. In ihrer Welt kann die Smartphone-Entwicklung durchaus sinnvoll sein, in unserer nicht.
Warum die Deutschen Online-Shopper sind
„Aus heutiger Sicht wäre das der Weg zurück in die Steinzeit“, lautete eine Antwort auf diese Frage. E-Commerce hat sich fest in den Alltag der meisten Menschen integriert. Die Deutschen sind insgesamt besonders positiv eingestellt. 61 Prozent der Deutschen Online-Shopper möchten auf diese bequeme Art des Einkaufs nicht mehr verzichten.
„Zu den Zeiten einkaufen, die in mein Leben passen“ nennen in Deutschland vier von fünf Konsumenten als wichtigsten Vorteil. Eine echte Zeitersparnis haben 57 Prozent festgestellt. Mehr Zeit zu haben, empfinden dabei die meisten Deutschen als eine Entlastung im Alltag: 63 Prozent geben an, „viel weniger Stress beim Einkaufen als früher in der Stadt“ zu haben. 55 Prozent geben an, sich entspannter zu fühlen.
„Genau das Produkt, das ich suche“ finden in der Regel zwei Drittel der Online-Shopper. Und zwar sehr schnell und zum günstigsten Preis. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) gibt an, im Internet oft besonders individuelle Produkte zu finden, 62 Prozent schätzen es, dass sie Produkte finden, „die man im Geschäft beziehungsweise via Katalog nicht bekommen würde“.
Die Mehrheit der Käufer erlebt sich im Internet als „empowered consumer“. Zwei Drittel der Online-Shopper halten sich für besser informiert über Angebote und Preise als früher, nutzen gerne Bewertungen anderer Kunden und meinen, dass Konsumenten heute durch Kommentarfunktion und Empfehlungen beim Online- Kauf viel mehr Einflussmöglichkeiten haben.
Quelle: Studie im Auftrag der Deutschen Post: Einkaufen 4.0 - der Einfluss von E-Commerce auf Lebensqualität und Einkaufsverhalten
Was unterscheidet Rakuten denn von anderen Marktplätzen?
Wir haben den vielleicht etwas nostalgisch anmutenden Ansatz, dass wir unseren Partnern, die über Rakuten verkaufen, dabei helfen, gute Geschäfte zu machen. Deshalb treten wir zum Beispiel nicht in Wettbewerb zu unseren Händlern und verkaufen selbst keine Waren. Viele Wettbewerber wollen den Umsatz dagegen am liebsten alleine machen und treten mit Niedrigpreisen gegen ihre eigenen Partnerunternehmen an.
Die meisten Kunden schauen aber vor allem auf den Preis.
Klar, der Preis ist wichtig. Aber es geht um noch mehr: Einkaufen ist eben nicht nur ein simpler Bestellprozess, sondern es hat auch sehr viel mit Kommunikation und Interaktion zu tun. Das macht die vielen kleinen Geschäfte vor Ort aus. Und diesen Ansatz sehen wir auch als die Zukunft des Einkaufens im Netz. Man spricht mit dem Modehändler in einem Geschäft zum Beispiel über Farben, Formen und Modelle. Es geht dabei um Interaktion. Wir versuchen, diese Shopping-Emotionen der Kunden auf das Netz zu übertragen.
Sie treiben seit sechs Jahren die Internationalisierung von Rakuten voran. Werden Sie den Kurs fortsetzen?
Wir wollen so global wie möglich werden. Deswegen haben wir vor einigen Jahren auch unsere interne Kommunikation komplett auf Englisch umgestellt. Das war anfangs schwierig und wurde in Japan teilweise sogar als aggressiver Akt gewertet, zeigte aber, wohin die Reise geht. Die Stärken unserer japanischen Wurzeln – harte Arbeit, Freundlichkeit und Teamwork – sind weiter tief verankert im Unternehmen, aber die Ausrichtung ist global.
Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter davon überzeugt, und wie würden Sie sich selbst als Manager beschreiben?
(lacht) Das sollten Sie die Mitarbeiter fragen. Mein Managementstil ist es, den Leuten zu vertrauen, die sich mit den Themen auskennen, und sie dann machen zu lassen. Ich möchte nicht, dass die Mitarbeiter darauf warten, dass man ihnen sagt, was sie als Nächstes zu tun haben. Ich mag Leute, die die Sache selbst in die Hand nehmen und Eigeninitiative zeigen.
Was sind für Sie die wichtigsten Trends im Netz?
Die Internet-Welt dehnt sich in alle möglichen Lebensbereiche aus und findet nicht nur vor dem Bildschirm statt, wie wir noch vor ein paar Jahren gedacht haben. Autos sind mit dem Netz verbunden, Filme werden heutzutage online geschaut, Bücher per E-Reader gelesen, Bildungsangebote oder medizinische Dienstleistungen gibt es über das Web, und neue Bezahlsysteme etablieren sich. Wir erleben eine Umwälzung in ganz verschiedenen Wirtschafts- und Lebensbereichen.
Mit Rakuten haben Sie eines der wertvollsten Online-Unternehmen der Welt aufgebaut. Sie könnten sich jetzt zurücklehnen und Ihren Wohlstand genießen. Wie lange wollen Sie den Job noch machen?
Ich werde im kommenden Jahr 50 Jahre alt. Insofern gehöre ich beinahe schon zu den Veteranen der Branche. Aber solange ich mich der Aufgabe gewachsen fühle, werde ich weitermachen. Und wenn ich irgendwann jemanden finde, der es besser kann, wird es einen Wechsel geben. Aber dafür gibt es keinen festgelegten Zeitplan.