Shopping via Insta und FB Facebook taugt nicht zum Amazon-Killer

Facebook Shops: Kann Facebook seine Reichweite damit noch stärker zu Geld machen? Quelle: PR

Mit seinen 2,6 Milliarden Nutzern will der Internetgigant Facebook die Karten im Onlinehandel neu mischen – und kommt Onlineprimus Amazon dabei trotzdem kaum ins Gehege.

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Fast 30 Minuten Zeit hat er sich genommen. 30 Minuten, in denen Facebook-Chef und Gründer Mark Zuckerberg per Videobotschaft erklärt, wie er den Onlinehandel aufmischen will. Händler sollen unkompliziert Online-Shops erstellen können, die über Facebook und Instagram erreichbar sind. Dazu kommt „Live Shopping“: die Möglichkeit, Waren in einem Video-Livestream zu verkaufen. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten, von einem Frontalangriff auf Amazon war schnell die Rede.

Doch taugt Facebook Shops tatsächlich zum Amazon-Killer?

Bisher ist Amazon der unumstrittene Platzhirsch im Marktplatzgeschäft. Der Konzern hat sich früh entschieden, nicht nur eigene Ware zu verkaufen, sondern seine Plattform für externe Händler und Hersteller zu öffnen, die dort ihre Waren auf eigene Rechnung anbieten. Ein kluger Schachzug. Amazon vervielfachte dadurch die Auswahl für seine Kunden, kassiert Gebühren – und konzentriert den Handel auf seiner Seite, mehr als 40 Prozent des gesamten deutschen Onlinehandels laufen über amazon.de.

Doch Facebook ist mit seiner gewaltigen Reichweite von 2,6 Milliarden Nutzern nicht zu unterschätzen. 79 Minuten verbringen Menschen in Deutschland laut der Datenplattform Statista in sozialen Netzwerken. Die Altersgruppe von 16 bis 19 Jahren sogar 150 Minuten und davon geht fast die Hälfte der Zeit an Instagram. „Diese Aufmerksamkeit und Reichweite will Facebook nun stärker als bisher monetarisieren“, sagt Jan Bechler, Gründer und Geschäftsführer von Finc3 Commerce, einer Agentur, die Kunden wie Unilever, Bosch und Bahlsen bei ihrem Engagement auf Online-Plattformen und Marktplätzen berät.

Um Händler zu überzeugen, soll die Einrichtung des Facebook-Shops kostenlos sein, kündigte Zuckerberg an. Verdienen will der Konzern an zusätzlichen Werbeeinnahmen, da Anzeigenpreise steigen dürften, wenn ein Artikel direkt bestellt werden kann. Gebühren würden lediglich für zusätzliche Funktionen wie spezielle Bezahlmöglichkeiten fällig.

von Jacqueline Goebel, Max Haerder, Henryk Hielscher, Matthias Hohensee

Punkten will Facebook zudem mit der Verknüpfung seiner verschiedenen Dienste. So wird man einen Online-Shop per WhatsApp, den Facebook Messenger oder die Chatfunktion von Instagram anschreiben können. Wenn im Facebook-System eine Kreditkarte hinterlegt ist, kann man direkt damit bezahlen. Das Aus- und Anprobieren – etwa von Kosmetik, Kleidung oder Brillen – soll mithilfe von Augmented-Reality-Lösungen erleichtert werden, bei der virtuelle Inhalte auf dem Display mit realen Bildern gemischt werden. So kann man etwa Make-up-Farben auf dem Gesicht oder Möbelstücke im Zimmer einblenden. Zudem arbeite das Online-Netzwerk an einer Integration von Bonuspunkte-Programmen.

All das klinge zwar nach einem überzeugenden Konzept, für das es durchaus Bedarf im Markt gibt, sagt Becher. Eine direkte Gefahr für Amazons Geschäft sieht er in dem Vorstoß dennoch nicht. Dafür seien die Zielgruppen schlicht zu unterschiedlich. „Bei Amazon ist ein Großteil des Bestellvolumens suchgetrieben“, so Bechler. Die Kunden würden auf der Seite gezielt nach Produkten fahnden. Durch die Angebotsvielfalt und die ausgefeilte Logistik, die eine schnelle Lieferung ermöglicht, verfüge Amazon über die entscheidenden Kompetenzen, um diese Nutzer weiterhin an sich zu binden. „Facebook kann in diesen Disziplinen kaum mithalten“, habe aber andererseits die Möglichkeit bei Impulskäufern erfolgreicher zu sein als Amazon. „Wenn das Konzept aufgeht, wird Facebook Shops zu einer Digitalversion des Schaufensterbummels, bei der die Kunden an ihren Lieblingsläden vorbeiflanieren und spontan zugreifen, wenn ihnen etwas gefällt“, so Bechler. Vor allem für Instagram sieht der Experte dafür Potenzial, sobald die großen Marken mitziehen. Die gezielten Bedarfseinkäufe würden davon aber kaum tangiert und dürften weiter vor allem bei Amazon stattfinden.

Im Klartext: Amazon und Facebook zielen auf unterschiedliche Kundengruppen beziehungsweise Kaufsituationen ab. Sie dürften sich daher zunächst kaum ins Gehege kommen. Zumal der Markt weiter stürmisch wächst und durch die Corona-Beschränkungen im stationären Handel zuletzt zusätzlich befeuert wurde. „In nahezu allen Märkten gab es einen Anstieg der Online-Umsätze, in Deutschland betrug das Plus im ersten Quartal rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum“, sagt Nadine Wolanke, verantwortlich für den deutschen Handels- und Konsumgüterbereich beim Unternehmenssoftwareanbieter Salesforce. „Vor allem ältere Käufer wurden in der Corona-Zeit zu Online-Neukunden“, sagt Wolanke. Sie dürften bei ihren ersten Bestellversuchen wohl insbesondere auf bekannte Anbieter wie Amazon setzen.

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