Sieben Leitsätze Was Unternehmer von Aldi lernen können

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Die Kunst des Weglassens

Natürlich versuchen auch die Wettbewerber, die Qualitätsstandards zu halten, schon um kostspielige und schlagzeilenträchtige Rückrufaktionen zu vermeiden. Doch hier kommt ein weiteres Kernmotiv des Aldi-Erfolgs zum Tragen. Während die Rivalen Tausende Artikel überwachen müssen, sind es bei Aldi deutlich weniger.

Wie Aldi groß wurde

3. Verringere die Komplexität!

Das Discountgeschäft gilt als Kunst des Weglassens – und Aldi hat es darin zu wahrer Meisterschaft gebracht. Das Sortiment verknappten die Gründer-Brüder anfangs radikal. Gerade mal 350 Artikel fanden sich in einer Filiale. Auch heute gibt es bei Aldi nicht vier oder fünf verschiedene Butter-, Waschmittel- oder Ketchupsorten wie bei der klassischen Supermarkt-Konkurrenz. Meist finden sich nur eine oder zwei Varianten.

Der Vorteil: Der Absatz konzentriert sich auf einzelne Artikel, deren Verkaufsvolumen steigt, was die Einkaufskonditionen verbessert. Die Logistik ist mit weniger Waren weniger aufwendig. Fehler bei Einkauf und Bestellung werden vermieden.

Zudem haben Karl und Theo Albrecht von Anfang an auf stark standardisierte Prozesse gesetzt. Von der Warenwirtschaft bis zum Ladenbau werden die Routine-Vorgänge nach strikten Regeln bearbeitet. Wer eine Aldi-Süd-Filiale kennt, findet sich als Kunde wie als Mitarbeiter schnell auch in einem anderen Markt zurecht. Weniger Komplexität im Geschäft bringt am Ende mehr: Mit einem Umsatz von 7900 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche ist Aldi Süd der mit Abstand produktivste Lebensmittelhändler Deutschlands.

4. Halte das Geld zusammen!

Die Albrecht’sche Sparsamkeit ist legendär. Tatsächlich lebte Karl Albrecht für einen Multimilliardär bescheiden, wenn auch längst nicht so asketisch, wie mitunter kolportiert wird. Er bewohnte ein großzügiges Anwesen im Essener Stadtteil Bredeney. In den Siebzigerjahren kaufte der begeisterte Golfspieler den Öschberghof, ein malerisch gelegenes Wellnesshotel mit 27-Loch-Golfanlage. Dort, in der Nähe von Donaueschingen in Baden-Württemberg, fanden bisweilen auch die Familientreffen des Clans statt – zuletzt Anfang April. Chauffiert, so wird berichtet, wurde der 94-jährige Patriarch von seinem vertrauten Fahrer im S-Klasse-Mercedes mit langem Radstand, aber sparsamem Dieselmotor. Albrecht wohnte wie immer abgeschirmt in einer Villa, die per Tunnel mit dem Öschberghof verbunden sein soll.

Von der barocken Prachtentfaltung anderer Superreicher samt Yacht- und Privatjet- Exzessen blieb Albrecht jedoch stets weit entfernt. Öffentlich zur Schau gestellter Prunk war ihm ein Gräuel. Als Aldi-Manager ihrem Patron zum 90. Geburtstag ein Zirkus-Event nebst Galadinner spendierten, soll sich der Jubilar mit drei schlichten Sätzen bedankt haben: „Ich wollte nicht, dass ihr alle kommt. Ich habe Hunger. Und ich gehe bald wieder nach Hause.“

Die Manager hätten es wissen müssen: Zu den zentralen Erfolgsfaktoren des Unternehmens zählt seit jeher eine bis ins Skurrile anmutende Kostendisziplin.

Um Papier und Druckkosten zu sparen, hätten die Clanchefs jahrelang Briefbögen verwendet, auf denen die alte vierstellige Postleitzahl säuberlich durchgestrichen und durch die neue fünfstellige ersetzt wurde, erzählen Aldi-Veteranen gerne. Hochrangige Manager sollen gar eigens Bleistiftstummel in ihren Schubladen versteckt haben, um diese dann auf dem Schreibtisch zu platzieren, sobald ein Besuch des alten Herrn anstand.

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