Statt nun weitere Formate ins Rennen zu schicken, um den Erfolg zu wiederholen, schalten die Albrechts jedoch um und reduzieren systematisch die Risiken. Das erprobte Modell wird permanent verfeinert, aber nicht mehr radikal umgebaut.
Aldi gehört fortan nur noch selten zu den Händlern, die sich als Erste mit Innovationen auf den Markt wagen und dabei oft genug Millionenbeträge in den Sand setzen. Vielmehr ist das Management darauf konditioniert, den Markt genau zu beobachten und Konzepte zu adaptieren, die sich bei Wettbewerbern bewährt haben. Ideen werden gesichtet, getestet, perfektioniert und erst dann flächendeckend ausgerollt.
So führte Aldi Süd erst zur Jahrtausendwende jene Scanner-Kassen ein, die bereits seit den Achtzigerjahren zum Standard in Supermärkten gehören. Bis dahin mussten die Verkäuferinnen die Warencodes aller Produkte auswendig in ihre Kassen hacken. Parallel zur Einführung der neuen Aldi-Kassen wurden die Verpackungen angepasst und die Strichcodes gleich auf mehrere Seiten eines Artikels gedruckt, um die Kassiergeschwindigkeit noch mal zu steigern – wenn schon Neuerung, dann richtig.
Ganz ähnlich agierte das Unternehmen auf anderen Feldern: Egal, ob beim Aufbau des Aktionsgeschäfts mit wöchentlich wechselnden Gebrauchsartikeln, beim Verkauf von frisch aufgebackenem Brot per Automaten oder bei der Expansion in neue Länder – Aldi wartet geduldig ab, ob eine Idee wirklich zündet. Erst dann wird mit voller Wucht zugeschlagen.
2. Verteidige den Markenkern!
„Was man erreichen muss“, verriet Karl Albrecht wenige Wochen vor seinem Tod, „ist, dass der Kunde den Glauben gewinnt, nirgendwo billiger einkaufen zu können.“ Gleich zu Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit setzen die Gebrüder Albrecht auf den Preis als entscheidendes Einkaufskriterium und legen damit eine Markenstrategie fest, bevor es diese Werbevokabel überhaupt gab. In spartanischem Ladenambiente verkaufen sie Standardprodukte. Über die Jahre verändern sich zwar Ladengestaltung und Warenangebot, Artikel wie Computer, Reisen und Champagner kommen dazu. Doch die konsequente Niedrigpreispolitik behält das Unternehmen bei.
Die Folge: „Die Formel ‚Aldi gleich günstig‘ ist fest im kollektiven Bewusstsein der Deutschen verankert“, sagt Bianca Casertano, Handelsanalystin beim Brancheninformationsdienst Planet Retail in Frankfurt.
Das Billig-Image wird vom Management nach wie vor mit Verve verteidigt. Niemand unterbietet Aldi beim Preis, lautet denn auch das ungeschriebene Gesetz der Branche. Wer es dennoch wagt, muss mit gnadenlosen Gegenattacken rechnen.
Erst Anfang des Jahres untermauerte Aldi die Rolle als Preisführer. Mit einer Welle von Rotstiftaktionen bei Eiern, Kaffee und Fleisch sorgte der Discountprimus für Aufruhr in der deutschen Handelszunft. „Das ist Wertvernichtung“, schimpfte Rewe-Chef Alain Caparros. Für Aldi dürfte sich der Angriff trotzdem gelohnt haben. „Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis“, hatte Karl Albrecht schon 1953 postuliert.
Zugleich ist Aldi bei der Qualität der Waren kompromisslos. Ständig werden die Eigenmarken in Labors und bei unabhängigen Instituten kontrolliert. Fällt etwa ein Urteil der Stiftung Warentest negativ aus, wird es für den Hersteller ungemütlich.