Der österreichische Karstadt-Eigner Signa hat eine milliardenschwere Offerte für den Konkurrenten Kaufhof vorgelegt. Der Kaufhof-Mutterkonzern Hudson's Bay (HBC) reagierte in einer ersten Stellungnahme am Mittwoch aber reserviert: Das Angebot sei unvollständig und unverbindlich. Das Management werde es nun pflichtgemäß in angemessener Zeit prüfen.
Mehrere mit der Sache vertraute Personen hatten der Nachrichtenagentur Reuters zuvor gesagt, der Karstadt-Eigentümer biete drei Milliarden Euro. Das Angebot sei durchfinanziert und umfasse auch die Schulden. Bis Mitte November werde eine Antwort von HBC erwartet. Signa wollte sich nicht äußern. Der ehemalige Kaufhof-Chef Lovro Mandac sagte, angesichts sinkender Kundenzahlen in deutschen Innenstädten könnte eine Zusammenlegung der beiden Warenhaus-Giganten Sinn machen.
Hinter Signa steht der österreichische Investor Rene Benko, der 2015 die Karstadt-Warenhäuser übernommen hatte. Benko wollte danach auch Kaufhof kaufen und damit die Idee einer deutschen Warenhaus AG wieder aufleben lassen. Dieser Plan scheiterte aber - den Zuschlag für die damalige Metro-Tochter Kaufhof erhielt für 2,8 Milliarden Euro die kanadische Gruppe Hudson's Bay (HBC). Benko hatte Kaufhof aber nie aus den Augen verloren. In der Handelsbranche war es kein Geheimnis, dass er den Rivalen weiter im Visier hat. Erst Anfang Oktober rüstete sich Signa mit einer Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro für mögliche Zukäufe.
Für Kaufhof läuft es unter HBC nicht rund. Die Kette kämpft mit Umsatzrückgängen und Verlusten. Das Kaufhof-Management drängt die Gewerkschaft Verdi zudem zu Gesprächen über einen neuen Tarifvertrag, um bei Löhnen und Gehältern der Mitarbeiter zu sparen. Dennoch hatte HBC zuletzt bekräftigt, keine Verkaufsabsichten für Kaufhof zu haben. "Wir stehen zu HBC Europa. Wir haben kein Interesse und keine Pläne, unser Geschäft an irgendjemanden zu verkaufen - Punkt!", sagte HBC-Chef Richard Baker erst vergangene Woche der Nachrichtenagentur Reuters. Auch am Mittwoch unterstrich der Konzern, das Europa-Geschäft spiele eine wichtige Rolle in der Unternehmensstrategie. Die Offerte von Signa hänge von vielen Annahmen und Bedingungen ab, betonte HBC.
Doch der Druck auf das Unternehmen ist groß. Auch der Gesamtkonzern schreibt rote Zahlen und kämpft wie die Konkurrenz mit dem zunehmenden Wettbewerb durch Online-Händler wie Amazon. Mehrere Top-Manager mussten in den vergangenen Monaten ihren Hut nehmen. Der aktivistische Investor und HBC-Aktionär Land and Buildings forderte schon im Sommer, dass sich der Konzern von Immobilien und vom Europa-Geschäft um Kaufhof trennt. Zuletzt versuchte HBC einen Befreiungsschlag, indem der Konzern einen neuen Investor an Bord holte, für mehr als 700 Millionen Euro eine Immobilie in New York verkaufte und ein Bündnis mit dem Büroflächen-Anbieter WeWork schmiedete.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Hudson's Bay hatte im Rahmen der Kaufhof-Übernahme auch ein Gemeinschaftsunternehmen geschmiedet, das die Warenhaus-Immobilien übernahm und seitdem die Mieten erhöht hat. An diesem Joint Venture hält Hudson's Bay mit 63 Prozent die Mehrheit, die restlichen Anteile liegen bei Investoren wie dem Shoppingcenter-Betreiber Simon Property. Den Insidern zufolge bewertet die Signa-Offerte die Kaufhof-Immobilien mit 2,63 Milliarden Euro.
Ex-Kaufhof-Chef Mandac sagte weiter, Kaufhof verliere an Umsatz. Deutsche Kunden unterschieden sich von denen in den USA. Am Kaufhof-Sortiment zeige sich, dass HBC nicht ganz den Nerv der deutschen Kunden treffe: "Das ist meine Wahrnehmung." HBC setzt bei der Kette auf neue Marken und Modernisierungen, um Kaufhof wieder in Schwung zu bringen. (Reporter: Greg Roumeliotis und Carl O'Donnell, Mitarbeit Matthias Inverardi, geschrieben von Hans Seidenstücker, redigiert von Till Weber.