So gut wie neu Der Angriff der Aufbereiter

Online-Anbieter setzen stationäre Händler unter Druck. Doch auch den Online-Händlern droht bereits Konkurrenz: Das Start-Up Asgoodasnew bereitet gebrauchte Technik auf und will so Amazon und Ebay Kunden streitig machen.

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Das Start-Up Asgoodasnew bereitet gebrauchte Technik auf - und verkauft sie weiter. Quelle: PR

Vermutlich haben Sie sich innerhalb der letzten 24 Monate ein neues Smartphone gekauft. Das alte haben Sie vielleicht an den Händler zurückgeschickt oder einfach weggeschmissen. Wahrscheinlicher ist, dass es noch irgendwo hinten im Schrank liegt. Mehr als 106 Millionen Handys verstauben gerade in deutschen Haushalten, heißt es in einer Studie des Hightech-Verbands Bitkom. Ein Viertel mehr als noch vor einem Jahr.

„Eingangsquelle“, nennt Daniel Boldin die Technik, die in den Schubladen schlummert. Seit Anfang 2014 ist der 39-Jährige Vorstandschef bei Asgoodasnew. Das 2008 gegründete Start-Up verkauft Elektronik gebraucht, aber generalüberholt und deutlich unter Ladenpreis.

Boom-Branche Secondhand

Die Idee, bereits benutzte Produkte im Netz an- und dann weiterzuverkaufen, ist dabei nicht neu. Reseller dieser Art gibt es viele: Rebuy, Momox und Amazons TradeIn sind einige der bekannten. Sie profitieren davon, dass manche Konsumenten kein Interesse daran haben, ihre Produkte langwierig auf Ebay zu verkaufen und stattdessen den Festpreis der Portale akzeptieren. Das Geschäft der Ankaufdienste läuft gut, die Umsätze steigen, die Branche boomt. Selbst junge Branchengrößen wie Momox und Rebuy gelten mittlerweile als profitabel.

Absatzzahlen von Smartphones und Tablets

Weil die meisten Reseller neben Geräten auch Bücher, Computerspiele und Musik-CDs verkaufen, heißen sie im Asgoodasnew-Sprech etwas abfällig „Gemischtwarenläden“. Boldin und seine Mitarbeiter verfolgen die Strategie des "hochwertigen Refurbishments": Sie konzentrieren sich ausschließlich auf Hightech-Produkte und bereiten sie in einem aufwendigen Verfahren wieder auf. In diesem Segment ist Asgoodasnew nach eigenen Angaben in Deutschland Marktführer.

In der Praxis funktioniert das zum Beispiel so: Über die Seite wirkaufens.de verscherbeln Menschen ihr altes Smartphone, Tablet oder die Spiegelreflexkamera an das Unternehmen. Modell, Zustand und Alter des Geräts bestimmen den Preis. Ein iPhone 5 von Apple bringt mehr als ein Nokia 6120. Im Schnitt bezahlt Asgoodasnew nach eigenen Angaben etwas mehr als 100 Euro.

In der unternehmenseigenen Fabrik in Frankfurt löschen dann Techniker die Daten des alten Besitzers, testen und reparieren das Gerät, wenn nötig. „Häufige Defekte sind Kratzer oder gesprungene Displays“, sagt Vorstandschef Boldin. Ausgetauscht werden aber auch defekte Akkus und Hardware-Teile wie Mikrofone. Anschließend spielt Asgoodasnew die aktuelle Software auf.

Mutiges Versprechen

„Was bei uns aus der Fabrik kommt, ist wirklich so gut wie neu“, verspricht Daniel Boldin. Weil der Asgoodasnew-Chef offenbar wirklich an seine Techniker glaubt, gibt er auf die wiederaufbereiteten Geräte 30 Monate Garantie. Kunden, die Apple-Produkte im Laden kaufen, zahlen für eine Rückversicherung dieser Dauer einen Aufpreis. Für Asgoodasnew ist das ein Risiko, zugleich aber auch das anziehendste Alleinstellungsmerkmal.

Die Kundenrezensionen und Bewertungen sind sehr gut. Kein Wunder: Das Start-Up weiß, dass enttäuschte Kunde und schlechte Wertung das angepeilte Wachstum in Gefahr bringen und das Geschäftsmodell gefährden.

Angriff auf etablierte Händler

Verkauft wird ein aufbereitetes Gerät laut Boldin für durchschnittlich „mehr als 200 Euro“. Wie hoch die Gewinnmarge ist, will er nicht verraten. Über den Umsatz spricht der Vorstandschef hingegen gern:  Der steigt schließlich derzeit um 40 bis 50 Prozent im Jahr an. Mehr als 20 Millionen Euro Umsatz will Asgoodasnew in diesem Jahr machen, für 2015 peilt er 30 Millionen an. „In 18 Monaten schreiben wir schwarze Zahlen“, sagt Boldin. „Plus, minus“.

Etwa 20.000 Geräte passieren derzeit etwa im Monat die Asgoodasnew-Fabrik in Frankfurt. Diese Zahl steigt, genau wie die der Kunden. Asgoodasnew profitiert dabei wie andere Reseller vom Online-Shopping-Boom. Der Kundenwechsel vom stationären zum Online-Handel ist im Bereich der Consumer Electronic so stark wie nirgends sonst in der Handelsbranche.

Die besten Smartphones unter 100 Euro
Wiko OzzyDas Wiko Ozzy ist ein echter Geheimtipp. Mit seinem 1-Gigahertz-Prozessor, dem 3,5-Zoll-Display und der 2-Megapixel-Kamera ist das Gerät Durchschnitt, ebenso wie mit dem internen Speicher von 4 Gigabyte, der sich mit microSD-Karte erweitern lässt. Dieses Smartphone lässt sich mit zwei SIM-Karten ausstatten und ist in fünf verschiedenen, knallbunten Farben erhältlich. Deshalb ist es ein perfektes Einsteigergerät für die junge Generation.Preis: ab 70 Euro Quelle: PR
LG Optimus L4Das LG Optimus L4 verfügt über einen 1-Gigahertz-Prozessor, ein 3,8 Zoll großes Display sowie eine 3-Megapixel-Kamera mit Sprachauslöser. Der 4 Gigabyte große Speicher lässt sich mittels MicroSD-Karte erweitern. Ein spezielles Feature des Android-Smartphones ist die „Safety Care“-Funktion, die bei vorher festgelegten Szenarien per SMS über den aktuellen Standort des Gerätes informiert. Diese Funktion ist vor allem dann interessant, wenn Kinder oder ältere Menschen das Gerät nutzen sollen.Preis: etwa 75 Euro Quelle: PR
Sony Xperia E1Das Sony Xperia E1 ist mit einem 1,2-Gigahertz-Prozessor, einem 4-Zoll-Display sowie einer 3-Megapixel-Kamera ausgestattet. Intern stehen 4 Gigabyte Speicher bereit, die sich mit microSD-Karte erweitern lassen. Sony hat das Android-Smartphone speziell aufs Musikhören ausgerichtet: die Walkman-App soll das Musikerlebnis verbessern, ein spezieller Modus verhindert unnötigen Energieverbrauch und deaktiviert nicht benutzte Funktionen.Preis: etwa 100 Euro Quelle: PR
ZTE Blade GDas ZTE Blade G verfügt über einen 1,2-Gigahertz-Prozessor, ein für diese Kategorie großes 4,4-Zoll-Display sowie eine 5-Megapixel-Kamera. Auch bei diesem Gerät lässt sich der 4 Gigabyte große interne Speicher mittels microSD-Karte erweitern. Ein echtes Manko ist die Displayauflösung: Diese fällt mit 854x480 Pixeln für die Displaygröße sehr gering aus.Preis: etwa 100 Euro Quelle: PR
Nokia Lumia 520Das Nokia Lumia 520 verfügt über einen 1 Gigahertz-Prozessor, einen 4-Zoll-Touchscreen sowie eine Kamera mit fünf Megapixeln Auflösung. Der interne Speicher von acht Gigabyte lässt sich mit Hilfe einer Micro-SD-Karte um bis zu 64 Gigabyte erweitern. Als Betriebssystem nutzt das Nokia Lumia 520 Windows Phone 8.1.Preis: circa 99 Euro Quelle: PR
LG L40Das LG L40 verfügt über einen 1,2-Gigahertz-Prozessor, einen 3,5-Zoll-Touchscreen sowie eine 3-Megapixel-Kamera. Der 4 Gigabyte große Speicher ist mittels microSD-Karte erweiterbar. Eine spezielle Funktion ist der sogenannte Knock Code. Das Smartphone lässt sich mit einer vorher festgelegten Abfolge von Fingertipps entsperren.Preis: etwa 80 Euro Quelle: PR
ZTE Open CDas ZTE Open C verfügt über einen 1,2 Gigahertz-Prozessor, einen 4-Zoll-Touchscreen und eine simple Kamera mit zwei Megapixeln Auflösung. Der interne Speicher ist mit insgesamt vier Gigabyte recht klein, lässt sich aber mit Speicherkarte um 32 Gigabyte erweitern. Außerdem hat der Nutzer freie Wahl beim Betriebssystem: Das ZTE Open C wird mit FirefoxOS 1.3 ausgeliefert, lässt sich aber auch mit Android 4.4 betreiben.Preis: ab 50 Euro Quelle: PR

Neben dem grundsätzlichen Wechsel von Off- zu Online-Handel profitiert das Unternehmen noch von einer anderen Branchenentwicklung: Die Smartphone-Hersteller drücken immer schneller neue Geräte in den Markt. „Die Industrie strafft die Lebenszyklen der Produkte“, bestätigt Boldin. Mit Vodafone hat bereits der Mobilfunkanbieter Verträge im Angebot, bei denen der Kunde jährlich ein neues Smartphone erhält. Die Geschwindigkeit, in der viele Technik-Fans ihr Equipment wechseln, steigt und damit auch die Eingangsquellen für Asgoodasnew.

Attacke mit Garantie

Der Rückenwind macht offenbar selbstbewusst. „Wir nehmen allen etwas weg“, antwortet Boldin kämpferisch auf die Frage nach der Konkurrenz durch Geschäfte, Online-Händler und-Marktplätze. Das "wie" beantwortet er etwas zurückhaltender und aus Kundensicht. „Nachlässe von 30 Prozent auf neue Produkte finden Sie im Handel nicht“, sagt Boldin. „Schon gar nicht bei Herstellern wie Apple.“ Tatsächlich: Im Vergleich zu Amazon, Redcoon oder Saturn sind die Produkte häufig  preiswerter. Wirklich ein Drittel lässt sich aber meist nur Geräten der letzten und vorletzten Generation sparen, die oft eingeschickt werden. Bei aktuellen Geräten sind die Ersparnisse mitunter geringer.

Wohin mit dem alten Handy?

Die knallharten Schnäppchenjäger will Boldin hingegen mit seinem Garantieversprechen von den Marktplätzen weglocken. Käufer könnten zwar  bei Ebay noch größere Schnäppchen ergatterten, räumt er ein,  müssten aber gerade bei Privatverkäufern mit der Unsicherheit leben, beschädigte Ware zu bekommen. Asgoodasnew gibt hingegen auf seine wiederaufbereiteten Geräte eine 30-Monats-Garantie. „Wir können bis zu 30 Prozent Rabatt anbieten und die Kunden müssen keine Kompromisse eingehen“, sagt Boldin.

Aber auch wenn das Wachstum der meisten Online-Reseller derzeit rasant ist: Allzu groß ist ihre Marktmacht bislang nicht, der Anteil am gesamten Online-Markt gering. „In der Nische ist das Modell attraktiv“, urteilt Gerrit Heinemann. Potential sieht der Leiter des Forschungszentrums für E-Commerce an der Hochschule Niederrhein vor allem im Luxus-Segment. Kunden, die trotz schmalen Geldbeutels ein einigermaßen aktuelles iPhone mit sich tragen möchten, werden bei den Wiederverkäufern fündig.

Unklar ist, für wie viele Anbieter in dieser Nische in Zukunft Platz sein wird, zumal selbst Amazon schon mit seiner eigenen Tochter TradeIn in das Geschäft eingestiegen ist. Zugleich richten sich auch die Hersteller mit neuen Billig-Smartphones auf preissensible Kunden ein.

Wachstum im Ausland

Dass Asgoodasnew & Co. den Online-Händlern in Zukunft im großen Stil Kunden abspenstig machen, glaubt E-Commerce-Experte Heinemann ohnehin nicht. Dazu seien die Dienste bislang im Vergleich zu bekannten und bewährten Riesen wie Amazon und Ebay viel zu unbekannt.

Auch das Preisargument allein lässt der Handelskenner nicht gelten. Zusätzlich zu den Ankaufkosten müssen Dienstleister schließlich noch die teils hohen Kosten für die Wiederaufbereitung bezahlen, die Logistik stemmen und die Garantieleistung übernehmen. „Die Preisdifferenz zum Händler wird dadurch immer kleiner“, sagt Heinemann. Richtig hohe Rabatte sind nur drin, wenn die Telefone im Ankauf wirklich günstig sind, wodurch ein Verkauf durch die bisherigen Nutzer weniger attraktiv sein dürfte.

„Insofern stellt sich für die Anbieter die Frage: Woher bekomme ich die Ware im großen Stil, die die Kunden wollen“, so Heinemann. Tatsächlich landen bislang gerade mal sechs Prozent der gebrauchten Produkte wirklich bei den Ankaufsplattformen, 19 Prozent werden über Marktplätze wie Ebay und Amazon vertrieben. Wesentlich mehr bleiben einfach in der Schublade, werden als Ersatzgeräte aufbewahrt oder an Verwandte und Bekannte verschenkt.

Auch deshalb setzt Asgoodasnew derzeit viel daran, den eigenen Dienst bekannter zu machen und Käufer wie Verkäufer zu locken. Einen Millionenbetrag investierte das Unternehmen im Frühjahr allein in TV-Werbung. Statt ausschließlich auf private Verkäufer zu setzen, will das Unternehmen in Zukunft noch stärker mit großen Firmen zusammenarbeiten. Schon jetzt kommen einige der Alt-Geräte von großen Partnern wie dem Beratungsunternehmen Ernst & Young und E-Plus-Ableger Base.

Um weiteres Wachstum zu generieren, drängt Asgoodasnew zudem auf ausländische Märkte. Unter anderem in Österreich und Polen gibt es das Angebot bereits. Auch Frankreich und Großbritannien sollen noch in diesem Jahr Geräte an- weiterverkauft werden.

Netter Nebeneffekt der Auslandsstrategie: In wirtschaftsschwachen Nachbarstaaten sind auch die preiswerten Uralt-Smartphones gefragt, die in Deutschland niemand mehr will.

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