Das Taschengeld der Teenager gilt es in diesem Jahr auf der größten Spielwarenmesse der Welt in Nürnberg zu erobern. Unter dem Motto „Toys for Teens“ („Spielzeug für Teenager“) konzentrieren sich viele Aussteller in diesem Jahr auf die Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren. Und die wissen genau, was sie wollen, und sind dabei noch eine durchaus umsatzträchtige Zielgruppe. Und besonders für sie gibt es eine neue Kategorie: die „iToys“.
„Die sich abzeichnenden neuen Trends heißen Rollenspiele, Outdoor-Action, Star Wars und iToys“, sagt idee+spiel-Geschäftsführer Otto Umbach. Damit halten Tablets und Smartphones auch Einzug auf dem Spielwarenmarkt.
Teenager als umsatzstarke Zielgruppe
Das Umsatzvolumen der 13- bis 17-Jährigen kann sich sehen lassen: Rund 80 Prozent der Teenager haben im vergangenen Jahr Spielwaren für sich selbst gekauft. Weiterhin kaufte mehr als jeder Dritte (40 Prozent) Spiele für Freunde. Geht man von knapp vier Millionen Jugendlichen in Deutschland aus, stellen Teenager einen Käufermarkt im Wert von 472 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Markt für klassisches Spielzeug erreichte 2011 einen Gesamtumsatz von rund 2,7 Milliarden Euro.
Der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie (DVSI), fordert Jugendlichen mehr Freiraum zum Spielen zu geben. Ein zu hoher Leistungsdruck würde Teenager vom Spielen abhalten. „Da bleibt keine Zeit zum Spielen“, kritisiert Ulrich Brobeil. Und das obwohl 80 Prozent der Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren noch „sehr gerne“, oder zumindest „gerne“ spielen. Das jedenfalls besagt eine aktuelle Studie, die von der Spielwarenmesse eG beim Münchener Marktforschungsunternehmen iconkids & youth in Auftrag gegeben wurde.
Spiele, die gezielt Teenager ansprechen sollen, nutzen zum Beispiel das Smartphone. Das sei zukunftsweisend, denn „die Jugend spielt. Sie spielt nur anders“, so Axel Dammler, Geschäftsführer von iconkids & youth und Leiter der Studie.
Ravensburger setzt auf neue Elektronik
Darauf setzt auch der Spielzeughersteller Ravensburger. Mit „Augmented Reality“ (auf Deutsch „Erweiterte Realität“) will das schwäbische Unternehmen bei Smartphone-affinen Jugendlichen punkten. Löst ein Spieler ein Puzzle der neuen Reihe, so kann er dem frisch gelegten Bild mithilfe des Smartphones zusätzliche Informationen zum Motiv entlocken.
Veronika Macher von Ravensburger erklärt: „Das bedeutet, man kann mit seinem iPhone oder iPad in virtuelle Welten eintauchen. Man hält sein iPhone oder iPad über das Puzzle-Motiv und dann startet eine Reise, zum Beispiel in eine Unterwasserwelt oder nach Paris in das Puzzlemotiv hinein.“ Ein erster Versuch die elektronischen Erfolgsartikel in die Spielekonzepte einzubinden.
Mit dem audiodigitalen Lernsystem „Tiptoi“ zeigte Ravensburger bereits, dass die Einbindung von neuen Medien erfolgreich sein kann. Eltern können den Sensoren-Stift mit Audiodateien aus dem Netz bespielen, damit ihre Kinder mit dazugehörigen Büchern Geschichten selbst erforschen können. Der "Tiptoi" ist ein Kassenschlager. Jetzt soll er in einer französischen und einer niederländischen Version auf den Markt kommen.
Modeleisenbahn übers Smartphone steuern
Auch die österreichische Modelleisenbahn Holding präsentiert sich auf der Nürnberger Spielwarenmesse ganz im Licht der Touchscreen-Affinität: „Digitalzentrale Z21“ heißt das Produkthighlight für 2012. Dabei handelt es sich um eine Multiprotokollzentrale für Modelleisenbahnanlagen, die über eine App bedient wird.
Damit beschreite man technisches Neuland, so die Holding. Auf Smartphone oder Tablet können Eisenbahnfreunde Betriebszustände aus der realen Welt der Züge nachahmen und original animierte Regelungselemente an ihrer eigenen Modelbahnstrecke intuitiv bedienen. „Seit 150 Jahren werden Modelleisenbahnen mit einem Drehregler betrieben. Jetzt wird endlich auch die Steuerung vorbildgerecht“, lobt Geschäftsführer Leopold Heher die eigene Produktneuheit.
Ein weiteres „iToys“-Produkt ist „Appmates“. Das Spiel des kanadischen Spieleherstellers Spin Master greift die Thematik des Animationsfilms „Cars“ auf und wird mit dem iPad gespielt wird. Natascher Keßler von Spin Master erklärt, wie's funktioniert: „Spin Master hat Spielzeuge entwickelt, die Sensoren unten am Spielzeug haben, welche direkt mit dem iPad interagieren oder mit der App. Das Spielzeug reagiert damit und ich kann sofort in Radiator Springs losfahren.“
Es gibt sogar iToys-Angebote für Kleinkinder: Beim "iCase" vom Spielzeughersteller Mattel handelt es sich um eine Schutzhülle für das iPhone. Mit diesem bunten Smartphone-Halter können auch Kleinkinder das Gerät benutzen. Passende Apps gibt es zum Herunterladen im Internet.
Branchenverband ist zuversichtlich
Trotz des Erfolgs von iPhone und Co. auf dem deutschen Spielwarenmarkt will idee+spiel-Geschäftsführer Umbach die Klassiker unter den Spielen nicht abschreiben: „Wir erwarten, dass wir auch in diesem Jahr einen Zuwachs bei den klassischen Spielwaren sehen.“
Die Spielwarenbranche steht sicher, so der DVSI. Damit widerspricht er den aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes, wonach die Produktion in der Spielwarenindustrie im vergangenen Jahr um 17,2 Prozent eingebrochen sei und nur noch bei rund 1,37 Milliarden Euro läge. „Meiner Meinung nach hat 2011 keine signifikante Veränderung zum Vorjahr stattgefunden“, sagte DVSI-Geschäftsführer Volker Schmid.
Weniger Kinder, weniger Umsatz?
Die niedrigen Geburtenraten zeichnet ein düsteres Bild für die Spielebranche. Weniger Kinder brauchen weniger Spielzeug, oder? Nicht unbedingt. Eltern geben immer mehr Geld für die Unterhaltung ihrer Zöglinge aus. Werner Lenzner vom Marktforschungsunternehmen npdgroup Deutschland: „Man kauft mehr Spielzeug für Kleinkinder als früher. Es gibt mehr Angebote, und auch das Denken hat sich verändert.“
Altersgerechtes Spielzeug stehe mittlerweile stark im Fokus von Eltern. Deshalb sollen auch die Jüngsten mit passenden Spielwaren versorgt sein und dafür geben sie auch den ein oder anderen Euro mehr aus. Gemeinsam mit der anhaltenden Beliebtheit von Traditionsspielen und der Kombination aus klassischen Spielwaren und neuster Technik macht sich die Branche Hoffnung auf weiteres Wachstum.
Mit Material von dpa