
Wer Märklin-Chef Stefan Löbich fragt, was er im kommenden Jahr mit dem Modellbahn-Primus vorhabe, bekommt ein energisches „Viel“ entgegen geschmettert. Seit Anfang November ist bekannt, dass sich Bobby-Car-Hersteller Simba Dickie aus Fürth für Märklin interessiert und plötzlich ist Märklin wieder da: Alle wollen wissen, wie es mit der Traditionsmarke aus Göppingen am Fuße der schwäbischen Alb weiter geht und ob es mit einem neuen Eigentümer gelingt, Modelleisenbahnen wieder in Kinderzimmern kreisen zu lassen. Ist der Spielzeughersteller Simba-Dickie mit seinen erfolgreichen Marken Schuco, Eichhorn und Dickie-Toys der ideale Partner, um der leicht angestaubten Marke Märklin neuen Glanz zu verleihen? Und kann Märklin im Zeitalter von Gameboy von Playstation Kinder für sich begeistern? Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, doch der Weg ist noch lang.
Märklin muss sich mehr trauen
Der Lokhersteller hat eine wilde Fahrt hinter sich. 2009 rutschte der Mittelständler in die Pleite. Insolvenzverwalter Michael Pluta griff hart durch, verkleinerte die Führungsriege, strich Bonuszahlungen. Zu lange hatten sich die Gesellschafter bereichert und die Belange des Unternehmens aus dem Blick verloren. 400 Mitarbeiter mussten gehen. Die Maßnahmen griffen.
Märklin auf einen Blick
Theodor Friedrich Wilhelm Märklin begann 1859 mit dem Bau von Puppenküchen.
In Göppingen und Ungarn werden im Jahr 500.000 Lokomotiven und zwei Millionen Wagen der Marken Märklin, Trix und LGB gefertigt.
2011 steigerte das Unternehmen seinen Umsatz leicht um 1,6 Prozent auf 108,77 Millionen Euro und legte beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 12,6 Prozent auf 12,36 Millionen Euro zu.
80 Prozent des Umsatzes generiert Märklin über Neuheiten. Rund ein Viertel des Jahresumsatzes entfällt auf das Weihnachtsgeschäft. Der Großteil seiner Erlöse erwirtschaftet Märklin im Inland – nur gut 15 Prozent entfallen auf das Auslandsgeschäft.
2006 stiegen der Finanzinvestor Kingsbridge und Goldmann Sachs bei Märklin ein und bewahrte den Traditionshersteller vor der drohenden Pleite. Der Sanierungsplan hatte allerdings deutliche Schwächen. 2009 musste Märklin Zahlungsunfähigkeit melden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass allein im Jahr 2007 rund 13 Millionen Euro für Beraterhonorare geflossen waren – mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes des Jahres 2007 von 126 Millionen Euro.
2009 – im Jahr seines 150-jährigen Bestehens – meldet Märklin Insolvenz an. Insolvenzverwalter Michael Pluta bringt Märklin wieder auf Kurs. Im Dezember 2011 hebt das Amtsgericht Göppingen das Insolvenzverfahren auf und erklärt einen zwischen den Gläubigern und Pluta ausgehandelten Insolvenzplan für rechtskräftig.
Insolvenzverwalter Pluta verkleinerte die Spitze von ehemals drei Geschäftsführern und 14 Managern auf einen Geschäftsführer und sechs leitende Manager. Bonuszahlungen gibt es seither nur noch, wenn das Unternehmen Gewinn macht. Mehr als 400 Mitarbeiter wurden entlassen. Zwei von vier Standorten wurden geschlossen. 13 Bereiche wurden zu fünf zusammengefasst. Aktuell beschäftigt Märklin noch rund 1000 Mitarbeiter. Stefan Löblich übernahm 2010 die Geschäftsführung – zu diesem Zeitpunkt war er der fünfte Märklin-Chef in fünf Jahren.
Märklin will Sammler und Kinder für die Modelleisenbahn begeistern. Dafür will der Mittelständler den Fachhandel neu beleben, aber auch über diesen hinaus wieder sichtbarer werden. Derzeit gibt es rund 800 Modellbahnfachhändler, die in der Märklin-Händler-Inititiative (MHI) zusammengeschlossen sind.
2011 setzte Märklin wieder fast 109 Millionen Euro um und machte 12,3 Millionen Euro Gewinn. 2012 soll es ähnlich gut laufen. Auch diese Weihnachten werden tausende der Starterkits „My World“, die Märklin seit 2011 anbietet, unterm Baum gelegen haben. Im ersten Jahr verkauften sich die Einsteigersetsinsgesamt mehr als 100.000 Mal – dafür brach Märklin sogar mit seiner Tradition und bot die erste Bahn für Kinder ab drei Jahren nicht nur im Fachhandel, sondern auch bei Discountern an.
Will Märklin dauerhaft erfolgreich sein, muss sich der Modellbahnbauer jedoch noch mehr trauen, glaubt Peter Pirck von der Brandmeyer Markenberatung: "Märklin ist eine Marke, aus der man was machen kann. Es ist aber noch viel an Modernisierung und Eingehen auf veränderte Konsumentengewohnheiten nötig."