Spielwarenmesse Nürnberg Carrera holt die Kunden ins Cockpit

Spielwarenunternehmen kämpfen mit sinkenden Umsätzen. Carrera will nun Kunden mit moderner Elektronik locken: Fans können ihr Ebenbild aus dem 3D-Drucker ans Steuer setzen und die Fahrt per Cockpit-Kamera miterleben.

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Carrera geht mit der Zeit: In den Cockpits befinden sich erstmals Kameras. Über eine Computerbrille können Fans die Rennen live aus der Fahrerperspektive miterleben. Quelle: dpa

Nürnberg Wenn die Konsumenten heute in Deutschland eine Rennbahn kaufen, dann ist es in aller Regel eine von Carrera. Den Marktanteil beziffert Carrera-Eigentümer Andreas Stadlbauer auf mehr als 90 Prozent. Die Konkurrenz, das sind also nicht die anderen Rennbahnhersteller. „Es sind Smartphone-Produzenten und Modelabels“, meint der Fabrikant aus Salzburg.

Um gegen dynamische Marken wie Samsung, Apple oder Zara bestehen zu können, muss auch der legendäre Rennbahnhersteller mit der Zeit gehen. Erstmals baut Stadlbauer daher jetzt eine Kamera in seine Miniatur-Boliden ein. Über eine Computerbrille können die Fans nun die Rennen live aus der Fahrerperspektive miterleben.

Dass die Nutzer selbst ihre Rennen mit einer solchen Brille austragen, hält Stadlbauer zwar für eher unwahrscheinlich. Viel zu schnell seien die Wagen unterwegs, da komme das menschliche Gehirn nicht mit. Viel wichtiger sei, dass die Kunden mit der hinter der Frontscheibe platzierten Kamera jetzt Filme drehen können – und diese dann in den sozialen Medien verbreiten. Die Leute könnten jetzt „auf professionelle Art interessante Inhalte produzieren“, sagte Stadlbauer dem Handelsblatt im Vorfeld der Nürnberger Spielwarenmesse.

Schon heute gebe es zahllose Clips über Carrera-Rennbahnen auf Youtube. Allerdings würden diese meist von oben gedreht, also aus der üblichen Sicht der Fahrer. Nun könnten die Kunden viel realistischer zeigen, was sie drauf haben, so der Unternehmer. „Damit wollen wir eine junge Zielgruppe ansprechen.“

Doch das ist noch nicht alles. Bald kann jeder Fan eine kleine Plastikfigur seiner selbst in die Autos setzen. Dazu müssen sich die Kunden lediglich in der Carrera World in Fürth, dem Indoor-Freizeitpark der Marke, scannen lassen. Im 3D-Drucker entsteht anschließend ein Modell im Maßstab 1:32 des Konsumenten, das in einen Miniatur-Porsche 911 passt. Der Preis für Auto und passender Figur: rund 300 Euro.

Spielwarenfabrikant Stadlbauer steht, wie der Rest der Branche, unter Druck. Die Kunden verlangen Neuheiten, sonst kaufen sie nicht mehr. Vergangenes Jahr stagnierte der Umsatz im deutschen Spielwarenhandel. „Der jahrelange Spielwaren-Boom hat eine Pause eingelegt“, sagte Willy Fischel, Geschäftsführer des Handelsverbands Spielwaren. Die Händler setzten Autorennbahnen, Puppen und Modelleisenbahnen im Wert von rund 3,1 Milliarden Euro ab. Zuvor waren die Erlöse von Händlern und Herstellern über Jahre hinweg geklettert. Allerdings konnten die Neuheiten die Konsumenten 2017 zum ersten Mal nicht so recht überzeugen. Gerade das wichtige Weihnachtsgeschäft sei enttäuschend verlaufen, betonte Fischel.

So verharrte auch der Umsatz der Stadlbauer-Gruppe aus der Nähe von Salzburg im vorigen Jahr bei 110 Millionen Euro. Neben den Rennbahnen bietet Stadlbauer auch ferngesteuerte Fahrzeuge unter dem Namen Carrera an, zudem gehören ihm kleinere Marken wie Pustefix und Schildkröt.

Carrera ist nicht das einzige Spielwarenunternehmen, das mit stagnierenden Umsätzen zu kämpfen hat. Auch Deutschlands größter Spieleverlag, Ravensburger, kam vergangenes Jahr mit Erlösen von 471 Millionen Euro nicht über das Vorjahresniveau hinaus. Nur ein wenig besser erging es der Simba-Dickie-Gruppe mit Marken wie Schuco, Noris und Bobby Car. Die Fürther Familienfirma musste sich mit einem mageren Umsatzplus von gut drei Prozent auf 645 Millionen Euro zufrieden geben. Simba-Eigentümer Michael Sieber hatte ursprünglich einen wesentlich kräftigeren Zuwachs erwartet.

Nun hofft die Industrie darauf, dass dieses Jahr besser verläuft. Die Basis dafür soll die Nürnberger Spielwarenmesse legen. Dort zeigen von diesem Mittwoch an 2902 Unternehmen aus 68 Ländern ihre Neuheiten. Insgesamt sind auf dem weltgrößten Treff der Spielwarenindustrie etwa eine Million Produkte zu sehen. Die Schau dauert bis Sonntag und ist nur Fachbesuchern zugänglich. 

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