Spielzeughersteller Bei Lego wird umgebaut

Der dänische Spielwarenhersteller Lego ändert seine Unternehmensstruktur und bekommt einen neuen Chef. Dadurch erhält die Eigentümerfamilie mehr Einfluss. Die strategische Ausrichtung soll aber beibehalten werden.

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Der dänische Spielwarenhersteller ordnet seine Unternehmensstruktur neu. Quelle: Reuters

Stockholm Es sind große Fußstapfen, in die Bali Padda tritt. Der 60-jährige Brite, der in Indien geboren ist, übernimmt am 1. Januar 2017 die Führung des erfolgreichsten Spielzeugherstellers der Welt, Lego. Der überraschende Wechsel an der Konzernspitze wurde am Dienstag am Unternehmenssitz im kleinen Billund bekanntgegeben. Er ist der erste Nicht-Däne, der die Leitung des vor 84 Jahren gegründeten Familienunternehmens übernimmt.

Padda löst Jørgen Vig Knudstorp ab, der zwölf Jahre lang an der Spitze von Lego gestanden hat. Knudstorp wird vom kommenden Jahr an die neugeschaffene Einheit Lego Brand Group leiten und ab Mai 2017 auch den Vorsitz im Lego-Aufsichtsrat übernehmen. Mit Padda übernimmt kein Unbekannter das Ruder bei Lego.

Der ehemalige Manager bei der amerikanischen Outdoor-Modemarke Timberland arbeitet seit 14 Jahren beim Bauklötzchen-Hersteller und war zuletzt verantwortlich für die Produktion, den Vertrieb und das Personal. Mitarbeiter beschreiben ihn als humorvoll, aber sehr zielorientiert. Ein ehemaliger Manager, der lange mit ihm bei Lego zusammengearbeitet hat, bezeichnete ihn vor einiger Zeit als sehr kooperativ. „Er kann aber auch ein knallharter Hund sein“, so der ehemalige Kollege.

Der Wechsel an der Lego-Konzernspitze ist nicht die einzige Veränderung, die am Dienstag bekanntgegeben wurde. Denn gleichzeitig stärkt die Eignerfamilie um Oberhaupt Kjeld Kirk Kristiansen ihren Einfluss auf das Unternehmen mit weltweit 18.500 Mitarbeitern. Der bisherige Lego-Chef Knudstorp wird künftig als Kopf der neugegründeten Einheit Lego Brand Group die Interessen der Familie im Gesamtkonzern wahrnehmen.

Mit Thomas Kirk Kristensen hat er den Urenkel des Lego-Gründers an seiner Seite. „Wir wollen neue Möglichkeiten für die Marke Lego finden“, erklärte Knudstorp am Dienstag. Mit Möglichkeiten meint der langjährige Lego-Chef neue Partnerschaften und eine weitere Stärkung des Markennamens. Eine Neuausrichtung beinhaltet die neue Organisation aber nicht, versicherte Knudstorp.

In der neuen Unternehmenseinheit Lego Brand Group sind künftig der 75-prozentige Familienanteil am Konzern und die 30-prozentige Beteiligung an Merlin Entertainments, die die Legoland-Parks betreibt, sowie diverse weitere Beteiligungen vereint. Das dürfe aber nicht als Zeichen verstanden werden, dass die Eignerfamilie einen Ausstieg aus dem Unternehmen vorbereite.

Ganz im Gegenteil: Die Familie wolle ihren Einfluss auf die verschiedenen Beteiligungen und Tochterunternehmen ausbauen. Familienoberhaupt Kjeld Kirk Kristensen hatte bereits im Frühjahr einen Großteil der Verantwortung an seinen Sohn Thomas übertragen, der nun zusammen mit Knudstorp die neue Unternehmenseinheit leiten wird.


Vor der Pleite gerettet

Der Wechsel an der Konzernspitze von Lego kam auch für Insider überraschend, da Knudstorp in seinem Heimatland ähnlichen Kultstatus erreicht hat wie die bunten Bauklötzchen. Denn er gilt als Retter von Lego, das Anfang des Jahrtausends in eine schwere Krise geraten war. Damals, 2004, konnte er den Zusammenbruch des Familienunternehmens verhindern. Der Konzern hatte sich mit Computerspielen, den Legoland-Freizeitparks und Kindermode völlig verzettelt. In keinem Bereich waren die Dänen wirklich Experten.

Es war der Computerspiel-Trend, der dem Familienunternehmen zu schaffen machte. Waren es zunächst Pokemon-Bilder, die die Kinder stärker anzogen als die bunten Bauklötze, erwiesen sich später Gameboy und Playstation als Sieger im Kampf um die Gunst der kleinen Kunden. Dann kamen Tablets und Smartphones als neue Bedrohung. Lego versuchte sich darauf einzustellen und brachte hochtechnologische Roboter und Computerspiele heraus. Doch der Ausflug in die elektronische Welt misslang.

Der ehemalige McKinsey-Manager Knudstorp startete ein umfassendes Saierungsprogramm und ließ keinen Stein auf dem anderen. Er trennte sich von den Freizeitparks, lagerte das Kindermodengeschäft aus und holte sich Software-Experten als Partner für die Computerspiele an Bord. Dem vierfachen Familienvater und begeisterten Spieler gelang die Wende. Seit 2003 – dem Jahr, in dem Lego erstmals rote Zahlen schrieb und erstmals mehrere Hundert Arbeitsplätze streichen musste – ist der Gewinn stetig gestiegen.

Heute ist Lego der mit Abstand erfolgreichste Spielwarenkonzern der Welt. Unter Knudstorps Leitung wurde der Umsatz verfünffacht, und die bunten Klötzchen sind trotz Tablets und Smartphones wieder der Hit im Kinderzimmer. Und nicht nur dort. Denn Lego hat vor einigen Jahren auch das Kind im Manne entdeckt und stellt aufwendige Bausätze mit einigen Tausend Steinen vom Unimog oder einem Sattelschlepper für Erwachsene her.

Äußerst erfolgreich waren auch die vielen Kooperationen, die der Konzern aus dem beschaulichen Billund mit den großen Hollywood-Studios einging. So zählt die Star-Wars-Reihe zu Legos erfolgreichsten Produkten. Wachstumstreiber waren auch der Hollywood-Streifen „The Lego Movie“, der an den Kinokassen rund eine halbe Milliarde Dollar (466 Millionen Euro) einspielte. Weitere Bestseller sind die Baureihen Lego City, Lego Technic und Lego Friends.

Damit der Erfolg des nach dem US-Konkurrenten Mattel zweitgrößten Spielwarenherstellers der Welt nachhaltig ist, hat Lego in den vergangenen Jahren massiv in neue Produktionsstätten investiert. „Wir wollen unser Unternehmen weiter globalisieren“, sagte Knudstorp damals.

Künftig wird er als neuer Aufsichtsratschef darüber wachen, dass sein Nachfolger den eingeschlagenen Erfolgsweg weiter beschreitet. Padda hat am Dienstag schon einmal unterstrichen, dass er noch keine Wachstumsgrenze für den Klötchenbauer aus Dänemark sieht. „Ich werde aber die strategische Ausrichtung, die wir für das Unternehmen definiert haben, weiter beibehalten“, erklärte er. Die Lego-Fans dürften beruhigt sein.

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