
Erst sickerte die Top-Personalie durch, jetzt die offizielle Bekanntmachung: Die Adidas-Gruppe hat ihre Strategie für die schwächelnde Tochter-Marke Reebok geändert. Mit dem Amerikaner Matt O’Toole an der Spitze statt dem Deutschen Uli Becker spaltet sich Reebok in Zukunft praktisch auf in einzelne Fitness-Unternehmen. Die Adidas-Führung zieht damit die Konsequenzen aus der Tatsache, dass Reebok als Marke im Konzert der ganz Großen der Branche – eben: Adidas und sein größter Konkurrent Nike – längst nicht mehr mithalten kann.
Adidas-Chef verabschiedet sich vom Umsatzziel
Die Lösung: Reebok geht in die Nischen des Fitnessgeschäfts. Hier existieren eine Unmenge unterschiedlichster Spielarten. Vom Zirkeltraining-artigen CrossFit über Laufen und Fitness-Studios bis Yoga und Tanzen – für alle diese Felder macht Reebok jetzt eigene Geschäftsbereiche auf. Die sollen die Sparten und ihre unterschiedlichen Zielgruppen beackern. Gleichzeitig verabschiedet sich Adidas-Chef Herbert Hainer vom bislang stets genannten Umsatzziel für die US-Marke. Statt drei Milliarden Euro soll Reebok bis zum Jahr 2015 nun nur noch zwei Milliarden Euro zu den Erlösen des Dax-Konzerns beitragen, das ist nur unwesentlich mehr als derzeit. Damit nimmt Hainer den Druck von Reebok und passt die zu lange zu hohen Erwartungen an die Tochter der Wirklichkeit an.
Tatsächlich wartet im globalen Sportmarkt der sündteuren Events wie Fußball-WM und Olympia niemand auf eine weitere Großmarke. Adidas und Nike bestimmen hier das Bild; bereits Puma als weltweite Nummer drei hat Probleme, mitzuhalten. Der kleine Bruder von Adidas hat zwar immer wieder ein gutes Händchen dafür, aufsehenerregende Sportler wie Usain Bolt oder zuletzt den Deutschen Fußballmeister Borussia Dortmund für sich einzuspannen. Doch Puma steckt derzeit im schwierigen Spagat zwischen lahmendem Lifestyle und einer schwachen Glaubwürdigkeit als Sportmarke. Ähnlich und noch schlechter geht es Reebok.
Reinschmidt baut Glaubwürdigkeit auf
Da ist es nur vernünftig, erst einmal auf große Würfe zu verzichten und stattdessen die Marke von Grund auf aufzubauen. Wie das funktionieren kann, zeigt Adidas-intern die eigene Outdoor-Sparte. Statt mit fetten Werbekampagnen zu klotzen, beackert Outdoor-Chef Rolf Reinschmidt die eigenwillige Szene kleinteilig, geht über den spezialisierten Fachhandel und baut so Glaubwürdigkeit bei seiner stets gegenüber allen Großkonzernen skeptischen Klientel auf. Ähnlich könnte es bei Reebok laufen: Erst die einzelnen Fitness-Gemeinden gründlich bearbeiten. Dadurch entsteht im besten Fall Glaubwürdigkeit und damit ein stabileres Fundament für die seit Jahren seltsam ausgezehrte Marke.
Die Korrektur für Reebok hat lange genug gedauert, sie war längst fällig. Leicht gefallen sein dürfte sie dem sportlich-ehrgeizigen Adidas-Boss Hainer nicht. Doch weil gleichzeitig alle anderen Sparten von Adidas einen Lauf haben und vor allem die Golfsparte glänzende Geschäfte macht, muss er nicht einmal das mittelfristige Konzern-Ziel kassieren. Bis 2015 will Adidas 17 Milliarden Euro Umsatz und eine operative Marge von elf Prozent erreichen. Wenn jetzt nichts Gravierendes dazwischenkommt, dürfte das den Herzogenaurachern gelingen.