In Alfons Schuhbecks Münchner „Teatro“ verlegt der Star-Koch sich derzeit auf das Träumen: „Am Abend, wenn die Welt in weichem Abendrot versinkt, beginnt im funkelnden Teatro-Spiegelzelt die Zeit des Träumen“, schreibt der 73-Jährige auf der Homepage über das Programm „Moonia“, das dort für den Oktober geplant ist.
Für Schuhbeck selbst aber bietet der Monat vor allem eine Konfrontation mit der harten Realität: An diesem Mittwoch (5. Oktober) beginnt am Landgericht München I sein Prozess wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe.
Der Ort des Geschehens ist einer mit Geschichte: der Saal 134 des Münchner Justizpalastes. Dort wurde vor acht Jahren schonmal jemand aus der Münchner Schickeria wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Uli Hoeneß, langjähriger Präsident des FC Bayern München, bekam 2014 eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren – und landete tatsächlich hinter Gittern.
Die Geschichte könnte sich wiederholen. Denn im Fall Schuhbeck soll es laut Medienberichten um rund zwei Millionen Euro hinterzogene Steuern gehen. Und nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe aus dem Jahr 2012 droht schon ab einer Summe von einer Million Euro in der Regel eine Haftstrafe ohne Bewährung. Sollte Schuhbeck also für die angeklagten Taten verurteilt werden, ist das Gefängnis eine realistische Option.
Lesen Sie dazu auch das Interview zu Managern in Haft: „Viele reden sich um Kopf und Kragen“
IT-Fachmann soll Einnahmen gelöscht haben
In 25 Fällen hat die Staatsanwaltschaft ihn wegen Steuerhinterziehung angeklagt, bis zum 22. Dezember sind 18 Verhandlungstage angesetzt. Mutmaßliche Tatorte sind laut Medienberichten die Münchner Restaurants „Orlando“ und „Südtiroler Stuben“.
Einem Mitangeklagten wird Beihilfe vorgeworfen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, soll es sich dabei um einen Computerfachmann handeln, der ein Programm entwickelt haben soll, das regelmäßig Posten aus den Tageseinnahmen löschte und so am Fiskus vorbei manövrierte.
Für Schuhbeck dürfte der Prozess der Tiefpunkt seiner Karriere sein. Er, der eigentlich mal Fernmeldetechniker werden wollte, wurde stattdessen einer der bekanntesten Köche und Gastronomen der Republik. Er hat schon die Beatles und Charlie Chaplin bekocht, die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und Queen Elizabeth II. – und immer wieder auch den FC Bayern München. Sein Name ist eine Marke. Er baute ein Firmengeflecht auf mit drei Restaurants, einem Catering-Service, einem Eissalon und Gewürzläden.
Der Bayer, der sich als Erneuerer der bayerischen Küche sieht, ist nicht nur Gastwirt, sondern auch Unternehmer, Autor zahlreicher Kochbücher und immer wieder Gast im Fernsehen. „Ich habe nie die Hände in den Schoß gelegt“, sagte er zu seinem 70. Geburtstag vor drei Jahren. „Egal wie die Zeiten sind: Man muss agieren statt reagieren.“
Vor drei Jahren waren dann aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Schuhbeck bekannt geworden. In diesem Zusammenhang wurden auch seine Geschäftsräume durchsucht. „Ich werde sehr eng und sehr offen mit den Behörden zusammenarbeiten, um alle Vorwürfe zu entkräften“, sagte der Koch damals. Er stehe „den Behörden in allen Fragen Rede und Antwort“.
Kurz vor dem Start des Prozesses wollten sich aber weder Schuhbeck noch seine Anwälte auf Anfrage zu dem Verfahren äußern.
Schuhbecks Imperium insolvent
Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass sein Imperium in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Alfons Schuhbeck meldete Insolvenz an (die WirtschaftsWoche berichtete). Die Pleite begründete er damals mit dem Ausbleiben von Staatshilfen im Zuge der Coronapandemie.
„Nachdem die vollmundig angekündigten Staatshilfen bei mir bis heute ausgeblieben sind, muss ich für meine Betriebe Insolvenz anmelden“, sagte Schuhbeck damals laut einer Mitteilung, die überschrieben war mit „Das nächste Corona-Opfer“. Bis zuletzt habe er auf staatliche Finanzhilfen gehofft und private Gelder in sein Unternehmen gesteckt, ließ Schuhbeck damals mitteilen. „Doch jetzt ist Schluss.“ Er selbst werde schon einen Neustart hinbekommen, „aber meine rund 50 Mitarbeiter trifft das richtig hart,“ erklärte Schuhbeck 2021.
Allerdings hatte Schuhbeck nach Informationen des Bundesamtes für Justiz (BFJ) seit 2017 keine Geschäftsberichte mehr veröffentlicht, was gegen die Offenlegungspflicht verstößt. Die Bonner Behörde hatte ein Ordnungsgeldverfahren eingeleitet.
Vor Gericht geht es für Schuhbeck nun ab Mittwoch nicht nur um seinen guten Ruf und seine berufliche Zukunft – sondern auch um seine Freiheit. Das Verfahren hat die Justiz trotz dieser Schicksalhaftigkeit halbwegs humorvoll nach einer der Lieblingszutaten des Kochs benannt: Ingwer.
Lesen Sie auch: Welche Insolvenzkanzleien dem Abwärtssog trotzen – das große Insolvenzverwalter-Ranking