Es mangelt nicht an Theorien, wie der Name „Black Friday“ entstanden ist. Menschenmassen auf den Straßen und vor Shoppingcentern würden aus der Entfernung wie eine einzige schwarze Masse erscheinen, lautet eine mögliche Erklärung, die „Wikipedia“ bietet. Eine andere: An dem umsatzstarken Tag hätten Händler die Chance, aus dem Minus herauszukommen – also statt roter Zahlen schwarze zu schreiben. Dazu passt auch der Hinweis, die Händler hätten an diesem Tag vom Geldzählen schwarze Hände. Doch dass der Black Friday dem Handel dieses Jahr Rekordgewinne bescheren wird, ist unwahrscheinlich.
Denn die drastisch gestiegenen Lebenshaltungskosten dämpfen die Shoppinglaune. „Angesichts der rückläufigen Konsumausgaben erwarten die Einzelhändler am Schwarzen Freitag keine Rekorde“, sagt Thomas Langen vom Kreditversicherer Atradius. Nach seiner Einschätzung dürften bei Elektronikartikeln die größten Schnäppchen zu erwarten sein. Der Grund: Die Einzelhändler müssen ihre hohen Lagerbestände senken. Für andere Bereiche gilt dagegen das Gegenteil. Zahlreiche Einzelhändler leiden aktuell unter Lieferverzögerungen bei Waren aus Asien, gestiegenen Frachtkosten sowie höheren Einkaufspreisen und Energiekosten. „Das wirkt sich auf die Preise aus und macht gerade für kleinere Händler Rabattaktionen wirtschaftlich riskant“, sagt Langen.
Gleichzeitig wollen die Verbraucher sparen. Sie seien bereits im Sommerquartal seltener einkaufen gegangen, teilte jüngst das Münchner Ifo-Institut auf Basis einer Umfrage mit. 45,7 Prozent der Einzelhändler berichten demnach von weniger Kunden in ihren Läden. „Viele Händler machen sich Sorgen um das Weihnachtsgeschäft“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Wegen der hohen Inflationsraten können sich gerade einkommensschwache Menschen weniger leisten und sind zurückhaltend mit Einkäufen“, so Wohlrabe. Besonders betroffen waren die Möbelhäuser – 80 Prozent der befragten Unternehmen berichteten davon, dass weniger Kunden kamen.
Kaufzurückhaltung verschärft die Probleme der Branche
Etwas optimistischer sind die Marktforscher der GfK, die vor Kurzem eine leichte Besserung beim Konsumklima in Deutschland ausgemacht haben. Das Barometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. „Die Anschaffungsneigung der Verbraucherinnen und Verbraucher steigt zum Weihnachtsgeschäft“, erklärte der HDE. Insgesamt bleibe die Stimmung unter Verbrauchern aber „recht schlecht“. Die Menschen betrachteten die steigenden Lebenshaltungskosten weiter mit Sorge. „Sollte die bislang ausgebliebene Rezession in den bevorstehenden Quartalen einsetzen, ist eine erneute Abschwächung des Konsums zu erwarten.“
Die Kaufzurückhaltung der Kunden ist indes nur ein Faktor, der die vorhandenen Probleme der Branche etwa mit hohen Mietforderungen und steigenden Energiekosten, verschärft. Die Konsumkrise trifft damit vor allem jene Handelsunternehmen, die schon seit geraumer Zeit mit Gegenwind kämpfen, oder die nach den Coronaeinbußen auf eine Normalisierung des Geschäfts gebaut hatten. Händler, wie die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die vor wenigen Wochen Insolvenz angemeldet hat. Kurz zuvor hatte bereits die Schuhhandelskette Görtz ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren gestartet. Offizielle Begründung: „Der im Februar 2022 ausgebrochene Ukraine-Krieg, die Inflation und steigende Energiepreise führten zu enormer Kaufzurückhaltung in den Filialen und im Onlinegeschäft.“ Weitere Insolvenzen im Schuhhandel sind wohl nur eine Frage der Zeit.
Auch Onlinehändler bekamen nach dem Coronaboom die Abschwächung des Geschäfts zu spüren. So meldeten der Babybedarfshändler windeln.de, der Schuhanbieter Surf4Shoes und der Möbel-Onlineshop Made.com zuletzt Insolvenz an. Im Lebensmittelhandel erwischte es bereits „vorgeschädigte“ Spezialisten wie die Reformhauskette Bacher und den Filialisten SuperBioMarkt.
Und dabei wird es kaum bleiben. „Händler, die schon aufgrund der Pandemie einen erhöhten Finanzierungsbedarf hatten, werden sicherlich im Jahr 2023 Probleme bekommen“, sagt Atradius-Manager Langen. Der Kreditversicherer rechnet mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im nächsten Jahr um 25 Prozent.
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