Die Luft wird permanent gefiltert, getrocknet und anschließend auch noch ionisiert, um Mikroorganismen abzutöten. Luftfeuchtigkeit und Temperatur werden per Computer gesteuert, um dem Rostfraß keine Angriffsfläche zu bieten: Die Garage in dem kleinen Weiler am Rande von Hennef an der Sieg hat Reinraumqualitäten.
Um ins Innere der Schatzkammer zu gelangen, muss der Besitzer eine Luftschleuse passieren, die der ehemalige Klimatechniker selbst konstruiert hat für seinen „größten Schatz“: einen bald 44 Jahre alten blutorangefarbenen Porsche Targa im Neuwagenzustand. Den Sportwagen hatte der Unternehmer 1971 für rund 25.000 Mark gekauft, um damit gelegentlich durchs Bergische Land zu fegen.
Der Oldtimermarkt in Daten und Fakten
Die Preise für historische Fahrzeuge sind 2013 gestiegen, das geht aus einer Berechnung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) hervor. Dessen Deutscher Oldtimer Index legte um 8,1 Prozent zu, 2012 betrug das Plus 4,2 Prozent. Vor allem im zweiten Halbjahr 2013 beobachtete der Verband eine deutliche Aufwärtsentwicklung im Markt.
Der BMW 520i (E12) hat laut VDA 2013 prozentual am meisten an Wert gewonnen. Damit steht in der Rangliste der Fahrzeuge mit dem höchsten Zuwachs gegenüber den Vorjahr erstmals ein Modell von BMW ganz oben. Den ersten BMW der 5er-Reihe produzierten die Münchner von 1972 bis 1981.
Zwei Trends beobachteten Analysten 2013 auf dem Oldtimer-Markt: Einerseits gibt es den Investmenttrend, in Sachwerte auszuweichen. Darunter fallen zum Beispiel die Auktionen, in denen seltene Fahrzeuge, wie der Flügeltürer Mercedes 300 SL, extrem hohe Preise erzielen.
Auf der anderen Seite des Oldtimer-Booms stehen die echten Enthusiasten. Sie geben im Schnitt für ein Fahrzeug weniger als 20.000 Euro aus. Ein reines Liebhaberhobby, denn es ist schließlich kein exorbitanter Wertzuwachs erkennbar: In der Regel kompensiert er nicht einmal die stetig anfallenden Wartungs- und Erhaltungskosten.
Innerhalb der vergangenen 15 Jahre haben zwei Volumenfahrzeuge besonders stark an Wert gewonnen: Bei der „Ente“ Citroen 2CV 6 und dem „Bulli“ VW T2 verzeichnet der VDA den höchsten Zuwachs.
Der Flügeltürer Mercedes 300 SL erzielte in den vergangenen Monaten Rekordpreise. So zahlte ein Käufer auf einer US-Auktion 1,4 Millionen Dollar für ein restauriertes Exemplar, auf der selben Veranstaltung kam ein ramponierter Flügeltürer im Originalzustand gar für 1,9 Millionen Dollar unter den Hammer.
Auf Deutschlands Straßen sind mehr Youngtimer unterwegs. Die Zahl der Fahrzeuge im Alter von 20 bis 29 Jahren stieg 2013 auf rund vier Millionen.
Im Schnitt fällt jeder dritte Youngtimer bei der Hauptuntersuchung durch und erhält im ersten Anlauf keine neue Plakette.
Nie zuvor fuhren mehr historische Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen als heute. Derzeit sind es mehr als 314.000 Klassiker mit H-Kennzeichen. Jedes Jahr wächst der Bestand um rund zehn Prozent. Dabei ziert das H-Kennzeichen nur solche Fahrzeuge, die mindestens 30 Jahre alt und nach einer amtlichen Prüfung als „kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut“ anerkannt sind. Insgesamt sind rund 452.000 Autos mit mehr als 30 Jahren auf dem Buckel unterwegs.
Auch das aktuell teuerste Auto der Welt wurde 2013 versteigert: Für 29,7 Millionen Dollar (rund 21,8 Millionen Euro) kam ein Mercedes W 196 Silberpfeil Rennwagen aus dem Jahr 1954 unter den Hammer.
Laut dem Marktbeobachter „Classic-Tax" liegt der Durchschnittswert eines Oldtimers in Deutschland bei rund 15.000 Euro.
Vor zwei Jahren – auf dem Tacho standen keine 80.000 Kilometer – wurde der Targa bei Porsche Classic in Freiberg am Neckar einer Restaurierung unterzogen. Das Tochterunternehmen der Sportwagenschmiede pflegt und revidiert alte Porsche-Fahrzeuge nicht nur des werkseigenen Museums, sondern auch von privaten Sammlern. Über ein halbes Jahr zogen sich die Arbeiten an Karosserie, Motor und Fahrwerk hin, für die der Besitzer nach seiner Erinnerung schließlich einen „ordentlichen fünfstelligen Betrag“ hinblätterte.
Ein Oldtimer ist ein teures Hobby
Die Rückfahrt nach Hennef legte der Porsche noch auf eigener Achse zurück. Seitdem wartet der Oldtimer in der Luxusgarage jedoch auf seine Wiedererweckung: Der inzwischen 76-jährige Besitzer fühlt sich nicht mehr fit genug. Zudem treibt ihn die Sorge, dass sein „Schatz auf Rädern“, den Gutachter auf 88.000 Euro taxiert haben, bei einer Ausfahrt Schaden nehmen könnte.
Das Geschäft mit den automobilen Schätzen brummt – nicht nur bei Porsche. Denn mit dem Erwerb eines Oldtimers ist es meist nicht getan. Hinzu kommen Ausgaben für Reparaturen und Wartungsarbeiten sowie für die geschützte Unterbringung des Fahrzeugs und die Versicherung. Nicht zu vergessen die Summen, die für die Teilnahme an launigen Events wie Rallyes oder Ausfahrten und den Kauf von zeitgenössischem Zubehör aufgewendet werden: Einen Vorkriegs-Horch oder Wirtschaftswunder-Mercedes steuert man nun mal nicht in Jeans und mit Baseball-Kappe auf dem Kopf.
Alles eingerechnet, kommt die Kölner Beratung BBE Automotive in ihrer aktuellen Studie „Wirtschaftsfaktor Young- und Oldtimer“ auf Ausgaben von fast 4000 Euro – pro Jahr und Fahrzeug. Bei rund 650.000 Autos, die allein in Deutschland als Oldtimer zugelassen sind, ergibt sich ein Markt von rund 2,6 Milliarden Euro. Rechnet man die so genannten Youngtimer hinzu – Autos, die zwischen 15 und 30 Jahre alt sind und von ihren Besitzern nur mehr zum Freizeitvergnügen eingesetzt werden – vergrößert sich der Markt auf 5,9 Milliarden Euro.
Spezialisten helfen Bastlern
„Für Autohäuser und freie Werkstätten, bieten sich hier neue Betätigungsfelder, die das Image positiv prägen und neue Ertragschancen schaffen“, sagt Markus Frömgen, der die Studie erstellt hat. Denn je älter das Auto und je höher auch der emotionale Wert, desto größer ist die Bereitschaft, in das Fahrzeug zu investieren. Das ist auch der gravierende Unterschied zwischen Youngtimern und alten Gebrauchtwagen – bei Letzteren wird bei der Wartung aus Kostengründen gerne geschludert.
Wer seine Liebe zum alten Blech pflegen wollte, brauchte in der Vergangenheit eine geschickte Schrauberhand, viel Spürsinn und ein Netz von Spezialisten, um Defekte an seinem Fahrzeug beheben zu können oder an rare Ersatzteile zu gelangen.
Eine Hemmschwelle ist gefallen
Bastler gibt es immer noch reichlich, und die intensive Beschäftigung mit der Technik alter Autos hat nichts von ihrem Reiz verloren. Aber heute kann man Oldtimer auch besitzen und bewegen, wenn man zwei linke Hände hat: Die Arbeiten an den Autos übernehmen gerne Profis.
„Mit der Professionalisierung der Dienstleistungen rund um die Oldtimer ist eine große Hemmschwelle gefallen“, sagt Martin Halder, der Vorstandsvorsitzende der Berliner Meilenwerk AG, der die Szene seit vielen Jahren beobachtet und in seinen Zentren Sammler und Händler, Handwerker und Gutachter zusammenbringt. Befördert wird das Geschäft mit den alten Autos zudem durch die Finanzmärkte: Seit in der Niedrigzinsphase die Banken den Besitz von Bargeld fast schon bestrafen, entdecken viele Vermögende Oldtimer als Sachanlage mit hohem Wertsteigerungspotenzial – und Autohersteller, -zulieferer und viele andere Spezialisten eine Möglichkeit, an diesem boomenden Geschäft kräftig mitzuverdienen.
„Früher waren die Autohersteller mehr an der Zukunft denn an der Vergangenheit interessiert“, erzählt Thomas Frank, Leiter von Audi Tradition. Kurz nach dem Modellwechsel wurde die Fertigung von Ersatzteilen eingestellt, die Werkzeuge landeten im Müll. Heute werden sie mit großem technischem wie finanziellem Aufwand nachgefertigt, um die wachsende Nachfrage von Sammlern etwa nach originalgetreuen Sitzbezügen für einen Sportquattro aus den Achtzigerjahren bedienen zu können.
Die Hersteller verdienen prächtig an ihren Klassik-Abteilungen
Daher denkt man auch bei Mercedes-Benz, BMW, Audi und Volkswagen Nutzfahrzeuge – wo seit 2012 mehr als ein Dutzend alte „Bullis“ auch im Kundenauftrag restauriert wurden – daran, die Geschäfte mit der Traditionspflege auszubauen, Werkstattkapazitäten zu erweitern, Kompetenzzentren aufzubauen oder den Handel mit Ersatzteilen für historische Fahrzeuge weiter auszubauen. So überlegt die VW-Tochter Bugatti, nun ebenfalls für Altfahrzeuge Ersatzteile anzubieten und eine Klassik-Abteilung aufzubauen.
Andere sind da schon längst weiter: Brabus in Bottrop, Spezialist für das Tuning von Mercedes-Fahrzeugen, baut sein Geschäft mit Classic Cars massiv aus und hat dafür kürzlich für 3,5 Millionen Euro ein neues Werk errichtet, in dem Autos aus der Wirtschaftswunderzeit penibel in Neuwagenzustand zurückversetzt werden.
Brabus-Lenker Bodo Buschmann hat dafür in den zurückliegenden zwei Jahren mehr als 100 sogenannte Youngtimer (mit einem Alter von wenigstens 20 Jahren) und Oldtimer (jenseits der 30) in aller Welt aufkaufen und einlagern lassen. Sobald sich ein Käufer gefunden hat, machen sich seine Karosseriebauer, Sattler und Mechaniker an eine Komplettrestaurierung der Fahrzeuge, bei der keine Schraube unberührt bleibt.
Oldtimer sind wichtig für das Marketing
Brabus eifert hier dem Daimler-Konzern nach, der seit 1993 in einem Classic-Center in Fellbach Klassiker mit dem Stern auf der Motorhaube repariert und restauriert – Museumsfahrzeuge des Konzerns ebenso wie die Stücke privater Sammler. Fellbach ist der zentrale Anlaufpunkt auch für die Ersatzteilversorgung – und ein Profitcenter des Konzerns: Nach Insiderinformationen hat Mercedes-Benz Classic im abgelaufenen Jahr einen Umsatz von rund 200 Millionen Euro eingefahren.
Den hohen Stellenwert, den die Oldtimer auch für Marketing und Imagepflege des Konzerns haben, belegten im abgelaufenen Jahr auch zahlreiche Großveranstaltungen. So war Mercedes Benz Classic mit über 30 Fahrzeugen der größte Aussteller auf der Oldtimer-Messe Techno Classica in Essen. Gefeiert wurden 120 Jahre Rennsportgeschichte auch mit der Teilnahme am „Festival of Speed“ im britischen Goodwood auch mit einer Armada von 15 legendären Siegerfahrzeugen.
Einige Autobauer haben Nachholbedarf
Andere deutsche Autohersteller hinken da noch etwas hinterher. Porsche Classic haben Sammler automobilen Kulturguts mit ihren Reparatur- und Restaurierungsaufträgen sowie Bestellungen von Originalersatzteilen 2014 immerhin einen Rekordumsatz von rund 100 Millionen Euro beschert. Auch das neue Jahr lässt sich für die Traditionsabteilung des Sportwagenherstellers aus Stuttgart gut an: „Wir sind in unserer Werkstatt bis Ende 2016 komplett ausgebucht“, sagt Alexander Fabig, der Leiter des Kundenzentrums.
Young- und Oldtimer, bei denen sich der Einstieg noch lohnt
Als Roadster war der Sportwagen in den Neunzigerjahren ein Verkaufshit und Filmstar, mit festem Dach und Kombiheck blieb er ein Exot: Vom eigenwillig gestylten Z3 Coupé verkaufte BMW nur 18.000 Exemplare, knapp 7000 davon in der 321 PS starken M-Version. Heute sind gut erhaltene Exemplare des einst als „Turnschuh“ geschmähten Wagens begehrte Sammlerstücke.
Neupreis (1998)*: 48.600 €
Marktwert (2004): 31.200 €
Marktwert (2008): 22.300 €
Marktwert (2012): 20.900 €
Marktwert (2014): 22.500 €
* umgerechnet; ab 2004 Marktwert ohne MwSt, für Fahrzeuge in gutem Zustand, technisch einwandfrei, mit nur leichten Gebrauchsspuren; Quelle: classic-analytics
In diesem Jahr feiert die italienische Sportwagenmarke Maserati ihren 100. Geburtstag. Das elegante, 290 PS starke Mexico-Coupé ist gerade einmal halb so alt und doch schon ein Klassiker. Nur 482 Exemplare dieses Typs baute die heutige Ferrari-Schwestermarke zwischen 1965 und 1973 – die niedrige Stückzahl lässt eine gute Wertentwicklung erwarten.
Neupreis (1965 - 1972)*: 37.488 €
Marktwert (2004): 30.300 €
Marktwert (2008): 35.800 €
Marktwert (2012): 53.500 €
Marktwert (2014): 67.000 €
Bei den Classic Days auf Schloss Dyck war kürzlich ein weißer Bentley S2 Continental mit sportlicher Fastback-Karosserie von Mulliner zu bestaunen – hinreißend schön, mit einem 6,2 Liter großen Achtzylinder unter der Haube. Die hohe Exklusivität (gebaut wurden nur 388 Autos) und die hohe handwerkliche Qualität treiben heute den Preis des Bentley.
Neupreis (1959 - 1962)*: 52.044 €
Marktwert (2004): 80.000 €
Marktwert (2008): 110.000 €
Marktwert (2012):190.000 €
Marktpreis (2014): 350.000 €
Weil die Werkstattkapazitäten in Freiberg nicht mehr reichen, wird Porsche Classic sein Quartier am Neckar 2018 räumen und ins Stammwerk nach Stuttgart-Zuffenhausen umziehen: Im Werk 1, wo Ferdinand Porsche 1950 die ersten Sportwagen montieren ließ, sollen künftig im großen Maßstab historische Fahrzeuge gewartet und restauriert werden.
Spekulationsfieber steigt
„Erst erfreut man sich an den schönen Autos und dem nostalgischen Fahrvergnügen – dann an den Wertzuwächsen“, wirbt Dino Pannhorst, der sich auf den An- und Verkauf hochpreisiger Klassiker spezialisiert hat. In seinen im mediterranen Stil dekorierten Ausstellungshallen am Bahndamm in Gütersloh hat er fast 100 Autos stehen, viele davon mit einem sechsstelligen Preisschild hinter der Windschutzscheibe.
Ein Schwerpunkt der Sammlung sind Fahrzeuge der Marke Porsche. Aber auch alte Autos der Marken Ferrari, Mercedes und Jaguar finden sich in den Hallen, viele davon in Neuwagenzustand, aus 1. Hand und mit Laufleistungen deutlich unter 100.000 Kilometern.
Pannhorst hat im Laufe bei der Suche nach Handelsobjekten ein detektivisches Gespür entwickelt und zusammen mit seinem Vater, der in der Recycling-Branche aktiv ist, ein Netzwerk von Agenten in Japan, Kanada, USA und im Mittleren Osten aufgebaut, um automobile Pretiosen zu finden.
Manche davon haben wenige Wochen nach dem Import und der Aufbereitung durch die Spezialisten von Pannhorst schon wieder einen neuen Besitzer gefunden. Andere Fahrzeuge lässt Pannhorst auch schon mal ganz bewusst eine Weile in seinen Hallen stehen. Es lohnt sich: „Am besten“, sagt er, „würde ich die Autos drei Jahre lang einlagern – und dann mit ordentlichem Gewinn verkaufen.“ Denn nach seiner Einschätzung werden die Preise in den kommenden Jahren „mit Sicherheit“ weiter steigen.
Das Internet verschärft den Wettbewerb
Aus einfachem Grund: Die Zahl der Oldtimer ist endlich – und die Zahl der Kaufinteressenten wächst, vor allem im Mittleren Osten und im asiatischen Raum. Auch in China können sich reiche Menschen inzwischen auch für alte Autos begeistern: In USA und in der Schweiz, heißt es in Branchenkreisen, haben Millionäre aus dem Reich der Mitte Hallen angemietet, um ihre Klassiker zwischenzulagern. Denn das Verbot eines Imports von alten Autos nach China soll erst in diesem Jahr fallen.
Für Händler wie Pannhorst wird es dadurch immer schwieriger, hochwertige Oldtimer zu vernünftigen Preisen aufzutreiben: Sobald ein interessantes, gut erhaltenes Fahrzeug mit klar dokumentierter Historie auf einschlägigen Internet-Börsen angeboten wird, beginnt ein weltumspannender Wettlauf der Interessenten, der die Preise treibt.
So ist der HAGI-Index, der die Entwicklung der weltweiten Verkaufs- und Auktionspreise für hochwertige Oldtimer jenseits von 100.000 Euro abbildet, ist 2014 um fast 16 Prozent gestiegen. Bei Porsche-Fahrzeugen betrug die Wertsteigerung nach Recherchen der Londoner Oldtimer-Experten rund um den ehemaligen ING-Banker Dietrich Hatlapa 32 Prozent, bei Ferrari-Modellen knapp 18 Prozent. Noch deutlicher fällt die Wertsteigerung bei Betrachtung eines längeren Zeitraums aus: Seit 2011 kletterte der Index um sageundschreibe 191 Prozent.
Kein Wunder, dass sich viele Teilnehmer an der Wertschöpfungskette zurück in die automobile Vergangenheit die Hände reiben: Sattler und Reifenhersteller, Sachverständige und Teilelieferanten, aber auch Lackierer und Farbhersteller.
Bei BASF Coatings in Münster beispielsweise hütet Jürgen Book einen Schatz, dessen Wert das Unternehmen erst vor wenigen Jahren erkannte: eine Farbton-Datenbank mit 600.000 Mischformeln der früheren Glasurit-Werke. Beinahe sämtliche Autolackierungen auch längst vergessener Fahrzeughersteller wie Janus lassen sich damit historisch korrekt wiederherstellen – auf Wunsch auch künstlich gealtert. „Den meisten Oldtimer-Besitzern“, weiß Book, „ist die Originalität ein sehr hohes Gut“ – für das man gerne auch schon mal tiefer in die Tasche greift.
Wenigstens 2000 Arbeitsstunden
Wenigstens 2000 Arbeitsstunden veranschlagt Bodo Buschmann für die Komplettrestaurierung eines Mercedes SL Flügeltürers aus den Fünfzigerjahren, der im Einkauf schon knapp eine Million Euro kostet. Für einen kleinen SL, die Mercedes „Pagode“ aus den Sechzigerjahren, kalkulieren seine Experten in Werk 4 rund 1500 Arbeitsstunden, die sich in der Regel über ein Jahr erstrecken. Da der Aufwand bei jedem Auto gleich groß ist („Wir machen keine halben Sachen“), werden beim Verkauf der Oldtimer nach der Restaurierung Einheitspreise aufgerufen. Bei der „Pagode“ liegt der aktuell bei 249.000 Euro.
Oldtimer und ihre Bewertung
Bei der Oldtimerbewertung wird der Wert des Fahrzeugs ermittelt werden, der auch als Grundlage für die Versicherungseinstufung benötigt wird. Sie ist auch Voraussetzung, um ein gültiges Kennzeichen zu erhalten. Für den Kauf und Verkauf historischer Fahrzeuge bietet das Untersuchungsergebnis neben der aktuellen Ankaufsuntersuchung die gebräuchlichste und aussagekräftigste Grundlage.
Während bei einer “normalen” Gebrauchtwagenbewertung in erster Linie Baujahr und Laufleistung von Bedeutung sind, ist bei Oldtimern das entscheidende Kriterium der Pflege- und Erhaltungszustand des Fahrzeugs. Die Fahrzeugbewertung erfolgt in Form von Noten von 1 bis 5, die zuletzt 2007 von Classic Data überarbeitet wurden.
Makelloser Zustand. Keinerlei Mängel an Technik, Optik und Historie. Ein (dokumentiert!) originales Fahrzeug der absoluten Spitzenklasse. Oder ein komplett und perfekt restauriertes Spitzenfahrzeug im Zustand wie neu (oder besser). Sehr selten!
Die Anmerkung "oder besser" ist ein Hinweis auf die Möglichkeiten modernster Restaurierungsmethoden. Duch die heutigen technischen Möglichkeiten (Schweißarbeiten, computergestützte Messtechniken) sowie den veränderten Materialien (Lack, Oberflächenveredelung) und einen umfangreichen Korrosionsschutz kann ein komplett restauriertes Fahrzeug den Zustand der Erstauslieferung übertreffen. Für Originalitätsliebhaber ist dies aber nicht erstrebenswert.
Entweder seltener, unrestaurierter Original-Zustand oder fachgerecht restauriert. Technisch und optisch mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Keine fehlenden oder zusätzlich montierten Teile. Ausnahme: Wenn es die StVZO verlangt.
Leider kommt es gerade bei der Note 2, immer wieder zu Missverständnissen, weil viele Anbieter - teils aus Berechnung und teils aus Unwissenheit - ihrem Wagen eine viel zu gute Note geben, die vermeintlich der Schulnote "gut" entsprechen soll. Klar ist unter Experten aber, dass der "Zustand 2" ein nahezu optimal erhaltenes Fahrzeug charakterisiert.
Gebrauchter Zustand. Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit und verkehrssicher. Keine Durchrostungen. Kein Reparaturstau und keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht schön, aber gebrauchsfähig.
Verbrauchter Zustand, eventuell teilrestauriert. Nur bedingt fahrbereit. Sofortige Arbeiten notwendig zur erfolgreichen Abnahme gem. § 29 StVZO. Leichtere bis mittlere Durchrostungen. Fahrzeug komplett in den Baugruppen aber nicht zwingend unbeschädigt. Einige kleinere Teile können aber fehlen oder defekt sein. Aber: immer noch relativ leicht zu reparieren (bzw. restaurieren).
Nicht fahrbereit Schlecht restauriert bzw. teil- oder komplett zerlegt. Größere Investitionen nötig, da umfangreiche Arbeiten in allen Baugruppen erforderlich, aber grundsätzlich noch restaurierbar. Fehlende Teile, d.h. das Fahrzeug ist nicht zwingend komplett.
Wie auch bei Schulnoten sind "+" und "-" gestattet und üblich. Alle Noten müssen durch Sachverständigen-Gutachten belegt sein, und diese sollten möglichst aktuell sein. Im Zweifelsfall lieber ein neues Gutachten beauftragen bei den bekannten Prüf-Organisationen wie TÜV, Dekra, oder Classic Data.
Die Frage, ob ein Fahrzeug durch einen schweren Defekt (nicht fahrbereit) gleich um mehrere Noten fallen kann, ist umstritten. Im Zweifelsfall ist es besser, die notwendigen Reparaturkosten zu ermitteln, um sie dann vom Kaufpreis abzuziehen. Zugrunde gelegt wird dann der Marktwert ohne den wertmindernden Schaden.
Auf den Wert eines Fahrzeuges hat auch die Art der Restauration einen entscheidenden Einfluß. Je originalgetreuer, desto höher die Chance einer Wertsteigerung. Umfangreiche Recherchen stehen am Anfang, um eine
fachgerechte Wiederherstellung zu garantieren. Eine saubere Dokumentation macht die Arbeiten transparent, die richtige Philosophie (ob in “Concours-Qualität, Wiederherstellung der technischen Funktion oder Modifikationen, um die Sicherheit etwa bei historischen Rennen zu verbessern) beeinflusst die Wertsteigerung.
Entscheidend für die Originalität ist das richtige Fahrgestell. Matching Numbers (gleiche Nummern bei Motor und Chassis) sind bei Rennfahrzeugen weniger wichtig für den Wert als bei Strassen- und Sportwagen, weil bei Rennen und Grand Prix Veranstaltungen der Verschleiß höher war und während einer Saison auch leistungsgesteigerte Aggregate eingesetzt wurden. Wichtig: Dokumentierte Historie und Wartungsunterlagen des Fahrzeugs müssen langjährig und glaubhaft belegt sein.
Der Wert jedes Fahrzeuges wird durch seine Einzigartigkeit und Geschichte jedes einzelnen Automobils geprägt. Das gilt insbesondere für historische Rennwagen, bei denen Teilnahme, Erfolg an bedeutenden Rennen und bekannte Fahrer zählen, die sie bei solchen Veranstaltungen gesteuert haben. Entscheidend bei Vorbesitzern oder prominenten Fahrern für die Wertentwicklung ist die Beziehung zum Fahrzeug im Kontext mit der Geschichte von Markt, Marke und Fahrzeug.
Mit Einheitspreisen arbeitet Uwe Markrutzki, Leiter der Werksrestaurierung von Porsche Classic, noch nicht. Vor einer Restaurierung wird jedes Auto eingehend begutachtet und für jeden Arbeitsschritt eine Kostenschätzung erstellt. Aber auch er macht seinen Kunden keine Illusionen: „Meist fängt es klein an – und läuft dann auf einen sechsstelligen Betrag hinaus.“ Für die Restaurierung allein der Karosserie eines Ur-Elfer (1963–1973)fallen rund 700 Arbeitsstunden an – zu je 105 bis 125 Euro pro Stunde. Die Teile, die erneuert werden müssen, kosten natürlich extra.
Ein Archiv hilft ungemein
Und oft zieht sich ein Projekt wesentlich länger hin als geplant. Wie bei dem Porsche 356 Speedster aus den Fünfzigerjahren, der die Restaurateure wohl noch einige Wochen beschäftigen wird. Auf den ersten Blick sieht das Auto aus der Schweiz ganz gut aus. Doch nach der kompletten Entlackung der Karosserie im Laugenbad zeigt sich, wie sehr der Zahn der Zeit an diesem Auto schon genagt hat – und wie bei früheren Restaurierungen geflickt und gepfuscht wurde. Ein Türblatt ist so marode, dass es neu eingeschweißt werden muss. Die Türschwellen sind morsch, die Mulden für die Rücksitze müssen auch erneuert werden. „Die Autos wurden damals nicht für die Ewigkeit gebaut“, sagt Markrutzki.
Doch fast alles lässt sich heute retten. Porsche verfügt über ein Archiv mit sämtlichen Konstruktionszeichnungen. Bestehen Zweifel an der Originalität eines Teils oder der Konstruktion, kann man hier nachrecherchieren.
Und viele alte Teile aus der Frühzeit der Marke sind inzwischen wieder in Originalqualität und auch klassischer Optik verfügbar – das Wappen etwa für den Kofferraumdeckel oder der „Purolator“ (Ölfilter) in Porsche-Rot. Mehr als 52.000 Positionen zählt das Ersatzteil-Sortiment von Porsche Classic inzwischen. Und jedes Jahr kommen gut 300 neu hinzu.
„Die Originalität der Fahrzeuge bis zur letzten Schraube ist für viele Kunden inzwischen sehr wichtig“, sagt Zentrumsleiter Fabig. Vor zehn Jahren seien alte Teile einfach gegen neue, gerne auch bessere Teile ausgetauscht worden. Heute versuche man, möglichst viel vom Original zu erhalten oder – ist das nicht mehr möglich – gegen Teile auszutauschen, die dem Original möglichst nahekommen. Dafür werden dann auch schon mal alte Zuliefererbetriebe reaktiviert oder alte Werkzeugmaschinen aus einem Museum zurück ins Werk geholt.
Von Jägern und Sammlern
Vor allem aber die handwerklichen Leistungen treiben die Kosten einer Restaurierung. Stahlbleche werden in der Werkstatt noch immer nach Altväter-Manier getrieben und gedengelt, bis es sitzt und passt. Stunden gehen anschließend dabei drauf, das Blech per Hand zu glätten.
Jener Targa-Besitzer in Hennef, der zum Schutz vor „Jägern und Sammlern“ nicht namentlich genannt sein will, kann noch heute alle Arbeiten, die in Freiberg an seinem Auto gemacht wurden, Schritt für Schritt nachvollziehen: Zusammen mit der Abschlussrechnung erhielt er seinerzeit ein ledergebundenes „Restaurierungsbuch“, in dem alle Arbeiten in Wort und Bild dokumentiert wurden. Darin zu blättern bereitet dem Unternehmer genauso viel Vergnügen wie eine Umrundung des eingemotteten Prachtstücks in der Garage.
Aber wenn man den Wagen nicht mehr selbst steuern kann – vielleicht sollte man da an einen Verkauf denken? Auf den Vorschlag reagiert der Besitzer barsch: „Sie verabschieden sich jetzt besser!“