Steigende Oldtimer-Preise Das goldene Geschäft mit den Veteranen

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Eine Hemmschwelle ist gefallen

Bastler gibt es immer noch reichlich, und die intensive Beschäftigung mit der Technik alter Autos hat nichts von ihrem Reiz verloren. Aber heute kann man Oldtimer auch besitzen und bewegen, wenn man zwei linke Hände hat: Die Arbeiten an den Autos übernehmen gerne Profis.

„Mit der Professionalisierung der Dienstleistungen rund um die Oldtimer ist eine große Hemmschwelle gefallen“, sagt Martin Halder, der Vorstandsvorsitzende der Berliner Meilenwerk AG, der die Szene seit vielen Jahren beobachtet und in seinen Zentren Sammler und Händler, Handwerker und Gutachter zusammenbringt. Befördert wird das Geschäft mit den alten Autos zudem durch die Finanzmärkte: Seit in der Niedrigzinsphase die Banken den Besitz von Bargeld fast schon bestrafen, entdecken viele Vermögende Oldtimer als Sachanlage mit hohem Wertsteigerungspotenzial – und Autohersteller, -zulieferer und viele andere Spezialisten eine Möglichkeit, an diesem boomenden Geschäft kräftig mitzuverdienen.

Die Highlights der Oldtimer-Auktion
Mercedes 500 K Roadster von 1934Gehörte einst dem Berliner Rechtsanwalt Alfons Sack, der zu Geld und zweifelhaftem Ruhm kam, indem er Joseph Goebbels und andere bekannte Nationalsozialisten unter anderem im Reichswehrprozess von 1939 verteidigte. In den 70er Jahren war das Auto in Posen wiederaufgetaucht und später dann in Schweden aufwändig restauriert worden. Bonhams hatte den Wert des Fahrzeugs auf 3,5 Millionen Euro geschätzt – am Samstag ging der Wagen für 3,1 Millionen Euro weg. Quelle: Bonhams
Mercedes-Benz 540 K Cabriolet von 1936Gerade einmal 97 Exemplare des Typs hatte Mercedes in jenem Jahr produziert. Eines davon kaufte ein Nachtclub-Besitzer aus Paris blieb bis 2010 in der Hand des Erstbesitzers und wurde 2007 umfangreich restauriert. Für einen Betrag von 2,242 Millionen Euro fand der Wagen nun einen neuen Besitzer. Quelle: Simon Clay
Mercedes 300 SL FlügeltürerMit diesem Wagen erkundeten Sterling Moss und Denis Jenkinson 1954 die Streckenführung der Mille Miglia. 1,85 Millionen Euro bot ein Sammler in Stuttgart für den Wagen – zu wenig für den aktuellen Besitzer, einen Amateur-Rennfahrer aus Großbritannien, der sich deutlich mehr erhofft hatte. Quelle: Bonhams
Mercedes C-Klasse von 2005Mit diesem Fahrzeug schrieb die Mercedes-Benz Rennsportgeschichte: Mika Hakkinen nahm damit an der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft teil und gewann beim Rennen im belgischen Spa. Ein in Großbritannien lebender Motorsportenthusiast aus den USA, sicherte sich das Fahrzeug mit einem Gebot über 460.000 Euro. Quelle: Bonhams
Mercedes 560 SLDeutlich über dem Schätzpreis landete das Mercedes-Cabriolet, das der Schauspieler und Oscar-Preis-Gewinner Sean Penn 1987 seiner Frau Madonna Ciconne zur Hochzeit schenkte. Die Beziehung der weltbekannten Sängerin mit dem schwarzen 560 SL hielt allerdings länger als mit ihrem Mann Jean Penn: Während die ehe schon nach wenigen Monaten annuliert wurde, gab sie den Wagen erst 1996 aus der Hand. Mit einem Tachometerstand von 82.000 Kilometern wurde das Cabriolet jetzt für knapp 70.000 Euro an einen Sammler versteigert. Ähnliche Fahrzeuge – allerdings ohne prominente Vorbesitzer – werden im Internet schon zu Preisen um die 30.000 Euro gehandelt. Quelle: Bonhams
Unimog der Luftwaffe von 1963Dieser Wagen sorgte für ein heftiges Bietergefecht. Geschätzt auf eine Summe zwischen 40.000 und 50.000 Euro, fiel der Hammer schließlich bei einem Gebot von 82.800 Euro. Quelle: Bonhams

„Früher waren die Autohersteller mehr an der Zukunft denn an der Vergangenheit interessiert“, erzählt Thomas Frank, Leiter von Audi Tradition. Kurz nach dem Modellwechsel wurde die Fertigung von Ersatzteilen eingestellt, die Werkzeuge landeten im Müll. Heute werden sie mit großem technischem wie finanziellem Aufwand nachgefertigt, um die wachsende Nachfrage von Sammlern etwa nach originalgetreuen Sitzbezügen für einen Sportquattro aus den Achtzigerjahren bedienen zu können.

Die Hersteller verdienen prächtig an ihren Klassik-Abteilungen

Daher denkt man auch bei Mercedes-Benz, BMW, Audi und Volkswagen Nutzfahrzeuge – wo seit 2012 mehr als ein Dutzend alte „Bullis“ auch im Kundenauftrag restauriert wurden – daran, die Geschäfte mit der Traditionspflege auszubauen, Werkstattkapazitäten zu erweitern, Kompetenzzentren aufzubauen oder den Handel mit Ersatzteilen für historische Fahrzeuge weiter auszubauen. So überlegt die VW-Tochter Bugatti, nun ebenfalls für Altfahrzeuge Ersatzteile anzubieten und eine Klassik-Abteilung aufzubauen.

Andere sind da schon längst weiter: Brabus in Bottrop, Spezialist für das Tuning von Mercedes-Fahrzeugen, baut sein Geschäft mit Classic Cars massiv aus und hat dafür kürzlich für 3,5 Millionen Euro ein neues Werk errichtet, in dem Autos aus der Wirtschaftswunderzeit penibel in Neuwagenzustand zurückversetzt werden.

von Franz W. Rother, Thorsten Firlus, Claudia Tödtmann

Brabus-Lenker Bodo Buschmann hat dafür in den zurückliegenden zwei Jahren mehr als 100 sogenannte Youngtimer (mit einem Alter von wenigstens 20 Jahren) und Oldtimer (jenseits der 30) in aller Welt aufkaufen und einlagern lassen. Sobald sich ein Käufer gefunden hat, machen sich seine Karosseriebauer, Sattler und Mechaniker an eine Komplettrestaurierung der Fahrzeuge, bei der keine Schraube unberührt bleibt.

Oldtimer sind wichtig für das Marketing

Brabus eifert hier dem Daimler-Konzern nach, der seit 1993 in einem Classic-Center in Fellbach Klassiker mit dem Stern auf der Motorhaube repariert und restauriert – Museumsfahrzeuge des Konzerns ebenso wie die Stücke privater Sammler. Fellbach ist der zentrale Anlaufpunkt auch für die Ersatzteilversorgung – und ein Profitcenter des Konzerns: Nach Insiderinformationen hat Mercedes-Benz Classic im abgelaufenen Jahr einen Umsatz von rund 200 Millionen Euro eingefahren.

Den hohen Stellenwert, den die Oldtimer auch für Marketing und Imagepflege des Konzerns haben, belegten im abgelaufenen Jahr auch zahlreiche Großveranstaltungen. So war Mercedes Benz Classic mit über 30 Fahrzeugen der größte Aussteller auf der Oldtimer-Messe Techno Classica in Essen. Gefeiert wurden 120 Jahre Rennsportgeschichte auch mit der Teilnahme am „Festival of Speed“ im britischen Goodwood auch mit einer Armada von 15 legendären Siegerfahrzeugen.

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