Stiftungen in Liechtenstein Erinnerungslücken bei Robert Tönnies

Vor drei Wochen durchsuchte die Steuerfahndung den Fleischriesen Tönnies. Eine Spur nach Liechtenstein wird immer mysteriöser.

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Website der Fiduciana Verwaltungsanstalt Quelle: Screenshot

Die Auseinandersetzungen um die Tönnies-Stiftungen in Liechtenstein werden immer grotesker. Wer wusste was und seit wann? Während die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen Firmenchef Clemens Tönnies, 56, wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt, ist sein Neffe Robert Tönnies, 34, bisher nicht ins Visier der Fahnder geraten. Wie die WirtschaftsWoche aus Ermittlerkreisen erfuhr, gingen die Steuerfahnder offenbar davon aus, dass Robert Tönnies erst vor wenigen Monaten von der Existenz der Stiftungen erfahren habe. Laut Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen unterzeichnete Robert Tönnies aber bereits am 27.12.2003 ein Schreiben an die Fiduciana Verwaltungsanstalt, einer Liechtensteiner Gesellschaft um den Treuhänder Egon Kaiser.

Die Fiduciana mit Sitz in Balzers verwaltete seinerzeit die Tönnies-Stiftungen mit den Namen Gafluna und Overseas. In dem Schreiben von 2003 wird festgelegt, dass die Gelder aus einem Firmenverkauf zu 60 Prozent an Overseas und zu 40 Prozent an Gafluna aufgeteilt werden. Beide Stiftungen waren Ende der Achtzigerjahre von Bernd Tönnies, dem Vater von Robert Tönnies, gegründet worden. Nach dem Tod von Bernd Tönnies fiel Overseas an Bernds Söhne, Gafluna ging an Bernds Bruder Clemens.

Robert Tönnies Quelle: Presse

Clemens Tönnies erstattete am 25. Mai dieses Jahres Selbstanzeige beim Finanzamt. Einen Tag später reichte auch Robert Tönnies eine Nachmeldung ein, mit der er seine bisherigen Steuererklärungen berichtigte und Einnahmen aus Liechtenstein nachmeldete. Robert Tönnies‘ Sprecher erklärt dazu: „Die Steuererklärungen waren unvollständig, weil Robert Tönnies und seine Mutter erst wenige Tage zuvor durch den von Ihnen aufgespürten Treuhänder Egon Kaiser von den Stiftungserträgen erfahren hatten. Paragraph 153 der Abgabenordnung verpflichtet in diesem Fall den Steuerpflichtigen zur unverzüglichen Berichtigung seiner Steuererklärung. Anderenfalls macht sich der Steuerpflichtige einer Steuerhinterziehung schuldig. Robert Tönnies hatte daher gar keine andere Wahl, als umgehend zu handeln.“

Seit einem Jahr zerfleischen sich in Deutschlands größtem Schlachtkonzern Tönnies die Familiengesellschafter. Dabei spielt offenbar auch ein Steuerfahnder eine zwielichtige Rolle.
von Florian Zerfaß, Mario Brück

Wieso mussten Robert Tönnies und seine Mutter den Treuhänder Egon Kaiser ausfindig machen? Und warum war ihnen die Existenz der Stiftungen nicht bekannt? Schließlich hatte Robert gemeinsam mit dem damaligen Testamentsvollstrecker Josef Schnusenberg gut acht Jahre zuvor ein Schreiben an die Liechtensteiner Treuhandgesellschaft Fiduciana unterschrieben. Dazu erklärt Roberts Sprecher auf weitere Nachfragen der WirtschaftsWoche: "Frau Evelin Tönnies, Mutter von Robert Tönnies, ist per Zufall auf eine von ihr vor vielen Jahren verfasste, nur aus wenigen Worten bestehende handschriftliche Notiz gestoßen, auf der der Name „Kaiser“ und die Ortsangabe „Balzers“ vermerkt waren.“

Evelin Tönnies könne sich zwar an ein Treffen mit Egon Kaiser in Rheda-Wiedenbrück erinnern, sei jedoch von Schnusenberg und ihrem Schwager Clemens Tönnies „geschickt von der Teilnahme an dieser Besprechung“ abgehalten worden.

Das nun aufgetauchte Schreiben an den Treuhänder habe Robert unterschrieben, „ohne sich freilich daran zu erinnern“, so sein Sprecher. Schnusenberg habe damals noch das uneingeschränkte Vertrauen von Robert Tönnies genossen. „Durch sein Gebaren, Robert Tönnies und seinem Bruder stets kurzfristig Unterlagen und Papiere zur Unterschrift vorzulegen, hat er diese außer Stande gesetzt, im Einzelnen zu prüfen und nachzufragen, um was es jeweils ging. So offenbar auch hier – sollten die Unterschriften echt sein, was derzeit noch geprüft wird.“

Josef Schnusenberg war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch ein Sprecher von Clemens Tönnies wollte sich nicht äußern.

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