
Irgendwann ging McDonalds die Pommes Frites aus. Die japanischen Manager der Fast Food-Kette sahen keinen anderen Weg mehr, als die Portionen streng zu rationieren. Nur noch kleine Tüten durften die Mitarbeiter an die Kunden verkaufen, mittlere und große Portionen wurden von den Menüs gestrichen. Denn der Nachschub aus den USA erreichte den Inselstaat nicht schnell genug.
Doch das gilt nicht nur für McDonalds: Auch die Konkurrenten von Kentucky Fried Chicken mussten vor wenigen Wochen melden, dass ihnen in Japan die Pommes Frites ausgehen.
Der Grund für die japanische Pommes-Panne liegt über 8800 Kilometern entfernt, an den 29 Häfen zwischen Los Angeles und Long Beach bis hoch nach Seattle. Seit über einem halben Jahr streiten sich dort Hafenarbeiter und ihre Arbeitgeber um einen neuen Tarifvertrag. Seit Anfang des Jahres spitzt sich die Lage zu.





Die Gewerkschaft ILWU führt einen Bummelstreik, um Druck auf den Arbeitgeberverband der Reedereien und Hafenbetreiber, die Pacific Maritime Association (PMA), auszuüben. An Wochenenden und Feiertagen arbeiten die Hafenarbeiter nicht mehr, aber auch durch die Woche fehlen wichtige Fachkräfte, die die Containerkräne bedienen können.
Vor der Küste von Los Angeles stauen sich deshalb seit mehreren Wochen die Containerschiffe. Tagelang warten die Ozeanriesen darauf, ihre Ladung loszuwerden. Alleine am Dienstag lagen 33 Container vor Los Angeles und Long Beach vor Anker, den beiden wichtigsten Häfen der USA.
Mittlerweile kostet der Bummelstreik der Hafenarbeiter die Wirtschaft in den USA, in Asien und auch in Europa Milliarden. Farmer bleiben auf ihrem Obst sitzen, Modeketten warten auf ihre Frühjahrskollektionen, und große Autohersteller müssen ihre Produktionen runterfahren weil ihre Ersatzteile auf See vor Anker liegen.
Darum dreht sich der Streit an den Westküstenhäfen
Die Gewerkschaft International Longshore and Warehouse Union (ILWU) und der Arbeitgeberverband Pacific Martitime Association (PMA) verhandeln bereits seit über neun Monaten: Der Tarifvertrag zwischen den beiden Parteien lief bereits im Juni aus. Seitdem konnten die beiden Seiten keine Einigung erzielen, und der Streit spitzt sich weiter zu. Zuletzt drohte die Gewerkschaft mit einem vollständigen Stillstand der 29 betroffenen Häfen. Die US-Regierung hat nun einen Vermittler entsendet.
Immer größere Container-Schiffe steuern auf die Häfen zwischen Seattle und Los Angeles zu, doch den Häfen fehlt das nötige Equipment. Um Frachtschiffe mit 12.000 oder gar 19.000 Containern abfertigen zu können, will die PMA die Häfen auf den neusten Stand der Technik bringen. Das würde allerdings die Anzahl der Stellen verringern. Außerdem will die PMA den Einfluss der Gewerkschaft ILWU schmälern, die für US-Verhältnisse ungewöhnlich stark ist.
Um Geld geht es den Gewerkschaftlern in erster Linie nicht - obwohl sie jährlich drei Prozent mehr Gehalt fordern. Aber mit Stundenlöhnen von bis zu 50 Dollar (44 Euro) zählen die Hafenarbeiter an der US-Westküste eigentlich zu den Königen der Arbeiterklasse. Viel mehr geht es bei dem Streik um die von den Reedereien und Hafenbetreibern angestrebte Modernisierung: Denn dadurch könnten bis zu 600 Jobs wegfallen. Außerdem fordert die Gewerkschaft mehr Fortbildung für die Hafenarbeiter.
Beide Seiten streiten sich über die Ursache für die extremen Wartezeiten bei der Abfertigung der Schiffe. Der Arbeitnehmerverband PMA wirft der Gewerkschaft vor, zu wenig Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Vor allem an geschulten Arbeitskräften, die für die gigantischen Container-Kräne benötigt werden, mangele es. Die Gewerkschaft wiederrum wirft dem Arbeitgeberverband vor, die Arbeiter nicht mit dem nötigen Equipment auszurüsten. Gleichzeitig kommt es auch bei der Anbindung ins Hinterland, über die Lkws die am Hafen ankommenden Container abtransportieren, immer wieder zu Staus.
Insgesamt sind 29 Häfen zwischen Seattle und Long Beach von dem Disput betroffen. Zusammen bearbeiten diese Häfen fast 50 Prozent der Seefracht der USA, und mehr als 70 Prozent der Importe aus Asien. Vor allem Los Angeles und Long Beach spielen dabei als die zwei größten US-Häfen eine Schlüsselrolle: Sie sind das Tor zum wirtschaftsstarken Kalifornien und dem Hauptanbaugebiet der USA, dem "Corn Belt". Von diesen Häfen ausgehend unterliegt die Wirtschaft in den USA und in Asien einem Domino-Effekt: Produktionsketten brechen zusammen, weil die benötigten Teile nicht in die USA gelangen. Exporteure wie zum Beispiel Landwirte bleiben auf ihren Produkten sitzen, weil Sie sie nicht kosteneffizient versenden können.
Damit wirft der Bummelstreik ein neues Licht darauf, wie verwoben Produktionsketten weltweit heute sind – und wie unflexibel Unternehmen sein können, wenn ein Teil der für sie wichtigen Infrastruktur wegbricht.
So wie die japanischen McDonalds-Filialen: Wegen der Fritten-Flaute verzeichnete die Fast Food-Kette in Japan im Dezember rund 14 Prozent weniger Kunden. Der Umsatz ging um 21 Prozent zurück. Alles nur, weil die amerikanischen Zulieferer ihre Kartoffeln nicht auf See schicken konnten.
Selbst der Einzelhandel beschwert sich: Der Jeanshersteller Levi fürchtet, dass seine Frühjahrskollektion nicht rechtzeitig in den Regalen liegt. Und die Sportmarke Lululemon steht vor einer Yogahosen-Krise: Weil die populären, hautengen Sporthosen nicht rechtzeitig in den Regalen lagen, sei ein Schaden von 10 Millionen Dollar entstanden.