
Der Mann, der die Bio-Branche gerade in Atem hält, gibt sich gelassen: Von Streit um die Marke Alnatura will Götz Rehn, der Chef und Gründer der Bio-Marke, nicht wissen. Viel lieber parliert der anthroposophisch geprägte Unternehmer in der Unternehmenszentrale im hessischen Bickenbach dieser Tage über die schönen Dinge des Lebens: frischen Babyspinat mit Parmesan zum Beispiel oder Hühnerbrüstchen samt Wok-Gemüse, die sich der Alnatura-Chef aus hauseigenen Zutaten just am Wochenende gebrutzelt hat.
Und die Klage seines Schwagers Götz Werner, Gründer der Drogeriekette dm, der Ansprüche auf die Markenrechte an Alnatura erhebt? „Ach, da wird viel geschrieben“, sagt Rehn im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Auseinandersetzungen zwischen Geschäftspartnern gehörten schließlich zum Leben als Unternehmer dazu. Inzwischen hat die „Lebensmittelzeitung“ berichtet, dass neben Werner auch Wolfgang Gutberlet, Gründer der Lebensmittelkette Tegut, klagt. Höchste Zeit also, etwas mehr über den Großkonflikt in der Bio-Branche und die Folgen für Alnatura zu erfahren.
Nettoumsatz von Alnatura
185 Millionen Euro
Quelle: Unternehmensangaben Alnatura / Statista
304 Millionen Euro
361 Millionen Euro
399 Millionen Euro
464 Millionen Euro
516 Millionen Euro
593 Millionen Euro
689 Millionen Euro
760 Millionen Euro
WirtschaftsWoche Online: Herr Rehn, Sie haben gerade reichlich Ärger mit der Drogeriemarktkette dm...
Götz Rehn: ...das ist mir zu provokant formuliert. Wir befinden uns in einer Umbruchphase und stehen vor großen Herausforderungen.
Wie bitte? Die Drogeriekette hat reihenweise Alnatura-Produkte ausgelistet. dm-Gründer Götz Werner, der zugleich ihr Schwager ist, macht Ihnen die Markenrechte an Alnatura streitig und sein Konzern will bei der Auswahl ihrer Vertriebspartner mitbestimmen. Das soll kein Ärger sein?
dm hat einen Strategiewechsel bei der Sortimentsgestaltung vorgenommen, bei der rund die Hälfte der Alnatura-Produkte ausgelistet wurde. Das ist natürlich unerfreulich aber wir sind ständig mit Veränderungen konfrontiert. Meine Aufgabe als Unternehmer besteht darin, schnell und gut darauf zu reagieren und Ersatz zu finden.
Zur Person
Götz Rehn, 65, hat Alnatura 1984 gegründet und verkauft unter der Biomarke heute gut 1250 Lebensmittel. 2014/15 setzte Alnatura rund 760 Millionen Euro um.
Wird dm weitere Alnatura-Artikel aus den Regalen nehmen?
Das wissen wir noch nicht. Die Entscheidung liegt bei dm, wir listen uns ja nicht selbst aus. Wenn bei dm Interesse besteht, werden wir weiter zusammen arbeiten.
Trotz der Gerichtsprozesse?
Ach, da wird viel geschrieben. Richtig daran ist, dass es eine Klage gegen uns gab, die ist in erster Instanz abgewiesen wurde. Jetzt müssen wir abwarten, was passiert. Aber rechtliche Auseinandersetzungen finden auch zwischen anderen Unternehmen statt. Interessanter ist für uns die Frage: Wie geht's jetzt weiter?
Ihre Antwort haben Sie vor wenigen Wochen gegeben. Sie verkaufen Alnatura-Produkte jetzt auch bei Edeka, Deutschlands größtem Lebensmittelhändler. Sind Sie mit der Kooperation zufrieden?
Ich bin nie zufrieden, ein Unternehmer darf nie zufrieden sein. Was in den vergangenen Wochen entstanden ist, ist beeindruckend und ich bin auch sehr dankbar dafür. Alnatura ist mittlerweile in mehr als 3000 Edeka-Läden vertreten, das war ein großer Kraftakt. Aber das reicht noch nicht, um die Umsatzeinbußen zu kompensieren. Es gibt einzelne Edeka-Händler, die ein breites Alnatura-Sortiment führen und bei denen sich die Umsätze sehr gut entwickeln. Bei anderen muss erst Platz für unsere Marke geschaffen werden, was etwas dauert. Aber es kommen fast jeden Tag neue Kaufleute dazu. Und wir kooperieren nicht nur mit Edeka, sondern auch mit Händlern wie Budni, der Kieler Coop, Tegut, Hit und Globus. In der Schweiz arbeiten wir mit der Migros und in Österreich mit Merkur, Billa und MPreis zusammen.