
Wer wissen will, wie der E-Commerce in Deutschland tickt, der braucht im Grunde nur eine Zahl: 46 Prozent. So hoch ist der Marktanteil, den die Plattform Amazon im vergangenen Jahr am deutschen E-Commerce hatte.
Das heißt im Umkehrschluss, dass für alle anderen Händler nur noch rund die Hälfte des Gesamtumsatzes von 48,9 Milliarden Euro übrig blieb, wie eine aktuelle Studie des Handelsverbands HDE zeigt.
Und die Dominanz von Amazon wächst dramatisch. So war der US-Konzern für den ganz überwiegenden Teil des Umsatzzuwachses in Höhe von 4,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr verantwortlich. Der Umsatz von Amazon selbst legte um 1,1 Milliarden Euro zu und der Umsatz von Händlern auf dem Amazon Marketplace um 2,1 Milliarden Euro.
Dass Amazon den Onlinehandel so dominiert, liegt nicht nur an dem riesigen Angebot der Plattform. Es hat auch einen anderen wesentlichen Grund: Nur wenige Händler schaffen es, so viele Kunden mit einem durchgehend guten Service zu begeistern.
Das zeigt auch erneut die Studie „Beste Händler 2018“, die das Institut Service Value im Auftrag des Handelsblatts erstellt hat. Bereits zum dritten Mal kürten die Kunden Deutschlands beliebteste Händler.
Und zum dritten Mal in Folge räumt der US-Riese Amazon den Titel als bester Onlinehändler ab. Beurteilt wurden dieses Mal 597 stationäre Händler und 954 Webshops in 97 verschiedenen Branchen von Angelshops bis Werkzeugversender.
Was dabei besonders beachtlich ist: Amazon startete in der Kategorie Generalisten, muss es also allen Kunden recht machen, statt sich auf die Wünsche einer kleinen Zielgruppe fokussieren zu können.
Unter den Generalisten wurde Amazon von 33,3 Prozent der Befragten als bester Händler bezeichnet. Damit verwies der Händler starke Konkurrenten wie Ebay (9,4 Prozent) und Otto (6,8 Prozent) mehr als deutlich auf die Plätze.
„Der Bedarfskauf landet heute fast ausschließlich bei Amazon“, beobachtet auch Kai Hudetz, Handelsexperte und Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IFH. Viele Konsumenten nutzen heute bei der Recherche nach Produkten gar nicht mehr Google, sondern gehen direkt in die Suchmaske von Amazon.
Doch heißt das, dass alle anderen – und speziell die traditionellen stationären Händler – den Kampf gegen Amazon aufgeben können? Ist der übermächtig scheinende Onlineriese unverwundbar?
Viele Händler beweisen täglich das Gegenteil. Sind doch die technischen Systeme für einen guten Onlineshop heute preiswert und einfach für jeden verfügbar. „Es gibt heute kaum noch schlechte Shops. Wir reden über Nuancen von sehr gut“, so Handelsexperte Hudetz. Entscheidend seien die Details.
Und die scheinen gerade die klassischen Händler gut zu beherrschen. So sind nach den Zahlen des HDE im E-Commerce 2017 ausgerechnet die Unternehmen am stärksten gewachsen, die ihre Wurzeln im stationären Geschäft haben. Sie legten um 12,8 Prozent zu. Reine Internethändler verbuchten nur ein Wachstum von 10,8 Prozent.
Entscheidend sind die Kundenbindung und eine starke Marke, der die Verbraucher vertrauen. In der Kundenumfrage „Beste Händler 2018“ zeigt sich deshalb, dass in den Top Ten der stationären Händler und der Onlineshops häufig die gleichen Unternehmen auftauchen.
Sehr intensiv um die Kundenbindung kümmert sich etwa die Buchhandelskette Thalia. So liegen in den Buchhandlungen beispielsweise persönliche Buchrezensionen der Thalia-Mitarbeiter als Tipps für die Kunden aus.
Belohnt wird solche Liebe zum Detail mit einem zehnten Platz beim stationären Geschäft und sogar einem fünften im Onlinehandel. Ähnlich ist es bei der Parfümerie Douglas mit einem siebten und einem neunten Platz.
Ganz vorne in der Rangliste der besten stationären Händler liegen die beiden Drogerieketten dm und Rossmann. In einem engen Zweikampf um die Vorherrschaft in der Branche überbieten sie sich geradezu in Serviceleistungen für die Kunden. Das färbt auch auf den E-Commerce ab. Bei den Onlinehändlern liegen sie in der Gunst der Kunden auf Platz vier und sechs.
Wie sehr ein enger Zweikampf um den Kunden die Qualität aus Sicht der Verbraucher heben kann, zeigen auch die beiden Lebensmittelhändler Edeka und Rewe. Sie haben beide intensiv ins Angebot und die Geschäfte investiert. Edeka hat es damit nicht nur zum ersten Mal in die Top Ten, sondern sogar gleich auf Platz vier geschafft. Rewe hat sich immerhin von Platz neun auf Platz fünf verbessert.
Nur ins Netz können sie diesen Erfolg noch nicht übertragen. Da hat ihnen der reine Onlineversender Allyouneedfresh den Schneid abgekauft. Mit ganz viel Liebe zum Detail.