Supermarktkette Real Verdi bangt um Einfluss im Handel

Die Pläne 87 Filialen zu verkaufen, führen zu Sorgen der Gewerkschaft Verdi um ihren Einfluss im Handel. Das Bundeskartellamt hat noch nicht über den Antrag entschieden. Quelle: dpa

Die Gewerkschaft Verdi befürchtet durch den geplanten Verkauf von 87 Real-Märkten an den Hamburger Wettbewerber Edeka langfristig einen erheblichen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen im Einzelhandel und sieht „die Substanz“ und „die Wettbewerbsfähigkeit“ ihres Fachbereichs Handel bedroht.

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„Wir sind keine Restposten bei Real“, hat die Gewerkschaft Verdi ihr jüngstes Infoblatt an die Mitarbeiter der Supermarktkette überschrieben. Die Botschaft ist klar: Verdi macht mobil gegen den geplanten Verkauf von 87 Real-Märkten an den Hamburger Wettbewerber Edeka. Schließlich, so heißt es in dem Flyer, stünden die Interessen der Beschäftigten „für Verdi ganz oben“.

Tatsächlich verfolgt die Gewerkschaft bei ihrem Real-Einsatz aber auch handfeste eigene Ziele. Das geht aus einem Beiladungsantrag hervor, den Verdis Anwälte der Kanzlei SGP SchneiderGeiwitz beim Bundeskartellamt eingereicht haben. Die Behörde prüft derzeit den Verkauf an Edeka. Verdi will an dem Prozess beteiligt werden, denn der Deal würde nicht nur Arbeitnehmerinteressen berühren, sondern auch „die unmittelbaren wettbewerblichen Interessen von Verdi Handel“, heißt es in dem Schreiben, das der WirtschaftsWoche vorliegt.

Eine Verdi-Sprecherin bestätigte, dass ein Beiladungsantrag gestellt wurde, verweist aber darauf, dass es zentrales Anliegen bleibe „die Belange der 34.000 Beschäftigten von Real umfassend zu vertreten“.

In dem Antrag selbst Verdi klingen indes auch andere Motive an. Die Gewerkschaft sei durch die geplante Standortübernahme demnach „direkt in ihren Marktstrukturinteressen“ betroffen und sieht bei einer Freigabe durch das Bundeskartellamt „die Substanz“ und „die Wettbewerbsfähigkeit“ ihres kompletten Fachbereichs Handel bedroht. Denn nur in Filial- und Regiebetrieben habe Verdi „die Möglichkeit zur Akquisition von Mitgliedern und damit die Durchsetzungskraft zum Abschluss von entsprechenden Tarifverträgen“, argumentiert die Gewerkschaft. „Bei den über selbständige Kaufleute organisierten Betrieben von Edeka besteht diese Möglichkeit nicht bzw. in deutlich geringerem Ausmaß“. So gebe es bei 95 Prozent der selbständigem Edeka-Kaufleute keine Betriebsräte. Übernehmen die Kaufleute nun bei Real das Kommando, würden dort bisher bestehende Betriebsratsstrukturen wegbrechen – und damit „Zugriffspunkte“ für die Gewerkschaft, „was in der Konsequenz dazu führt, dass der Fachbereich Handel von Verdi in erheblichem Umfang Mitglieder verlieren könnte.“ Real-Mitarbeiter machen demnach regional teils 20 Prozent aller von Verdi vertretenen Mitarbeiter im Handel aus.

Zudem sorgt sich Verdi offenbar vor einem Erstarken der Konkurrenz-Gewerkschaft DHV. Im Rahmen der Tarifverhandlungen bei Real hätten Führungskräfte bei den Beschäftigten für einen Beitritt zur DHV geworben, „mit dem eindeutigen Ziel die Gewerkschaft Verdi zu schwächen“, wird in dem Antrag behauptet. Beim Verkauf von Betrieben an Edeka-Kaufleute und der damit zu erwartenden Gefährdung von Betriebsräten „wäre diesem Vorgehen Tür und Tor geöffnet“.

Das Bundeskartellamt hat über den Antrag bislang nicht entschieden. „Bei Verdi muss die Not schon groß sein, wenn sie jetzt auf ihre eigene Konkurrenzfähigkeit zu verweisen“, heißt es im Umfeld der beteiligten Unternehmen.

Eine Verdi-Sprecherin verweist darauf, dass Gewerkschaften bei der Fusionskontrolle nicht automatisch berücksichtigt werden. „Als Verdi haben wir uns deshalb dafür entschieden, in der Logik des Kartellrechtsverfahrens auch die Marktinteressen von Verdi Handel selbst anzuführen, um uns und den Interessen der Beschäftigten bei Real im Kartellrechtsverfahren Gehör zu verschaffen“, teilt die Sprecherin mit.

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