
Beim Kaminabend der Weltmarktführer am Bodensee ist Antje von Dewitz die Einzige in Jeans und festem Schuhwerk unter wenigen Damen und vielen Herren in korrektem Anzug. Geschäftsführer und Unternehmer aus der Bodenseeregion trafen sich dort zur Auftaktveranstaltung des Treffens der Weltmarktführer im wunderbaren Dornier-Museum gleich neben dem Flughafen Friedrichshafen.
Von Dewitz darf das, anders sein. Sie vertritt ein erfolgreiches Outdoor-Unternehmen aus dem wenig entfernten Weiler Obereisenbach (463 Einwohner). Gemeinsam mit ihrem Vater Albrecht sitzt sie auf der kleinen Bühne in der Ausstellungshalle, in der der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller alter Flugzeuge hängt.
Die beiden Dewitze berichten über ihren Einsatz für eine nachhaltige Produktion - nicht einfach, wenn die Hälfte alle angebotenen Produkte sogenannte Hardware wie Rucksäcke oder Treckingausrüstung ist. "Ich bin sehr stolz, dass wir als das nachhaltigste Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet wurden", strahlt Antje von Dewitz und wird leidenschaftlich. "Als Unternehmertochter stand ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren schon im Schulalter unter Generalverdacht: Alles nur schöne Worte mit der Umweltverträglichkeit." In Wirklichkeit habe die Familie doch nur Reibach machen wollen. Unternehmer eben.
Hohe Ansprüche an die eigenen Zulieferer
Inzwischen sind mehr als zwanzig Jahre vergangen, 2009 übernahm sie die Geschäftsführung vom Vater. Nun sind es Dewitz' vier Kinder, die dieselben Vorurteile abbekommen. Nachhaltigkeit ist eben ein überstrapazierter Begriff. Heute noch mehr als vor zwanzig Jahren. Wie also löst Vaude als Produzent teurer Textilien und Hardware die eigenen Ansprüche ein?
Die Top 10 der Weltmarktführer im deutschen Mittelstand
Peri
Branche: Schalungen / Gerüste
Marken-Performance*: 54,9
Unternehmens-Performance*: 68,2
Gesamt-Performance²: 123,1
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Kaeser
Branche: Kompressoren
Marken-Performance*: 61,9
Unternehmens-Performance*: 63,1
Gesamt-Performance²:124,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Duravit
Branche: Badausstattung
Marken-Performance*: 65,0
Unternehmens-Performance*: 61,9
Gesamt-Performance²: 126,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Haver & Boecker
Branche: Drahtweberei / Maschinenbau
Marken-Performance*: 68,7
Unternehmens-Performance*: 60,6
Gesamt-Performance²: 129,3
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Grimme Landmaschinenfabrik
Branche: Landmaschinen
Marken-Performance*: 66,6
Unternehmens-Performance*: 64,6
Gesamt-Performance²:131,2
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Windmöller & Hölscher
Branche: Verpackungsmaschinen
Marken-Performance*: 72,7
Unternehmens-Performance*: 61,3
Gesamt-Performance²:134,0
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Delo
Branche: Industrieklebstoffe
Marken-Performance*: 69,2
Unternehmens-Performance*: 68,6
Gesamt-Performance²: 137,7
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Lürssen Maritime Beteiligungen
Branche: Schiffbau
Marken-Performance*: 74,7
Unternehmens-Performance*: 64,2
Gesamt-Performance²: 138,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Otto Bock
Branche: Prothesen
Marken-Performance*: 70,7
Unternehmens-Performance*: 73,1
Gesamt-Performance²: 143,8
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Herrenknecht
Branche: Tunnelbohrmaschinen
Marken-Performance*: 72,8
Unternehmens-Performance*: 76,6
Gesamt-Performance²: 149,4
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
"Outdoor-Spezialisten arbeiten generell anders als Fast Fashion, also die Modeindustrie, weil auch die Ansprüche unserer Kunden viel höher sind. In der Fast Fashion weiß man gar nicht, mit welchen Unterzulieferern die eigenen Zulieferer zusammenarbeiten und wie die es mit den Arbeits- und Umweltbedingungen in Asien halten."
Vaude habe sich für entsprechende Zertifikate und Siegel verpflichtet, binnen drei Jahren 90 Prozent sämtlicher Prozesse bis hin zu den Maschinen und Abwässern zu auditieren. Zudem seien gerade diese hohen Ansprüche und der damit verbundene teure Aufwand ein beständiger Innovationstreiber - ganz im Gegensatz zu dem, was andere Unternehmen beklagen. "So entwickeln wir beispielsweise Bikerhosen aus dem wiederverwerteten Material alter Fischernetze und wir sorgen dafür, dass unsere verwendeten Materialen recyclebar sind", berichtet Antje von Dewitz.





Mehr als in anderen Branchen seien diese Innovationen bei Outdoor-Anbietern aber auch von der Kundschaft getrieben. "Gerade Vaude-Kunden sind sehr treu und die jüngere Generation ist entgegen vieler Vorurteile bereit, auch den höheren Preis nachhaltiger Produkte zu bezahlen. Deshalb dürfen wir keine sozialen oder ökologischen Angriffspunkte bieten", so die 43-jährige Unternehmerin.
Der Preisdruck wächst
Zumal der Wettbewerb in dieser Branche härter wird. Goretex-Jacken, Fleecepullis und Rucksäcke stapeln sich längst in Garderoben, Kleiderschränken und Kellern selbst der Großstädter, die auf einer blühenden Wiese nur die Gänseblümchen identifizieren könnten. Die einst zweistelligen Margen sind auf ein bis zwei Prozent gefallen, der Druck billiger zu verkaufen oder die Zuliefererpreise zu drücken ist groß.
Auch für Vaude. Das weiß zumindest der Hauptlieferant zu verhindern. Denn das ist just die vor allem in Vietnam produzierende Firma, die Vater Albrecht von Dewitz nach seinem Ausscheiden bei Vaude gründete.
Beim Thema Nachhaltigkeit scheinen sich Vater und Tochter beim Kamingespräch überwiegend einig zu sein. Bei der Politik hingegen nicht. Ihr Bundesland Baden-Württemberg wird nun bald Grün-Schwarz regiert. Wie finden die beiden Outdoor-Unternehmer das? Antje von Dewitz strahlt: "Meine Heimat!" Vater Albrecht grummelt: "Schau'n wir mal".
Auch das scheint eine Generationenfrage zu sein.