Tag der Weltmarktführer Nachhaltigkeit ist eine Herzensangelegenheit für Vaude

Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt Antje von Dewitz zeitlebens. Die Chefin des Outdoor-Ausstatters Vaude kämpft gegen das Vorurteil, nachhaltige Produktion könne nicht zu Gewinn führen. Und sei deshalb nicht mehr als ein Feigenblatt für bessere Werbung.

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Albrecht und Antje von Dewitz beim Kamingespräch auf dem Treffen der Weltmarktführer am Bodensee. Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche

Beim Kaminabend der Weltmarktführer am Bodensee ist Antje von Dewitz die Einzige in Jeans und festem Schuhwerk unter wenigen Damen und vielen Herren in korrektem Anzug. Geschäftsführer und Unternehmer aus der Bodenseeregion trafen sich dort zur Auftaktveranstaltung des Treffens der Weltmarktführer im wunderbaren Dornier-Museum gleich neben dem Flughafen Friedrichshafen.

Von Dewitz darf das, anders sein. Sie vertritt ein erfolgreiches Outdoor-Unternehmen aus dem wenig entfernten Weiler Obereisenbach (463 Einwohner). Gemeinsam mit ihrem Vater Albrecht sitzt sie auf der kleinen Bühne in der Ausstellungshalle, in der der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller alter Flugzeuge hängt.

Die beiden Dewitze berichten über ihren Einsatz für eine nachhaltige Produktion - nicht einfach, wenn die Hälfte alle angebotenen Produkte sogenannte Hardware wie Rucksäcke oder Treckingausrüstung ist. "Ich bin sehr stolz, dass wir als das nachhaltigste Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet wurden", strahlt Antje von Dewitz und wird leidenschaftlich. "Als Unternehmertochter stand ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren schon im Schulalter unter Generalverdacht: Alles nur schöne Worte mit der Umweltverträglichkeit." In Wirklichkeit habe die Familie doch nur Reibach machen wollen. Unternehmer eben.

Hohe Ansprüche an die eigenen Zulieferer

Inzwischen sind mehr als zwanzig Jahre vergangen, 2009 übernahm sie die Geschäftsführung vom Vater. Nun sind es Dewitz' vier Kinder, die dieselben Vorurteile abbekommen. Nachhaltigkeit ist eben ein überstrapazierter Begriff. Heute noch mehr als vor zwanzig Jahren. Wie also löst Vaude als Produzent teurer Textilien und Hardware die eigenen Ansprüche ein?

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"Outdoor-Spezialisten arbeiten generell anders als Fast Fashion, also die Modeindustrie, weil auch die Ansprüche unserer Kunden viel höher sind. In der Fast Fashion weiß man gar nicht, mit welchen Unterzulieferern die eigenen Zulieferer zusammenarbeiten und wie die es mit den Arbeits- und Umweltbedingungen in Asien halten."

Vaude habe sich für entsprechende Zertifikate und Siegel verpflichtet, binnen drei Jahren 90 Prozent sämtlicher Prozesse bis hin zu den Maschinen und Abwässern zu auditieren. Zudem seien gerade diese hohen Ansprüche und der damit verbundene teure Aufwand ein beständiger Innovationstreiber - ganz im Gegensatz zu dem, was andere Unternehmen beklagen. "So entwickeln wir beispielsweise Bikerhosen aus dem wiederverwerteten Material alter Fischernetze und wir sorgen dafür, dass unsere verwendeten Materialen recyclebar sind", berichtet Antje von Dewitz.

Impressionen vom Tag der Weltmarktführer
Franz Rother auf dem Tag der Weltmarktführer Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
Heinrich Grieshaber, der Präsidenten der IHK Bodensee-Oberschwaben Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
Angelika Zimmermann, Geschäftsführerin der ZIM FLUGSITZ GmbH Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
Michael Sturm, dem Geschäftsführer von Invest in Mecklenburg-Vorpommern GmbH, Angelika Zimmermann, Geschäftsführerin ZIM FLUGSITZ GmbH, und Franz Rother, Redakteur der WirtschaftsWoche Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
Albrecht von Dewitz, Gründer Vaude, Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von Vaude, Franz Rother Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
Im Gespräch: Albrecht von Dewitz, Gründer der Vaude Sport GmbH & Co. KG,... Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche
...und Dr. Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von Vaude. Wie Antje und Albrecht von Dewitz zur Nachhaltigkeit stehen, lesen Sie hier. Quelle: Derek Schuh für WirtschaftsWoche

Mehr als in anderen Branchen seien diese Innovationen bei Outdoor-Anbietern aber auch von der Kundschaft getrieben. "Gerade Vaude-Kunden sind sehr treu und die jüngere Generation ist entgegen vieler Vorurteile bereit, auch den höheren Preis nachhaltiger Produkte zu bezahlen. Deshalb dürfen wir keine sozialen oder ökologischen Angriffspunkte bieten", so die 43-jährige Unternehmerin.

Der Preisdruck wächst

Zumal der Wettbewerb in dieser Branche härter wird. Goretex-Jacken, Fleecepullis und Rucksäcke stapeln sich längst in Garderoben, Kleiderschränken und Kellern selbst der Großstädter, die auf einer blühenden Wiese nur die Gänseblümchen identifizieren könnten. Die einst zweistelligen Margen sind auf ein bis zwei Prozent gefallen, der Druck billiger zu verkaufen oder die Zuliefererpreise zu drücken ist groß.

Auch für Vaude. Das weiß zumindest der Hauptlieferant zu verhindern. Denn das ist just die vor allem in Vietnam produzierende Firma, die Vater Albrecht von Dewitz nach seinem Ausscheiden bei Vaude gründete.

Beim Thema Nachhaltigkeit scheinen sich Vater und Tochter beim Kamingespräch überwiegend einig zu sein. Bei der Politik hingegen nicht. Ihr Bundesland Baden-Württemberg wird nun bald Grün-Schwarz regiert. Wie finden die beiden Outdoor-Unternehmer das? Antje von Dewitz strahlt: "Meine Heimat!" Vater Albrecht grummelt: "Schau'n wir mal".

Auch das scheint eine Generationenfrage zu sein.

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