TechniSat Wie Deutschlands letzter TV-Bauer überlebt

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Hoher Einsatz, gutes Gespür

Das galt schon für die Rohrhandlung, die Lepper Anfang 1976 gründete. Eine eigene Fertigung hat er damals nicht, aber das Gespür, damit Geld zu verdienen. Um hoch profitable Kundenanfragen nach Spezialanfertigungen bedienen zu können, baute er eine eigene Produktion auf. Mit hohem Einsatz: „Wir haben manche Aufträge angenommen und dann erst überlegt, wo wir die Ware besorgen könnten“, erzählt er.

Heute liefert Lepper Spezialrohre für Wärmetauscher in Raffinerien, etwa in den Nahen Osten, oder veredelte Einspritzrohre an Autozulieferer. Es sind Highend-Produkte, für die Kunden aus aller Welt gut bezahlen – der Exportanteil liegt bei 95 Prozent. Immer lässt Lepper vorproduzieren, legt seltene Rohre auf Lager. Wenn es in der Eifel an einem nicht fehlt, sind es Lagerflächen. Er wartet auf Gelegenheiten, um im passenden Moment liefern zu können – und dann mit hoher Marge.

Flexibilität in Person

Zum Bau von Fernsehern und Empfangstechnik kam Lepper eher zufällig. Als Mitte der Achtzigerjahre erste TV-Satelliten unverschlüsselten Fernsehempfang für alle ermöglichten, sah er den Massenmarkt voraus und beschloss, Sat-Schüsseln zu pressen. Dass privater TV-Empfang aus dem All noch nicht erlaubt war und die damalige Bundespost auf ihr Empfangsmonopol pochte, hielt ihn nicht auf. Er gründete kurzerhand eine eigene Fachzeitschrift, „um der Post publizistisch Paroli zu bieten – und für die eigene Technik zu werben“.

Den Durchbruch schaffte Lepper mit dem Start des ersten Astra-Satelliten und der deutschen Einheit. Denn während andere Hersteller auf den staatlichen TV-Satelliten Kopernikus setzten, baute Lepper auf den privaten Anbieter aus Luxemburg und produzierte vor. Als im Dezember 1989 die ersten vier deutschsprachigen Programme über Astra auf Sendung gingen, explodierte die Nachfrage nach Sat-Schüsseln. Der Fall der DDR-Grenze ließ die Nachfrage in die Höhe schießen – und eröffnete Lepper auch die Chance, ins Geschäft mit TV-Geräten einzusteigen.

Während die Politiker noch über die Vereinigung verhandelten, sicherte sich Lepper bereits Elektronik-Know-how und Produktionsstandorte in Thüringen und Sachsen. Und in Dresden bildete er aus Experten des DDR-Zentrums für Wissenschaft und Technik die Kernmannschaft seines späteren Forschungs- und Entwicklungszentrums. Dort siedelte Lepper auch die Entwicklertruppe der TechniSat-Automotive-Sparte an, die seit 2007 unter anderem Multimediasysteme für den VW-Konzern und andere Autobauer konzipiert und produziert hat.

Ein Zigmillionen-Euro-Geschäft, dass TechniSat dennoch Anfang 2016 an den chinesischen Hersteller Joyson und dessen Tochter Preh verkauft. Gemeinsam mit den rund 400 Entwicklungsspezialisten wechselten im Zuge des Verkaufs 1200 der zuvor rund 2500 TechniSat-Beschäftigten aus Sachsen, Thüringen, Polen und vom Firmensitz in Dauen unter das Dach der neuen Gesellschaft Preh TechniSat Car Connect.

Nach der Trennung, die den Verbund dem Vernehmen nach rund 450 Millionen Euro Jahresumsatz gekostet hat, könne sich sein Unternehmen nun besser auf den Ausbau des Unterhaltungselektronikgeschäfts konzentrieren, begründete Lepper die Vereinbarung mit den Chinesen.

Lepper ist die Flexibilität in Person. Um für das Fernsehergeschäft neue Kunden zu erschließen, brach er mit seinem langjährigen Mantra, nur in Deutschland gefertigte Geräte anzubieten. Eine preiswerte Einsteigerserie lässt er inzwischen in einem eigenen Werk in Polen montieren, Software und Bedienerführung sind in Dresden entwickelt.

Daneben verkauft Lepper die TV-Geräte nicht mehr nur über Fachhändler, sondern auch über ein eigenes Vertriebsportal im Internet. Dass er damit auf Kollisionskurs zu seinen bisherigen Partnern geht, nimmt er in Kauf – wohl auch mangels Alternativen. Schon jetzt finden sich TechniSat-Fernseher in den Online-Shops mancher Fachhändler.

Zeit, an den Ruhestand zu denken, bleibt für den Multiunternehmer bei all dem nicht. Solange es geht, will er sich treu bleiben und, wie er sagt, immer weiter „neue Produktideen auf die Schiene setzen“.

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