Man muss sie lieben, um sich hier wohl zu fühlen: die kargen Höhen ganz im Westen der Republik, wo die Orte Hinterweiler heißen, Betteldorf oder Schutz. Wer an grauen Tagen in die Vulkaneifel hinauf fährt, durch nebelverhangene Täler, über schmale Landstraßen, und vielfach lange ohne ein Haus zu Gesicht zu bekommen, der ahnt, warum die Gegend früher „Preußisch Sibirien“ hieß. Wer Arbeit suchte, ist besser fortgegangen.
Peter Lepper aber ist hierhin gezogen, 1977, von Ratingen bei Düsseldorf ins Eifelstädtchen Daun. Dort hat der heute 70-Jährige mit seiner TechniRopa Holding einen Firmenverbund aufgebaut, der gut 1300 Menschen beschäftigt und seinesgleichen sucht in Deutschland.
Denn mit der Tochter TechniSat besitzt Lepper so etwas wie den Solitär unter Deutschlands TV-Geräteherstellern. Einst klangvolle Marken wie Grundig, Saba oder Telefunken sind als Unternehmen längst Geschichte. Der Traditionshersteller Loewe aus dem fränkischen Kronach überlebte im Frühjahr 2014 nur dank der Übernahme durch den Münchener Finanzinvestor Stargate Capital. Daneben hilft die strategische Technologie- und Vertriebspartnerschaft mit dem chinesischen Technologiekonzern Hisense beim Überleben. Und den Wettbewerber Metz aus Zirndorf bei Nürnberg rettete im April 2015 der Kauf durch den chinesischen Skyworth-Konzern.
Das Firmenkonglomerat des TechniSat-Eigentümers Peter Lepper
2015: 600 Millionen Euro
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Entwicklung, Produktion und Vertrieb von TV-Geräten sowie von Sat-Technik, Unterhaltungselektronik und Auto-Infotainment-Systemen
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Produktion und Handel von Edelstahl-Spezialrohren
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
E-Commerce (Online-Händler)
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Produktion von Werkzeugen und Kunststoffteilen
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Softwareentwicklung
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Land-/Forstwirtschaft, Spirituosen-/ Lebensmittelproduktion, Immobilienentwicklung/ -vertrieb, Energieerzeugung/ -vertrieb/Energie-Consulting
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Verlagsgeschäft (Wochenzeitung, Magazine)
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche
Lepper aber hält unverdrossen am Geschäft mit Flachbildriesen, TV- und Satellitentechnik fest. Sein Marktanteil ist so klein, dass TechniSat in der Branchenstatistik nur unter Sonstige auftaucht. Zwar schneiden die internetfähigen Geräte dank Top-Bildqualität bei Tests durchweg gut ab. Und die Kunden sind auch bereit, zum Fachhändler zu gehen und für TechniSat-Fernseher 900 bis 3600 Euro zu bezahlen. Doch Elektronikriesen und Online-Handel setzen dem Fachhandel immer weiter zu.
Ein Konzern hätte das TV-Geschäft vermutlich längst abgestoßen. Lepper nicht. Dass er dabeibleibt, liegt an seiner Art, Geschäfte zu machen – jenseits von Konventionen und Managementlehren, hemdsärmelig, mitunter impulsiv, aber mit Bauchgefühl und dem Riecher für Profit. Daraus ist ein Unternehmensmischmasch entstanden, der zwar kaum Synergien bietet, aber offenbar dennoch die Produktion von Fernsehern zu erträglichen wirtschaftlichen Konditionen ermöglicht: Lepper produziert Rohre aus Spezial-Edelstahl genauso wie Spirituosen, lässt Werkzeuge bauen und Kunststoffteile herstellen, betreibt Acker- und Waldbau und gibt daneben Zeitschriften heraus.
Nahe der Zentrale hat er eine Wohnanlage aus Ein- und Mehrfamilienhäusern bauen lassen. Sie und das benachbarte TechniSat-Kunden- und -Logistikzentrum heizt ein Mikrokraftwerk - und auch das betreibt Lepper über ein Tochterunternehmen seiner TechniRopa-Unternehmensgruppe. Die Brennstoffe - Holz und Miscanthusgras - stammen, wenig überraschend, von einer weiteren Firma, die Lepper gehört.
Überall, wo Geld herausspringen könnte, ist Lepper unterwegs. 300 Hektar Acker und Wald zusammen mit einem Bauernhof gehören ihm. Er ist unter die Spirituosenverkäufer gegangen und vertreibt über seine Tochterfirma Eifelion Gin unter der Marke Windspiel. Die Kartoffeln für den Sprit wachsen auf den Feldern seiner Domäne. Einen Teil davon lieferte zeitweise er an einen Chipshersteller, der Rest landet in der Schnapsbrennerei eines Bekannten. „Zehn Prozent Rendite“, peile er mit Investments in nachhaltige Geschäftsfelder an, sagt der Unternehmer. Spitz gerechnet habe er es nicht, aber es werde schon aufgehen: „Wer nicht wagt, gewinnt nicht.“
Das Firmenreich rund um die Fernseherproduktion gehört Lepper und seiner Frau Doris. Für die TV-Geräte wie für alles, das er anpackt, gilt: Solange er es sich leisten kann und will, bleibt Lepper im Geschäft.
Fehlschläge einkalkuliert
Am Geld dafür mangelt es dem Multiunternehmer offenbar nicht. Lepper hat in den vergangenen zehn Jahren den Umsatz seiner Gruppe knapp verdoppelt. 2005 waren es noch 325 Millionen Euro, rund drei Viertel steuerte TechniSat bei. 2015 sollen es mehr als 600 Millionen Euro gewesen sein. Wie viel davon heute von TechniSat kommt und wie viel Gewinn am Ende bleibt, verrät der Unternehmer nicht. Nur so viel: „Der Verbund entwickelt sich seit mehr als 20 Jahren positiv.“ Und so, wie er das sagt, klingt er sehr mit sich im Reinen.
„Ich bin immer auf der Suche nach weißen Elefanten“, beschreibt Lepper sein Erfolgsrezept. Für ihn sind das die profitablen Nischen, die Konzernen nicht in ihre Strategien passen oder zu riskant erscheinen. Wie ein Risikokapitalgeber in eigener Sache ist Lepper bereit, „ein paar Fehlschläge zu akzeptieren, solange am Ende eines der Projekte profitabel ist“.