Tengelmann Wie es nach dem Gerichtsentscheid weitergeht

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Ist der Gerichtsentscheid endgültig?

Gibt es eine Möglichkeit, dass Kaiser’s Tengelmann in der jetzigen Form erhalten bleibt?

Die Handelskette zählt seit Langem zu den Sorgenkindern der Mühlheimer Familienunternehmensgruppe Tengelmann. Allein zwischen 2000 und 2015 soll sie insgesamt mehr als 500 Millionen Euro Verlust eingefahren haben.

Um die Supermarktkette zu erhalten bräuchte es einen Finanzinvestor mit großer Brieftasche und Restrukturierungskompetenz. „Dass sich jemand findet, bezweifle ich“, sagt Funder. „Kaiser’s Tengelmann ist zu klein, als dass sich darauf als Einzelunternehmen ein wirtschaftliches Rational im Sinne einer Eigenkapital- und Wettbewerbsfähigkeit abbilden ließe.“

Kann der Gerichtsentscheid noch angefochten werden?

Zumindest will Wirtschaftsminister Gabriel gegen den gerichtlichen Stopp der Fusion vorgehen. Sein Ministerium werde Rechtsmittel prüfen und einlegen, um das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu revidieren, sagte Gabriel. Das Urteil enthalte „eine ganze Reihe falscher Tatsachenbehauptungen.“

Ob Gabriels Vorstoß gelingt, ist offen. „Dem Wirtschaftsminister bleibt fast keine andere Wahl als gegen das Urteil vorzugehen, will er die eigene Reputation nicht riskieren“, sagt Funder, gibt aber auch zu bedenken: „Die Richter haben sicherlich alle Hinweise und Fakten geprüft, bevor sie ein so folgenreiches Urteil gefällt haben.“

Ein Blick in die Historie zeigt jedoch, dass Rechtsmittel gegen eine Ministererlaubnis durchaus schon einmal kassiert worden sind. Damals, 2002, ging es um die Übernahme des Gasriesen Ruhrgas durch den Energieversorger E.On. Das Bundeskartellamt und die Monopolkommission hatten die Fusionspläne zunächst abgelehnt. Auch damals standen Verfahrensfragen im Vordergrund der Diskussion, es kam zur Klage. Die Fusion konnte schließlich doch stattfinden, nachdem die Beschwerdeführer das Rechtsmittel zurückgenommen hatten“, sagt Kartellrechtler Karenfort.

Die Ministererlaubnis an sich ist kein neues Instrument, aber umstritten und selten. Bislang gab es erst 22 solcher Anträge, nur in drei Fällen wurde eine Erlaubnis ohne Auflagen erteilt.

Das Recht, eine Ministererlaubnis zu beantragen, steht im Gesetz und entsprechend versuchen Unternehmen, dieses Recht zu nutzen. Die Ministererlaubnis ist aber gleichzeitig eine Besonderheit des deutschen Kartellrechts, deren Sinnhaftigkeit man hinterfragen kann. Das sagt Kartellrechtsexperte Frederik Wiemer von der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek. „Dass diffuse Gemeinwohlargumente einer differenzierten rechtlichen Bewertung durch das Bundeskartellamt per se vorgehen sollen, leuchtet aus rechtsstaatlicher Sicht nicht immer ein.“

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