Seit einigen Wochen dürfen Einzelhändler wieder Kunden ohne Corona-Test oder Impfausweis in ihre Läden lassen. „Ich bin selbst überrascht wie gut es läuft“, sagt ein Mitarbeiter der Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt (GKK). Zwar seien es weniger Kunden als vor der Krise, „doch die geben im Schnitt deutlich mehr aus als früher.“ Zum ersten Mal seit Monaten habe er das Gefühl, dass es mit der Warenhauskette doch noch etwas werden kann.
GKK mit Sitz in Essen war erst 2019 durch den Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof entstanden. Beide Häuser waren angeschlagen, die Pandemie gab ihnen den Rest. Anfang April 2020 stellte GKK einen Antrag auf ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren. Warenhäuser wurden geschlossen, Tausende Mitarbeiter entlassen. Das Unternehmen konnte gerettet werden: Gläubiger wie Lieferanten und Vermieter stimmten zu, auf rund zwei Milliarden Euro zu verzichten.
Doch dann kam der zweite Lockdown und für die Kette wurde es wieder eng. „Im ersten Lockdown bis Ende September haben wir ungefähr eine Milliarde Euro verloren“, sagte GKK-Chef Miguel Müllenbach kürzlich in einem Interview mit dem Handelsblatt. „Wir haben das Schutzschirmverfahren mit rund 500 Millionen Euro Cash und einem soliden Businessplan, der breite Zustimmung erfahren hat, verlassen können. Als Ergebnis des zweiten Lockdowns haben wir einen Staatskredit in Höhe von 460 Millionen Euro benötigt. Daran kann man den Umfang des zweiten coronabedingten Verlusts erkennen.“
Die Besucherzahlen lägen aktuell noch rund 30 Prozent niedriger als 2019, sagte Müllenbach, aber die Geschäfte liefen besser als im vergangenen Jahr. Das darf die Mitarbeiter optimistisch stimmen. Denn weil GKK im Zuge des Schutzschirm-Insolvenzverfahrens die Kosten drastisch gesenkt und sich beispielsweise von schlechten Filialen getrennt hatte, sei die Gewinnmarge deutlich gestiegen, hört man im Umfeld von GKK. Dabei sollen aktuell die mittelgroßen Filialen teilweise besser laufen als die Flaggschiff-Filialen beispielsweise in Köln oder in Frankfurt an der Hauptwache. Das hängt unter anderem mit planmäßigen Umbauarbeiten zusammen – aber auch mit einer Erblast.
Bevor mit René Benko ein Immobilieninvestor aus Österreich bei Kaufhof einstieg, gehörte die Warenhauskette dem kanadischen Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC). Der hatte Kaufhof 2015 von der Metro Gruppe übernommen. Schon 2015 litt Kaufhof unter Umsatzschwund, befand sich aber noch nicht im Krisenmodus. Die Kanadier versprachen, in die Modernisierung der Filialen zu investieren, wirtschafteten Kaufhof aber letztlich immer weiter herunter. Sie führten teilweise Marken ein, die bei den deutschen Kunden nicht ankamen.
Kurz vor dem Weiterverkauf an Benko vermietete das Management noch Flächen in einigen großen Filialen an die britische Modekette Topshop, was seinerzeit schon bei einigen Kaufhof-Kennern für Stirnrunzeln sorgte, da das Warensortiment von Topshop eher auf kurzfristige Modetrends aufsetzte, was nicht gerade optimal zur eher konservativen Kaufhof-Kundschaft passte. Das hätte Kaufhof egal sein können, wenn denn Topshop einfach so in die Warenhäuser eingezogen wäre. Aber genau das war nicht der Fall.
Kaufhof musste umfangreich umbauen. Das Warensortiment der Briten wurde optisch abgetrennt, teilweise wurden neue Aufgänge eingebaut, die den Kunden einen direkten Topshop-Zugang ermöglichen sollten. In Köln etwa bekam Topshop 1300 Quadratmeter Verkaufsfläche und einen eigenen Eingang. Es entstanden horrende Kosten in den betroffenen Filialen.
Davon abgesehen, dass das Sortiment von Topshop bei den Kunden nur bedingt ankam, konnte auch die Miete nicht wie geplant, fließen. Bei der Arcadia Gruppe, zu der Topshop gehörte, kriselte es schon seit einiger Zeit. Der durch Corona verursachte Umsatzausfall gab der Handelskette den Rest. Die Arcadia Gruppe meldete im November 2020 Insolvenz an. Topshop wurde mittlerweile an einen Online-Händler verkauft, der die Verkaufsflächen dicht machte. GKK muss jetzt wieder investieren - in den Rückbau der für Topshop eingerichteten Flächen.
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