Textillieferant Multiline "... sonst gibt's eins auf die Mütze"

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Große Kluft zwischen Fassade und Wirklichkeit

Ghassan Arab mit Angela Merkel Quelle: Multiline

Viele Ex-Multiliner haben einen neuen Job bei namhaften Unternehmen wie Henkel, Esprit, C&A, Falke oder Kaufhof gefunden. Fest steht: Bei Multiline halten es nur wenige lange aus. In der Personalabteilung gaben sich in den vergangenen zwei Jahren mindestens vier Leiter die Klinke in die Hand. Auch neue Finanzchefs und Controller suchten möglichst schnell wieder das Weite. Im März 2012 machte Arab seine Frau Jasmin, eine gelernte Bürokauffrau, zur Finanzchefin.

Arabs Attitüden erinnern an die Zeiten der Leibeigenschaft. So bekommen Mitarbeiter nachts per E-Mail Arbeitsanweisungen von ihm zu Handlangertätigkeiten in seinem Privathaushalt: „Schalten Sie morgen das End-Piepsen an unserer Spülmaschine zu Hause aus“. Oder: „Unser Trockner schließt nicht richtig. Bitte kümmern Sie sich darum.“

Zugleich muss sich jeder, der für Arab arbeitet, an einen Multiline-Knigge halten. Darin heißt es unter Punkt 1.2.2: „Unschöne Äußerlichkeiten, die sich der Mensch selber zugefügt hat, wie eine hässliche Frisur oder Übergewicht durch zu viel Schokolade sollten auf jeden Fall kaschiert und langfristig verändert werden.“

Nicht nur äußerlich, auch wirtschaftlich klaffen Schein und Sein bei Multiline auseinander. Im Herbst 2011 kündigte Arab gegenüber der WirtschaftsWoche an, eine Megafabrik in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka hochzuziehen, mit zwölf Produktionshallen für 200 Millionen Dollar und 10 000 Mitarbeiter. Dort steht aber bis heute noch nicht mal ein Dixi-Klo. Kenner halten das ganze Projekt eher für ein Hirngespinst.

„Herr Arab hinterlässt einen zweifelhaften Eindruck, denn es wurde ihm schon der Weg für eine Fabrik geebnet, aber es passiert nichts“, sagt ein Mitarbeiter der deutschen Handelskammer in Bangladesch. Arab hält dagegen, es sei nicht möglich in Bangladesch eine stabile Energieversorgung für eine Fabrik zu gewährleisten. Deshalb habe er das Projekt endgültig auf Eis gelegt.

Auch mit Beweisen für seine Umsätze tut sich Arab schwer. Das Fachblatt „Textilwirtschaft“ zählt Multiline mit einem Erlös von knapp 1,4 Milliarden Euro zwar zu den fünf größten deutschen Textilherstellern.

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