Nach Angaben des BSBD ist Middelhoff kein Einzelfall. Rund 20 bis 30 U-Häftlinge pro Anstalt würden auf diese Weise in NRW kontrolliert. „Ich bin seit 33 Jahren im Strafvollzug, es gab die ein oder andere Beschwerde deswegen. Aber noch nie habe ich erlebt, dass jemand diese Sichtkontrolle als Grund genannt hat für eine Erkrankung“, sagt der BSBD-Landesvorsitzende Peter Brock. Die Kontrolle sei ein Baustein, der geholfen habe, die Zahl der Selbstmorde hinter Gittern zu senken.
Gibt es eine Alternative zu den regelmäßigen Nachtkontrollen?
Man könne gefährdete Personen auch mit „erfahrenen Häftlingen“ zusammenlegen, was aber viele ablehnten, heißt es im Ministerium. In Ausnahmefällen könne ein Häftling bei akuter Suizidgefahr in eine videoüberwachte Zelle verlegt werden. Das sei allerdings ein großer Eingriff in die Privatsphäre.
Wie beurteilen Menschenrechtler den Fall?
Amnesty International meint: Wenn jemand über mehrere Wochen seines Tiefschlafs beraubt wird, kann das eine „unmenschliche Behandlung“ darstellen - verboten nach der europäischen Menschenrechtskonvention.
Wie wirkt sich Schlafentzug aus?
„Schlafmangel hat negative Auswirkungen auf die Psyche und den Körper“, betont der Leiter des Schlafzentrums Pfalzklinikum in Klingenmünster, Hans-Günter Weeß. Wenn jemand dauernd geweckt werde, könne er erholsame Schlafstadien nicht in dem Maße erreichen wie ein normaler Schläfer. „Es wird ihm an Tiefschlaf fehlen, der wichtig ist, für die körperliche Erholung.“ Auch das emotionale Gleichgewicht und Gedächtnisprozesse könnten beeinträchtigt werden.
Kann das krank machen?
Ja. Schon wenn jemand über elf Tage nur vier statt acht Stunden Schlaf habe, könne das Immunsystem geschwächt werden, berichtet Weeß. Wie stark der Schlaf durch regelmäßiges Anmachen des Lichts gestört werde, hänge aber sehr stark von individuellen Gegebenheiten beim Schläfer ab und davon, wie stark der Lichtreiz sei. „Wenn der Betroffene eine Schlafmaske hat, oder den Kopf ins Kissen vergräbt und die Überprüfungen ohne Geräusch ablaufen, könnte man sich vorstellen, dass die Störung des Schlafes nicht so ausgeprägt ist.“