Thomas Middelhoff Noch mehr Ärger für Big T.

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Vom Wunderknaben zur Witzfigur

Nicht minder erklärungsbedürftig ist indes Middelhoffs Handeln, das zuletzt an Selbstzerstörung grenzte. Den Untreue-Prozess sah er als Farce. Vorwürfe glaubte er weglächeln zu können. Schließlich waren all die Trips mit Chartermaschinen und Helikoptern, um die es dabei ging, aus seiner Sicht nie Geldverschwendung, sondern berufliche Notwendigkeit. War er doch allzeit und überall zum Wohle des Konzerns unterwegs.

Dass Middelhoff die Annehmlichkeiten seiner Mittelmeer-Villa gegen eine Gefängniszelle tauschen musste, dürfte viel mit diesem Hang zur Großspurigkeit zu tun haben. Hätte er Einsicht oder gar Reue gezeigt, das Urteil wäre wohl weniger hart ausgefallen. Zumindest die sofortige Festnahme wäre ihm vermutlich erspart geblieben. Auch seine Gläubiger wären kaum so erpicht darauf, ihr Inkasso öffentlich zu zelebrieren, würde Middelhoff mehr Demut zeigen.

Der Middelhoff-Prozess von A bis Z

Doch der nutzte selbst die Abgabe einer Vermögenserklärung – vulgo: Offenbarungseid – im Juli noch zum Prahlen. Um den Fotografen zu entkommen, die die Szene festhalten wollten, sei er im Gerichtsgebäude „wie die Katze übers Dach“: Erst musste er drei Meter tief auf eine Garage springen, dann noch einmal drei Meter auf die Straße. „Dann habe ich mir ein Taxi gewunken und bin zu Verhandlungen geflogen.“ Sportlich selbst im Abgang.

Zorn der Gläubiger

Die Gläubiger sind Middelhoffs Mätzchen indes leid und wollen Geld sehen. Das zeigen Pfändungsbeschlüsse und interne Briefwechsel, die der WirtschaftsWoche vorliegen. Investoren, die ihr Kapital in Immobilienfonds gesteckt haben, an denen die Eheleute Middelhoff ebenfalls beteiligt sind, bekamen die neue Gangart bereits zu spüren.

Wenige Wochen nach Middelhoffs hollywoodreifer Flucht übers heiße Blechdach fanden etwa die Gesellschafter des Kölner Immobilienfonds Ossendorf VII ein Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Noerr in ihren Briefkästen. Höflich teilte der Berliner Anwalt mit, er arbeite im Auftrag des Bankhauses Sal. Oppenheim. Bei der ehemaligen Privatbank, die jetzt zur Deutschen Bank gehört, stehen die Middelhoffs mit rund 78 Millionen Euro in der Kreide. Das Geld hatte sich das Paar einst geliehen, um in mehrere sogenannte Oppenheim-Esch-Fonds zu investieren, darunter auch Ossendorf VII.

Inzwischen weigert sich das Paar, Zinsen und Tilgungsraten abzustottern, behauptet, falsch beraten worden zu sein, und verklagt Sal. Oppenheim auf mehr als 100 Millionen Euro. Die Bank wiederum klagt gegen die Middelhoffs – und lässt Briefe schreiben.

Der Middelhoff-Prozess von A bis Z

Es gehe um den Verkauf der Fonds-Immobilie in Köln-Ossendorf im März 2014, teilte der Noerr-Anwalt in seinem Schreiben mit. Er gehe davon aus, dass der Verkaufserlös längst unter den Fonds-Gesellschaftern verteilt worden sei. Bis dato habe das Bankhaus aber „keine Zahlungseingänge verzeichnet“, obgleich Sal. Oppenheim beim Amtsgericht Bielefeld einen Pfändungsbescheid gegen Middelhoff und seine Ehefrau erwirkt habe.

Dem Brief und einem Pfändungsbeschluss zufolge hätten die Einnahmen des Paars aus dem Ossendorf-Geschäft an die Bank weitergereicht werden müssen.

Middelhoffs Erklärung für den Vorgang? Sein Anwalt ließ diese wie alle weiteren Fragen der WirtschaftsWoche aufgrund der eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten zu seinem Mandanten unbeantwortet.

Laut einer fondsinternen Übersicht aus dem Sommer 2014 sollen insgesamt rund 9,3 Millionen Euro an die Gesellschafter ausgeschüttet worden sein, mehr als die Hälfte davon an die größten Anteilseigner, die Middelhoffs. Da das Geld nicht geflossen sei, erwäge das Bankhaus nun „eine Inanspruchnahme der Gesellschaft“, teilte der Noerr-Anwalt mit.

Im Klartext soll das wohl heißen: Die Bank will im Zweifel Middelhoffs Co-Investoren zur Kasse bitten. Darunter sind neben Immobilienunternehmer Esch auch Maxdata-Gründer Holger Lampatz und der frühere Sal.-Oppenheim-Vorsteher Matthias Graf von Krockow.

Welche Konsequenzen der Vorgang für Middelhoff hat, ist völlig offen. Dass er die Beziehung zu seinen Co-Investoren nicht gerade fördert, ist dagegen absehbar.

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