Tönnies Metzger-Clan wetzt wieder die Messer

Hinter den Kulissen laufen zwar Friedensverhandlungen. Doch eine Einigung ist nicht in Sicht. Kommende Woche steht sich der zerstrittene Metzger-Clan wieder im Gerichtssaal gegenüber.

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Der Unternehmer Clemens Tönnies (r) und sein Neffe Robert können sich nach und nach im Streit um das Familienunternehmen einigen Quelle: dpa

Schon Mitte Juni hatten einige Medien allzu euphorisch berichtet, dass die Friedensgespräche im Familienstreit zwischen Clemens und Robert Tönnies kurz vor dem Durchbruch stünden. Ja sogar ein unterschriftsreifer Einigungsvertrag läge vor, wurde herbeispekuliert. Pustekuchen! Eine Art Vorvertragsentwurf wurde von Roberts Anwälten mit dem Hinweis, Clemens Tönnies sei offenbar nicht mehr vom Geist und von den Grundgedanken gleichberechtigter Partnerschaft beseelt, barsch zurückgewiesen.

Seitdem sind wieder Monate vergangen. Versöhnlicher ist der Ton zwar nicht geworden – dennoch werden die Gespräche fortgeführt, berichten mit den Vorgängen vertraute Personen. Mit einer schnellen Einigung und einer Absage des kommenden Gerichtstermins am 19. Oktober vor dem Landgericht in Bielefeld,  rechnet derzeit jedoch niemand. Seit Jahren kämpfen Tönnies-Chef und Schalke-04-Boss Clemens Tönnies, 59, und sein Neffe Robert, 37, um die Macht im größten deutschen Fleischkonzern mit 5,6 Milliarden Euro Umsatz und rund 8000 Mitarbeitern.

Die Deutschen stehen auf Wurst und Fleisch

Vorwurf: Grober Undank

Aktuell gibt es eine Patt-Situation im Schlachter-Imperium mit Sitz im westfälischen Rheda-Wiedenbrück: Firmenchef Clemens Tönnies hält 50 Prozent der Anteile, sein Neffe Robert ebenfalls. Robert will aber einen fünf Prozent-Anteil zurück, den er vor Jahren seinem Onkel geschenkt hatte. Am kommenden Montag soll nun vor dem Bielefelder Landgericht geklärt werden, ob Robert Tönnies den geschenkten Anteil von seinem Onkel zurückfordern kann. Diesen sogenannten Schenkungswiderruf begründen die Anwälte von Robert Tönnies mit grobem Undank. Demnach habe Clemens seinen Neffen öffentlich verunglimpft, wirtschaftlich übervorteilt und ihm Rechte als Gesellschafter vorenthalten.

Grundlage für die Schenkung soll ein Versprechen auf dem Sterbebett des Firmengründers Bernd Tönnies im Jahr 1994 gewesen sein. Robert, ebenso wie sein Bruder Clemens junior, bezweifeln dieses Versprechen, wonach ihr Onkel Clemens ihnen bei den Firmenanteilen gleichgestellt werden sollte.

Würde das Gericht Robert Recht geben, kippt das Machtverhältnis beim Fleischriesen zu seinen Gunsten. Nachlassverwalter Josef Schnusenberg soll mit seiner Aussage am kommenden Montag Licht ins Dunkel bringen. Schnusenberg war Vorsitzender und Schatzmeister des Fußball-Bundesligisten Schalke 04. Zudem war er Steuerberater beim Fleischkonzern Tönnies und zugleich auch Nachlassverwalter des verstorbenen  Firmengründers.

Wacklige Einigkeit

In den Sommermonaten hatten sich die zerstrittenen Parteien verstärkt um eine Einigung bemüht. Treiber der Gespräche sind dem Vernehmen nach – neben einer Armada von Anwälten und externen Beratern - für Clemens Tönnies sein Schwager und Konzern-Finanzchef Daniel Nottbrock und auf Roberts Seite dessen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Jens-Uwe Göke. Beide konnten dem Vernehmen nach in wichtigen Punkten Einigkeit erzielen – aber nicht in allen.

Uneinigkeit über Josef Tillmann

So herrscht weitgehend Konsens darüber, dass eine neue Familienholding über der Geschäftsführung der Tönnies-Gruppe installiert wird. Darin sollen vier Geschäftsführer sitzen und die strategischen Entscheidungen im Fleischkonzern treffen: neben Clemens und Robert könnten dies Nottbrock sowie eine Vertrauensperson von Robert Tönnies sein. Die neue Viererspitze soll von einem neu zu bildenden Beirat kontrolliert werden. Uneinigkeit herrscht über die Zahl der Kontrolleure. An der neuen Holding sollen Clemens und Robert je zur Hälfte beteiligt sein. Keine Annäherung gibt es in der Frage, wo die Altersgrenze für Geschäftsführer der Holding gezogen werden und wann diese ihre Arbeit aufnehmen soll.

Einigkeit besteht offenbar darin, dass Clemens Tönnies die zur Mühlen Gruppe in die Holding einbringt. Zur Mühlen gehört Clemens Tönnies privat und ist mit über 700 Millionen Euro Umsatz das größte deutsche Wurstimperium, mit Marken wie Böklunder und Gutfried. In welcher Form Clemens dafür einen finanziellen Ausgleich erhält, ist bisher nicht bekannt. Die Gespräche gehen offenbar dahin, dass Clemens über eine gesonderte Entnahmeregelung entschädigt werden könnte. Kein Jota kommen sich die Streithähne allerdings bei der Personalie Josef Tillmann entgegen. Für Robert Tönnies ist der langjährige Tönnies-Geschäftsführer eine Persona non grata. Er wirft dem 63-Jährigen vor, in einem der vergangenen Prozesse gelogen zu haben.

Hauen und stechen

Das Landgericht Bielefeld hatte eine Klage von Robert Tönnies auf fristlose Kündigung des Geschäftsführers Ende August abgewiesen. Die Personalie Tillmann, die absurderweise erst im Laufe des Prozesses eine Bedeutung gewonnen hat, gilt nun als einer der Punkte, über die beide Parteien im Bemühen um eine außergerichtliche Streitbeilegung noch keine Einigung erzielen konnten. Clemens will unter allen Umständen an Tillmann festhalten. Er sieht seinen Vertrauten nicht als Bauernopfer. Doch auch Robert bleibt offenbar stur. Über seine Anwälte ließ er schon vor Wochen seinem Onkel ausrichten, für „Herrn Tillmann muss ein für ihn gesichtswahrender Ausstieg gefunden werden“. Einen entsprechenden Vorschlag hätte er bisher vermisst.

Diese Aufforderung zeigt allzu deutlich. Die Fronten sind verhärtet. Vor allem für Robert und dessen Anwälte gilt: Alles oder nichts. Es bleibt also spannend: Vor und hinter den Kulissen.

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