Detlef Mutterer gab sich gelassen: „Die europäischen Toys’R‘Us-Gesellschaften bleiben von dem freiwillig eröffneten Restrukturierungsverfahren unberührt“, beteuerte der Deutschlandchef der US-Spielwarenhändlers Toys’R‘Us im Herbst in einem Interview. Kurz zuvor hatten seine Managementkollegen in den USA Gläubigerschutz beantragt und mit dem Chapter-11-Verfahren eine Insolvenzvariante gewählt, die auf Rettung und Sanierung zielt. Kein Grund zur Panik also, so die damalige Botschaft aus dem Kölner Hauptquartier. Es gehe bei dem Verfahren „weder um eine Geschäftsauflösung noch einen Konkurs nach deutschem Verständnis“. Ziel sei es, die Schulden bei laufendem Betrieb zu senken – „zum Zweck der Rückkehr auf eine nachhaltige Erfolgsspur für das Unternehmen“.
Doch gestern Nacht sind Mutterers Versprechen in sich zusammengefallen wie Konstruktionen aus Holzklötzchen. Die zunächst geplante Sanierung des US-Geschäfts ist krachend gescheitert. Das Unternehmen hatte statt der Restrukturierung über Chapter 11 die Großabwicklung gestartet. Wahrscheinlich wird nun ein Verfahren via Chapter 7 des amerikanischen Insolvenzrechts eingeleitet. „Ziel des Chapter-11-Verfahrens war es, die US-amerikanische Mutter von Toys’R‘Us möglichst schnell finanziell zu restrukturieren und wieder handlungsfähig zu machen“, sagt Annerose Tashiro, Leiterin des Geschäftsbereichs Internationale Restrukturierungsberatung bei der Sanierungskanzlei Schultze & Braun. „Im Chapter-7-Verfahren geht es um die Abwicklung des Konzerns“, so Tashiro. Die verbliebenen 735 US-Filialen sollen in den nächsten Wochen geschlossen werden, der Geschäftsbetrieb wird eingestellt, 30.000 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs.
Konzernchef David Brandon hatte die Entscheidung nach US-Medienberichten in der Nacht am Hauptsitz in New Jersey den Mitarbeitern mitgeteilt. „Ich habe immer geglaubt, dass diese Marke und dieses Geschäft in den USA existieren sollten“, sagte Brandon laut dem „Wall Street Journal“ in einer anschließenden Telefonkonferenz mit Mitarbeitern. Dabei ging er auch mit Lieferanten und Kunden, die Toys’R‘Us zuletzt den Rücken gekehrt hätten, hart ins Gericht: Sie „werden alle bereuen, was hier passiert“, sagte er.
„Das ist ein zutiefst trauriger Tag für uns und die Millionen von Kindern und Familien, denen wir in den letzten 70 Jahren gedient haben“, so Brandon. „Aber wir haben nicht länger die finanzielle Unterstützung, um unser US-Geschäft fortzuführen.“ Eine Einigung mit den Gläubigern zur Umschuldung sei gescheitert. Kurz zuvor hatte bereits die britische Toys’R‘Us-Tochter die Abwicklung des Filialnetzes eingeleitet. Der Versuch, einen Käufer zu finden, sei gescheitert, erklärte die mit der Verwaltung des britischen Unternehmens beauftragte Kanzlei Moorfields. Der Spielwarenhändler schließt auch dort alle seine 100 Filialen.
Damit steigt auch der Handlungsdruck auf die deutsche Tochter, die nach Unternehmensangaben hierzulande 66 Filialen betreibt sowie laut Veröffentlichungen im Bundesanzeiger für die Online-Shops in Deutschland, Österreich und den Niederlanden verantwortlich ist. „Die Nachrichten aus den USA verstärken unsere Sorge, dass die Krise der Muttergesellschaft auch Folgen für die deutschen Standorte hat“, sagte Daniela Rogge, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Toys’R‘Us Deutschland der WirtschaftsWoche.