Transfergesellschaften Mitarbeiter bequem loswerden

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Ein gutes Geschäft

Wer über Schleckers Schicksal entscheidet
Lange Jahre führte Anton Schlecker (2.v.l.) zusammen mit seiner Frau Christa (3.v.l.) das Unternehmen als autoritärer Alleinherrscher - kaum etwas drang aus seiner Trutzburg im schwäbischen Ehingen heraus. Im günstigsten Fall kommt es jetzt für Schlecker zu seiner sogenannten Planinsolvenz. Dann könnte die Familie, wenn auch nur begrenzt, weiter bestimmen. Allerdings wird ihnen der Insolvenzverwalter als Berater und Aufseher zur Seite gestellt. Quelle: dapd
Bevor es losgeht, muss allerdings der Insolvenzrichter Benjamin Webel vom Amtsgericht in Ulm feststellen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, das Insolvenzverfahren überhaupt zu eröffnen - und in welcher Form es ablaufen wird. Quelle: dpa
Kommt es zur angestrebten Planinsolvenz, wäre der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz eher ein Berater. Nur bei einer regulären Insolvenz würde er die Geschäfte ganz übernehmen. Ziel einer Planinsolvenz ist es, die Firma zu erhalten, während in einem üblichen Verfahren Unternehmen oft zerschlagen oder abgewickelt werden und die Gläubiger das restliche Vermögen erhalten. Das Amtsgericht Ulm hat Geiwitz zum sogenannten starken vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt - damit erhält er Zugriff auf das komplette Vermögen Schleckers. Quelle: dpa
Einer der wichtigsten Gläubiger der Schleckers ist beispielsweise der in der Schweiz sitzende Einkaufsverbund Markant - inzwischen ist klar, dass die Kooperation zunächst fortgesetzt wird. Warenbestellungen, Lieferungen und Abrechnungen für die deutschen Läden sind damit wieder sichergestellt. Quelle: dpa
Neben Markant hatte auch der Konsumgüterkonzern Unilever Schlecker-Filialen nicht mehr beliefert. Inzwischen haben die Läden wieder ihren vollen Betrieb aufgenommen. Über 140 Lieferzusagen verschiedenster Unternehmen liegen dem Insolvenzverwalter Geiwitz vor. Dazu zählen auch die großen Konsumgüterhersteller Beiersdorf, Henkel und Procter & Gamble. Quelle: dpa
Die Gläubiger spielen für die Zukunft von Schlecker eine wichtige Rolle - glauben sie an eine Zukunft der Drogeriekette müssen sie diese auch finanziell mittragen. Für die angestrebte Planinsolvenz ist es entscheidend, sie davon zu überzeugen, dass Anton Schlecker den Turnaround aus dem operativen Geschäft oder privaten Rücklagen schafft. Quelle: ap
Auch der der Bielefelder Kosmetik- und Pharmahersteller Dr. Wolff hat ein Interesse daran, dass der deutsche Drogeriemarkt in Zukunft möglichst viele Spieler hat und Schlecker das Verfahren übersteht. Quelle: dpa

Ein gutes Geschäft machen die rund 400 Anbieter von TGs, oft Ableger gewerkschafts- oder arbeitgebernaher Weiterbildungsinstitute. MyPegasus, eine Branchengröße, gehört Peter Hunnekuhl, ein früherer Justiziar der IG-Metall-Zentrale und Bekannter von Ex-IG-Metall-Chef Jürgen Peters. Bis zu 5000 Euro pro Transfer-Mitarbeiter zahlen der jeweilige Ex-Arbeitgeber und die Bundesagentur für Arbeit den Betreibern für Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Was der Anbieter dafür leistet und welche Qualität die Maßnahmen haben, bestimmt jeder Anbieter selbst.

Trotz aller Einwände erscheint vielen von Arbeitslosigkeit bedrohten Schlecker-Leuten nun eine TG als rettendes Ufer. Doch zwei Probleme stehen dem im Weg.

Erstens gibt es „kein Vorbild für eine Auffanggesellschaft mit einer so dezentralen Struktur“, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Das Schlecker-Verkaufspersonal ist bundesweit breit verteilt und sitzt überwiegend in der Provinz, was eine gezielte Qualifizierung und Vermittlung erschwert. Allenfalls am Zentralstandort in Ehingen und im Umfeld der 13 Schlecker-Logistikzentren sind jeweils mehrere Hundert Mitarbeiter tätig. Der Handelsverband Deutschland hat daher bereits die Einrichtung einer Online-TG vorgeschlagen, um Mitarbeiter per Internet-Schulungen weiterzubilden.

Zweitens müsste Schlecker nach den Regeln der Bundesagentur für Arbeit die Sozialversicherungsbeiträge auf das Transfer-Kurzarbeitergeld selbst tragen. Je nachdem wie viele Mitarbeiter in die TG wechseln und wie lange die Gesellschaft besteht, dürfte das einen hohen zweistelligen Millionenbetrag kosten – Geld, das Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz derzeit nicht hat. Er sucht nach Kreditgebern und öffentlichen Bürgen.

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