Trusted-Shops-Gründer Black Friday: „Manche Angebote sind zu günstig, um wahr zu sein“

Trusted-Shops-Gründer Jean-Marc Noël Quelle: Trusted Shops

Das Geschäft des Onlinehändler-Prüfers Trusted Shops hat Hochkonjunktur: Alle Mitarbeiter erhalten 500 Euro „Corona-Bonus“. Gründer Jean-Marc Noël erklärt, worauf Onlineshopper nicht nur am Black Friday achten müssen.

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WirtschaftsWoche: Herr Noël, der Onlinehandel gilt seit dem ersten Lockdown als Corona-Profiteur. Nun dürften der „Lockdown light“ und das Weihnachtsgeschäft samt Rabattschlachten diesen Trend befeuern. Ist auch Ihr Unternehmen ein Corona-Profiteur?
Jean-Marc Noël: Ja, auf jeden Fall. Wir haben wirklich Glück, in dieser Branche zu arbeiten. Dass unser Geschäftsmodell auf Vertrauen und der Digitalisierung beruht, spielt uns gerade in die Karten. Wir kommen intern sehr gut mit der Situation klar: Beim Ausbruch der Pandemie in Deutschland habe ich alle Mitarbeiterrinnen und Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Ich wusste nicht, ob das überhaupt funktionieren würde. Wir haben schnell festgestellt: Das funktioniert richtig gut. Kommunikation und Zusammenarbeit haben sich sogar verbessert.

Haben Sie das beibehalten?
Ja. Ich habe nach dieser positiven Erfahrung allen gesagt: „Ab jetzt könnt ihr arbeiten, wo immer ihr wollt.“ Wir messen den Arbeitserfolg am Ergebnis – und nicht an der Anzahl der abgearbeiteten Stunden. Das hat für einen enormen Motivationsschub im Unternehmen gesorgt. Das geht natürlich nur, weil wir uns das gerade erlauben können. Dafür bin ich jeden Tag dankbar. Ich denke hier auch an viele andere Unternehmen, die solche Schritte nicht machen können.

Wie flexibel geht das? Könnte ich als Ihr Mitarbeiter morgens aufwachen und dann entscheiden, ob ich heute einfach zu Hause bleibe oder ins Büro fahre?
So ist es. Ich vertraue den Mitarbeitern, dass sie ihre Ziele mit dieser Flexibilität am besten erreichen. Am Ende geht es um Lebensqualität.

Leidet darunter nicht die Kreativität, die in persönlichen Gesprächen entsteht?
Überhaupt nicht. Wir waren noch nie so gut aufgestellt wie jetzt. Wir kommunizieren mehr denn je. Zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens steht jetzt schon unsere Planung für das kommende Jahr.

Wie oft sind Sie selbst noch im Büro?
Sie erreichen mich heute wirklich nur ausnahmsweise im Büro. Mittlerweile bin ich deutlich häufiger zu Hause. Auch ich habe die Flexibilität für mich entdeckt.

Und wie läuft das Geschäft von Trusted Shops?
Nach dem Schock im März und April haben wir festgestellt, dass viele Unternehmen E-Commerce für sich entdeckt haben – manche notgedrungen. Viele Händler sind auf uns zugekommen und haben um Unterstützung gebeten. Das hat nicht aufgehört. Heute kommen immer noch überdurchschnittlich viele Händler auf uns zu. Darunter sind viele Unternehmen, für die „online“ noch nie ein Thema war – und die gerade dabei sind, ein E-Commerce-Projekt auf die Beine zu stellen.

Wie stark ist das Geschäft gewachsen?
So viel kann ich sagen: Ein Drittel unserer Kunden kommt von sich aus auf uns zu. Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Den Rest akquirieren wir über Vertriebsmaßnahmen.

All das hat Ihnen ein so gutes Geschäft beschert, dass Sie Ihren 600 Mitarbeitern einen Bonus zahlen konnten?
Genau. Als wir das gesamte Unternehmen im März ins Homeoffice geschickt haben, waren wir sehr vorsichtig bei den Kosten. Wir haben etwa Einstellungen heruntergefahren. Dann haben wir schnell gemerkt: Das funktioniert viel besser als gedacht. Unsere Jahresziele werden wir voraussichtlich erreichen. Allerdings mussten wir zum Beispiel unsere Sommer- und Weihnachtsfeier absagen. Da wollten wir unseren Mitarbeitern einfach etwas zurückgeben. In dem Fall den Corona-Bonus in Höhe von 500 Euro.

Also insgesamt etwa 300.000 Euro Ausgaben. Ein außergewöhnlicher Schritt in einem „Krisenjahr“. Man hätte das Geld auch für Investitionen nutzen können.
Klar, aber wir verstehen es als Investition in unsere Mitarbeiter.

Haben Sie als Geschäftsführer eigentlich einen Corona-Bonus bekommen?
Da müsste ich auf meinem Gehaltszettel nochmal nachgucken (lacht).

Mit Kurzarbeit hatten Sie nicht zu kämpfen?
Wir haben uns zumindest auf Kurzarbeit vorbereitet. Nach zwei Monaten war aber klar: Das wird nicht nötig sein. Klar, die Kundenakquise gerade im Ausland war schwierig. Aber das Geschäft hierzulande hat das gut ausgeglichen. Wir stellen auch wieder neue Mitarbeiter ein. Für das kommende Jahr planen wir mit 150 bis 200 neuen Kolleginnen und Kollegen.

Nun gibt es mehrere Neuigkeiten über Durchbrüche bei der Impfstoffsuche. Wie können Sie planen? Ein Impfstoff würde den Boom des Onlinehandels mindestens mal auf die Probe stellen.
Ich bin überzeugt, dass das Niveau im E-Commerce wieder etwas zurückgehen wird. Allerdings wird es doch höher sein als im Vorjahr. Auch ohne die Pandemie. Wir können also positiv in die Zukunft blicken.

Aber mal ehrlich: Ihre Abhängigkeit vom Onlinehandel ist unübersehbar. Wenn der leidet, dann leiden Sie – oder nicht?
Auf jeden Fall. Aber wir sind dabei, uns breiter aufzustellen. In der gesamten Digitalisierung braucht es noch mehr Vertrauen. Nicht nur beim Einkauf im Netz. Da waren wir zwar die Pioniere. Aber denken Sie nur mal an Fake News. Außerdem sind unter unseren Kunden auch Banken, Versicherungen und große Autokonzerne. Und die haben meist keinen Onlineshop. Trotzdem ist ihnen Glaubwürdigkeit im Netz wichtig.

Im Weihnachtsgeschäft mit seinen Rabattaktionen dürfte der Onlinehandel abermals profitieren. Achten Konsumenten in diesen Tagen wirklich drauf, ob ein Shop nun ein Siegel von Ihnen trägt? Zählen letztendlich nicht nur der Preis und die Verfügbarkeit?
Gerade wenn die Not groß ist – wie während einer Pandemie – bestellt man gerne blind. Das wollen Fake-Shops ausnutzen. Deshalb ist es tatsächlich so wichtig, auf Qualitätsmerkmale eines Onlineshops zu achten. Wenn Angebote übertrieben günstig sind, sind sie häufig auch zu günstig, um wahr zu sein. Da lohnt die Suche nach einem Gütesiegel.


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Was raten Sie den Verbrauchern für die Rabattschlachten noch?
Meine Empfehlung ist es immer, sich auf Aktionen wie Black Friday, Cyber Monday oder das generelle Weihnachtsgeschäft mit seinen Angeboten vorzubereiten. Wer schon weiß, welches Produkt er bestellen möchte, sollte jetzt schon herausfinden, wo es das Produkt wirklich gibt. Die Gefahr, an den Aktionstagen auf Fake-Angebote hereinzufallen ist bei spontanen Käufen deutlich größer.

Kunden sollten also vergleichen?
Genau. Wer den regulären Preis eines Produkts schon heute kennt, kann dann auch am Aktionstag bewerten, wie gut ein Angebot wirklich ist. Und ob er ein Schnäppchen machen kann. Mit guter Vorbereitung muss sich kein Onlineshopper von Sätzen wie „Nur noch heute erhältlich“ oder irgendwelchen Countdowns verrückt machen lassen. Und wer am Aktionstag schon in den frühen Morgenstunden loslegt, hat natürlich einen klaren Vorsprung.

Und wenn ich doch auf ein Angebot hereinfalle?
Der große Vorteil am Onlinehandel in Deutschland ist das vierzehntägige Widerrufsrecht. Das gilt auch für Aktionsprodukte. Für günstige Artikel ist die bürokratische Hürde natürlich immer hoch. Insgesamt nutzen die Deutschen diese Möglichkeit aber schon sehr gerne. Gerade bei großen Anschaffungen ist sie besonders wertvoll.



Warum sind Fake-Shops immer noch so ein großes Problem? Das Phänomen ist ja seit Jahren bekannt.
Die Fake-Shops entwickeln sich immer weiter. Die Betrüger sind nämlich sehr raffiniert. Je größer der E-Commerce wird, desto professioneller werden die Fake-Shops. Sie erscheinen mittlerweile immer häufiger bei Google, werden so besser gefunden.

Faken Betrüger Ihre Gütesiegel?
Ja, das tun sie auch. Hier noch ein Tipp: Wer ein Gütesiegel von Trusted Shop sieht, sollte immer draufklicken. Es hat eine Funktion und ist nicht nur ein Bild: Wenn sich dann nicht unsere Seite mit dem Händlereintrag öffnet, sollte man nicht bei diesem Shop kaufen. Auf unserer eigenen Webseite findet man über eine Suchfunktion auch eine Liste aller geprüften Händler. Das ist der ganz sichere Weg. Und wir bieten noch ein Browser-Plug-in an, das erkennt, ob man gerade auf einem von uns geprüften Shop unterwegs ist.

Mehr zum Thema: Onlinehändler hoffen im Weihnachtsgeschäft samt Black Friday und Cyber Monday auf Rekordumsätze. Die sind auch dringend nötig.

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