Tui Reiseanbieter bleibt von Terrorangst verschont

Die Reisebranche leidet unter der Verunsicherung der Urlauber: Bei Thomas Cook bricht der Gewinn ein, Airlines wie Lufthansa und Easyjet streichen ihre Prognosen. Nur der Tui kann die Terrorangst nichts anhaben.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
TUI Quelle: dpa

Terroranschläge in Frankreich, politische Unruhen in Nordafrika und dann noch ein Militärputsch in der Türkei. Die Deutschen scheuen sich, in viele ihrer eigentlich geliebten Urlaubsländer zu reisen. Die Angst vor dem nächsten Terroranschlag verunsichert sie. Darunter leidet die gesamte Branche, Hotels, Airlines und auch die Reiseveranstalter. Mit einer Ausnahme: Tui, der größte europäische Reiseveranstalter, hält eisern an seinem Gewinnziel fest.

Und dieses Ziel ist ehrgeizig: Um zehn Prozent will Tui-Chef Friedrich Joussen seinen Gewinn steigern, nach einem Rekordergebnis von über einer Milliarde Euro im vergangenen Jahr. Und das in einer Zeit, die viele in der Branche als schwierigste Saison seit Langem bezeichnen. „Wir bestätigen unseren Ausblick für das bereinigte Ergebnis im Gesamtjahr“, erklärte Konzernchef Joussen noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Zeitschrift "Euro am Sonntag". Auch Analysten rechnen mit guten Nachrichten, wenn Joussen am Donnerstag Quartalszahlen vorlegt.

Das Selbstbewusstsein des fast zwei Meter großen Tui-Chefs hat einen guten Grund: Der Reiseveranstalter steht besser da als die Konkurrenz. Seine Urlauber hat der Reiseveranstalter geschickt umgelenkt, an die als sicher geltenden spanischen und italienischen Strände. Doch vor allem vertraut Joussen weiter auf sein starkes Kreuzfahrt-Geschäft. Und den Urlaub auf dem Meer hat der Terror bisher nicht erreicht.

Der Rest der Branche hingegen macht sich große Sorgen. Die Reiseveranstalter verdienen einen Großteil ihres Geschäfts im Sommer. Doch die europäischen Urlauber warteten in diesem Jahr mit ihrer Entscheidung oft bis auf die letzte Minute. Viele buchen überhaupt nicht - oder wenn, dann nur den Urlaub im eigenen Land.

Der britische Reiseveranstalter Thomas Cook, Tuis größter Konkurrent, verzeichnete zuletzt fünf Prozent weniger Buchungen. Der Gewinn brach deshalb im vergangenen Quartal um 90 Prozent ein. Konzernchef Peter Fankhauser senkte daraufhin sein Gewinnziel: Nur noch mit 300 Millionen Pfund sollen am Ende des Geschäftsjahrs übrig bleiben. Doch selbst diese Nachricht nahmen die Anleger noch mit Erleichterung auf, weil Fankhauser ihnen wenigstens nicht die Dividende strich.

Tui dreht an der Preisschraube

Besonders die Situation in der Türkei macht Thomas Cook zu schaffen. Zu dem Konzern gehören Marken wie Neckermann und der Türkei-Spezialist Öger Tours. Die Briten gelten deshalb als Marktführer in der Türkei. Tui muss weniger Hotelbetten füllen.

"Tui hat relativ wenige Buchungen verloren, weil der Konzern es beherrscht, die Urlauber in andere Länder umzuleiten", sagt Analyst Wolfgang Donie von der NordLB. Statt nach Ägypten oder in die Türkei fliegt Tui seine Gäste nun nach Spanien. Dort sind die Hotelzimmer ohnehin teurer als in der Türkei. Und die starke Nachfrage in dieser Saison treibt den Preis noch nach oben. "Tui kann dort an der Preisschrauben drehen", sagt Analyst Donie. Die höheren Einnahmen schmälern die Verluste aus dem Türkei-Geschäft.

Im Fall von Easyjet und Thomas Cook kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: Beide Konzerne haben ihren Sitz in Großbritannien. Nach der Brexit-Entscheidung könnten die Briten nun sparsamer mit ihrem Geld umgehen. Das würde auch Tui treffen, Großbritannien ist der umsatzstärkste Markt des Konzerns.

Die Reiseveranstalter können glücklich sein, dass die Abstimmung erst im Sommer feststand. Die britische Tui-Tochter habe zu dem Zeitpunkt bereits 80 Prozent ihrer Reisen verkauft, erklärte Tui-Chef Joussen kürzlich. "Die Auswirkungen des Brexit werden sich in diesem Geschäftsjahr noch nicht zeigen", sagt Analyst Donie.

Joussens stärkstes Argument allerdings kam erst in diesem Sommer zum Konzern: Die "Mein Schiff 5" von Tui Cruises, einem Gemeinschaftsunternehmen von Tui und dem amerikanischen Kreuzfahrtriesen Royal Caribbean. Die Kreuzfahrten gelten als Selbstläufer, die Kabinen auf den Ozeankreuzern sind beinahe vollständig ausgebucht. Die Terrorangst unter den Urlaubern hat daran bisher nichts geändert. Die Kreuzfahrtschiffe weichen einfach aus, wenn es irgendwo unruhig erscheint.

Ein neues Schiff bedeutet damit automatisch einen Sprung bei Umsatz und Gewinn. Und die nächste Taufe steht schon bald an: Die "Mein Schiff 6" geht in 296 Tagen auf Jungfernfahrt, wie ein Countdown auf der Homepage verkündet.

Joussen scheint sich sicher zu sein, dass der Terror sein Geschäft verschont. Darauf wettet der Vorstandschef auch sein eigenes Geld: Gerade erst hat Joussen 100.000 Aktien zugekauft.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%