Übernahme durch Edeka Showdown bei Kaiser's Tengelmann

Tengelmann will die Bundesrichter davon überzeugen, den Verkauf an Edeka schnell zu genehmigen. Deshalb droht er mit dem Kahlschlag. Ein Kommentar.

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Die Supermarktkette will offenbar Filialen schließen und Stellen abbauen. Quelle: dpa

Hamburg Die Lage bei der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann scheint dramatisch. Die Meldungen vom Wochenende, Tengelmann plane jetzt eine radikalen Jobabbau, kommen nicht von ungefähr: Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub will Druck machen, damit das Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe möglichst bald den Verkauf an Edeka doch noch möglich macht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat bekanntlich die nach langem Zögern erteilte Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel (SPD) kassiert – daher geht die Hängepartie ohne Aussicht auf ein juristisches Ende weiter.
Die aktuelle Strategie von Tengelmann: Der Supermarkt-Betreiber will die Richter von der Eilbedürftigkeit des Beschlusses überzeugen. Die Rede ist davon, dass immer mehr Filialen Verlust machen – weil die Kunden das Vertrauen verlieren, weil die Zulieferer von dem Auslaufmodell Kaiser’s Tengelmann höhere Preise verlangen als von der Konkurrenz und weil Fachkräfte reihenweise kündigen. Aus dem Tengelmann-Umfeld ist zu hören, einzelne Abteilungen wie die IT seien inzwischen dramatisch unterbesetzt. Die Verluste drücken immer stärker auf den Familienkonzern.
Für den Tengelmann-Eigner Haub ist das lange Warten inzwischen tatsächlich eine Zumutung. Er trägt zwar eine Mitverantwortung für die verworrene Lage – schließlich hat er sich trotz des absehbaren Einspruchs des Kartellamts früh auf den Marktführer Edeka als Käufer festgelegt. Denn mit Edeka hat Haub gute Erfahrungen beim Verkauf seiner Discount-Kette Plus gemacht.

Wenn Kaiser’s Tengelmann jetzt aktiv reihenweise Jobs streicht, schwächt das jedoch auch die Argumente für die Ministererlaubnis. Schließlich argumentiert Gabriel mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Es scheinen sich also zwei Szenarien herauszubilden: In einer Art Eilverfahren bekommt Haub von den Karlsruher Richtern doch noch die Erlaubnis, seine Supermärkte an Edeka zu verkaufen. Oder aber Haub lässt die Kette eingehen. Dann wird sich zeigen, ob das Kartellamt mit seiner Vorstellung Recht behält

Demnach würden in die frei werdenden Supermarkt-Immobilien sehr schnell Märkte der Konkurrenten einziehen. Denn momentan gönnen sich vor allem Edeka und dessen Rivale Rewe gegenseitig keine Standorte und belegen teils nur deshalb Supermarkt-Standorte, um den Rivalen abzublocken. In diesem Szenario würden also in etwa so viele Arbeitsplätze bei den Konkurrenten und bei Discountern entstehen, wie bei Kaiser’s Tengelmann wegfielen. Zugleich würde die Konkurrenzzwischen den deutschen Lebensmittelhändlern angefacht – andres als bei der Komplettübernahme durch den Marktführer.

Doch klar ist: Das wäre ein Experiment, das etlichen Menschen in relativ einfachen Arbeitsverhältnissen den Job kosten könnte. Sozialdemokrat Gabriel allerdings könnte auf die Gerichte verweisen und wäre vor dem beginnenden Wahlkampf ein gefährliches Streitthema los, bei dem er keine gute Figur gemacht hat.
Für Haub allerdings wäre die Schließung wohl mit höheren Kosten verbunden als die Abgabe der Märkte an Edeka – selbst wenn er dem Hamburger Händler womöglich sogar noch eine Mitgift zahlen müsste. Auch deshalb kämpft Haub um die Ministererlaubnis. So oder so: Eine Entscheidung dürfte bald fallen.

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