Übernahme? Supergeil! Warum Edeka Tengelmann braucht

Bis zur letzten Minute versucht Handelsriese Edeka alles Mögliche, um den Widerstand des Bundeskartellamtes zu brechen und die Supermarktsparte von Tengelmann zu übernehmen. Warum eigentlich?

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Friedrich Liechtenstein Quelle: PR

Klagedrohungen, Kompromissvorschläge, Bettelbriefe an Politiker – was hat Edeka-Chef Markus Mosa in den vergangenen Wochen nicht alles unternommen, um Stimmung zu machen für die Übernahme der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann?

Viel zu wenig, findet der Berliner Partner einer Kartellrechtskanzlei, die lieber im Hintergrund bleiben will. Eigentlich hätte der Edeka-Chef längst seine Geheimwaffe, „den YouTube-Heini“, ins Rennen schicken sollen, witzelt der Anwalt und spielt auf den Online-Werbestar Friedrich Liechtenstein an. Der bärtige Künstler hatte in Web-Videos allerlei Edeka-Produkten das Prädikat „supergeil“ verpasst und damit Kultstatus im Netz erlangt. Nur der Edeka-Werbeopa könne das Verfahren jetzt noch retten, meint der Kartellrechtler. Der Slogan: „Supermarkt-Übernahme? Supergeil!“

Der Juristen-Spott zeigt, wie es um die seit Jahren größte Übernahmeofferte im deutschen Lebensmittelhandel steht: Das Bundeskartellamt in Bonn wird das Geschäft allenfalls in einer stark abgespeckten Form genehmigen – wenn überhaupt.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Sollten sich die Beteiligten nicht noch schnell auf eine Fristverlängerung verständigen, könnte die zuständige zweite Beschlusskammer der Behörde bereits Mitte der Woche eine finale Entscheidung fällen, sagt ein Sprecher des Kartellamts.

Für Edeka-Chef Mosa steht dabei einiges auf dem Spiel. Bremst das Amt seine Pläne aus, würde ein zentraler Baustein seiner Wachstumsstrategie wanken. Denn ohne Tengelmann kommt Mosa nicht weit.

Das Problem: Zusammen mit dem konzerneigenen Billigheimer Netto Markendiscount hat Edeka ein Netz von rund 11.600 Märkten über Deutschland gespannt. Beim Flächenwachstum hat Edeka damit wohl die Grenze erreicht. Zusätzliche Märkte lassen sich in Deutschland kaum eröffnen, ohne bereits bestehenden Filialen Kunden abzujagen.

Keine Auslandsambitionen bei Edeka

Edekas Wettbewerber haben das Problem früh erkannt und deswegen die Expansion ins Ausland forciert. So ist die Kölner Rewe-Gruppe mittlerweile in 16 Ländern aktiv. Der Düsseldorfer Metro-Konzern erzielt rund 60 Prozent des Umsatzes jenseits der deutschen Grenzen. Lidl plant gar den Start in den USA, weil dem Discountschwergewicht selbst Europa zu klein wird.

Bei Edeka beschränken sich die Auslandsambitionen dagegen auf die Regale in den Läden – mit Eigenmarken der Sorten La France und Italia. Eine internationale Aufholjagd wäre für den Konzern ungleich aufwendiger, als mithilfe von Tengelmann zu wachsen. Das hätte sogar einen schönen Nebeneffekt. Denn mit der geplanten teilweisen Weitergabe der Kaiser’s-Tengelmann-Länden an erfolgshungrige Edeka-Kaufleute könnte Mosa bei seiner genossenschaftlich organisierten Basis punkten.

Doch dafür muss erst einmal das Kartellamt mitspielen, wonach es zuletzt nicht aussah. Im Gegenteil: Schon als Mosa und Tengelmann-Patron Karl-Erivan Haub ihre Pläne im Oktober 2014 vorstellten, signalisierte die Behörde erhebliche Bedenken.

In der Folge besserten Mosa und Haub ihre Offerte nach. Zuletzt boten sie an, 100 der insgesamt 451 Kaiser’s-Tengelmann-Märkte an Wettbewerber abzugeben.

Bedenken der Behörden

Allein, das Angebot scheint kaum geeignet, die Bedenken der Behörde zu beseitigen. So sieht das Amt vor allem die Folgen für die Lieferanten kritisch. Ihre Abhängigkeit vom größten deutschen Lebensmittelhändler ist immens – und würde weiter steigen. Auch die Abgabe einzelner Filialen an Wettbewerber ändert daran wenig.

Egal, wie das Amt letztlich entscheidet, der Streit wird weitergehen. Untersagt die Behörde die Übernahme, will Tengelmann vor Gericht ziehen. Verzichtet sie auf ein Veto, will Edeka-Rivale Rewe klagen. Für die beteiligten Kartellrechtler lässt sich die Lage damit wohl in einem einzigen Wort zusammenfassen: supergeil.

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