Umweltschützer sauer Coca Cola kommt bald in Kapseln

Nie mehr Kisten schleppen: Bald sollen auch Limonade und Saft aus Kunststoff-Kapseln á la Nespresso kommen. Coca Cola investiert Milliarden, während Umweltschützer auf die Barrikaden gehen.

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Cola, Fanta, Bier? Bald sollen auch Kaltgetränke aus Kapseln, hier Kaffeekapseln der Firma Esprimo, kommen. Quelle: dapd

Coca Cola hofft, dass Sie neben der Nespresso-Maschine noch einen Platz frei haben: Da soll bald nämlich der Cola-Automat stehen. Der funktioniert genau gleich wie die Kaffeekapsel-Maschine: Kapsel rein, fertiges Getränk raus. Nur dass es dann eben Cola, Sprite oder Fanta statt Kaffee gibt. So könnte sich jeder zu Hause seine Limonade selbst machen. Auch Saft-Kapseln, Eistee-Kapseln, Fitnessgetränke-Kapseln wären mit der Technologie möglich.

Die Idee ist Coca Cola 1,25 Milliarden Dollar wert. Das hat der amerikanische Getränkehersteller im Februar für zehn Prozent an Green Mountain Coffee, dem umsatzstärksten Kaffeekapsel-Hersteller der USA, gezahlt. Gleichzeitig gaben die Unternehmen bekannt, zusammen das erste Kapsel-System für Kaltgetränke („Keurig Cold“) zu entwickeln.

Die Limo-Automaten sollen Ende diesen oder Anfang kommenden Jahres auf den Markt kommen, heißt es in einer Pressemitteilung. Soeben hat Green Mountain bekannt gegeben, für knapp 340 Millionen Dollar eine neue Fabrik zu bauen: Mehr als 500 Mitarbeiter sollen hier künftig Kaltgetränk-Kapseln produzieren.

Limo aus Kapseln

Die Kapseln werden Limonadensirup und Kohlensäure enthalten, die dann in der Limonade- Maschine mit Leitungswasser vermischt werden, erklärte Green Mountain-Geschäftsführer Brian Kelley in einem Zeitungsinterview. Die Kaffee-Kapseln, die das Unternehmen bisher produziert, sind aus Kunststoff und mit einem Plastik-Alu-Deckel verschlossen.

Anders als bei den Kaffee-Kapseln, die letztlich nur eine neue Form der Portionierung waren, ist dieses System ein klarer Bruch mit dem Geschäftsmodell der Getränkehersteller im Privatkundenmarkt. Für jede verkaufte Kapsel brauchen sie keine Flasche mehr einkaufen, keine Abfüllanlage betreiben, und sparen die Transportkosten. Lars Lusebrink, Coca Cola-Analyst bei Independent Research, erwartet auch einen psychologischen Effekt beim Einkaufen: „Die Kunden haben das Gefühl: Jede weitere Kapsel kostet ja nur wenig. Das verleitet sie, mehr zu kaufen“.

Ob Cola nach dem Vorbild der Kaffeekapsel-Anbieter auch hohe Gewinnspannen durchsetzen kann, bleibe abzuwarten, „aber die Margen dürften doch recht attraktiv sein“, sagt Lusebrink. Er glaubt, dass auch die Konkurrenz – wie etwa Pepsi – bald ähnliche Projekte starten wird. „Wenn der Marktführer Coca Cola das macht, ist davon auszugehen, dass mittelfristig andere nachziehen“.

Die Konkurrenz weiß aber auch, dass Coca Cola Anfang der neunziger Jahre mit einem ähnlichen Projekt schon einmal grandios gescheitert ist. Damals entwickelte das Unternehmen aus Atlanta, Georgia, einen Getränkeautomat namens „Breakmate“. Das reichlich unförmige Trumm mischte ebenfalls Sirup und Wasser zu Coke-Limonaden zusammen und war vor allem für kleine Büros gedacht. Die wenigen Kunden beschwerten sich über den ungenauen Mischmechanismus und ständige Reparaturen. 2007 stellte Coca Cola die Produktion von Ersatzteilen ein.

Da war mit Sprudelmaschinen wie Sodastream die nächste Technologie auf den Markt, die Getränke zum Selbermachen versprach. Sodastream bietet ebenfalls Limonadensirup an (wenn auch nicht von Coca Cola). Das System hat aber einen entscheidenden Nachteil, sagt Andrew Holland, Coca Cola-Analyst der Société Générale: „Soda Stream Cola schmeckt furchtbar“. Das geplante Keurig-System müsse „bessere Qualität“ liefern, wenn es ein Erfolg werden soll.

Leichter dosieren

Genau das ist der Vorteil, der Kapselsysteme, heißt es beim Kapselproduzenten und Coca Cola-Partner Green Mountain: Der Sirup lässt sich hier ganz genau dosieren. Außerdem soll die auch gleich die Kohlensäure beinhalten. Das bedeutet: Das Mischverhältnis Wasser-Sirup ist immer gleich; und im Gegensatz zu Sodastream müssen keine CO2-Kanister ausgetauscht werden.

Trotzdem werde so eine Maschine wohl zwischen 200 und 300 Dollar kosten, sagt Analyst Andrew Holland. „Ich bin skeptisch, ob es wirklich eine Nachfrage nach solchen single serve Limonadenmaschinen gibt. Coke im Laden zu kaufen ist weder besonders schwer noch teuer“.

Auch Umweltschutz-Organisationen sind von dem Geschäftsmodell wenig begeistert. Jürgen Knirsch, bei Greenpeace für das Thema zuständig, spricht von einem „falschen Zeichen“. Nicht dass Kapseln an sich schlecht wären – „besser als eine Getränkedose ist das immer noch“. Wenn man aber auch die notwenigen Softdrink-Maschinen in die Umweltbilanz einrechnet, sagt Knirsch, sei die Mehrwegflasche jederzeit vorzuziehen.

Bereits jetzt fallen in Deutschland einer Berechnung der Zeitung „Die Welt“ zufolge jedes Jahr 4000 Tonnen Aluminium- und Plastikmüll durch Kaffee-Kapseln an.

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