US-Importzoll von 220 Prozent Bombardier in der Bredouille

Das US-Handelsministerium belegt den neuen Bombardier-Mittelstreckenjet mit einem Importzoll von 220 Prozent, weil dieser angeblich zu Dumpingpreisen in den Markt gedrückt wurde. Die kanadische Regierung ist stinksauer.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die C-Serie des Flugzeugherstellers könnte unter den hohen Importzöllen der USA leiden. Quelle: AP

Ist das der Todesstoß für einen Hoffnungsträger? Das US-Handelsministerium will die C-Serie, den nagelneuen Mittelstreckenjet des kanadischen Herstellers Bombardier, mit einem Importzoll von sage und schreibe 220 Prozent belegen. Zwar muss die Entscheidung noch bestätigt werden. Zudem könnte sie von der US International Trade Commission wieder einkassiert werden. Doch deren Entscheidung wird wohl erst im kommenden Jahr fallen.

Vor Bombardier und den Kunden für das neue Flugzeug liegen also Monate der Unsicherheit. Schon wird in der Branche diskutiert, was die US-Airline Delta nun mit dem Auftrag für Bombardier macht. Delta hat 75 CS100 fest bestellt und sich eine Option auf bis zu 50 weitere Maschinen gesichert. Delta verweist darauf, dass die Entscheidung des Handelsministeriums bisher nur vorläufig sei.

Angezettelt hat den Fall der Rivale Boeing. Der hatte aus dem kolportierten Kaufpreis, den Delta und Bombardier für die 125 Flugzeuge ausgehandelt haben sollen, einen Stückpreis von 19,6 Millionen Dollar errechnet. Laut Liste kostet eine CS100 aber 76,5 Millionen Dollar. Zwar sind kräftige Preisnachlässe gerade bei wichtigen und großen Kunden in der Luftfahrt Standard. Doch ein solcher Rabatt, sollte er stimmen, wäre schon außergewöhnlich.

Boeing wirft dem Rivalen deshalb vor, das neue Flugzeug zu Dumpingpreisen in den Markt drücken zu wollen, die nur durch staatliche Subventionen möglich seien. Bombardier hatte sich mit der insgesamt sechs Milliarden Dollar teuren Entwicklung der C-Serie mächtig verhoben und war in eine finanzielle Schieflage geraten. Mittlerweile ist die C-Serie in ein eigenes Unternehmen ausgelagert, an dem neben Bombardier auch die Provinz Quebec beteiligt ist.

Bombardier widerspricht der Rechnung von Boeing, ebenso dem Vorwurf von Dumpingpreisen. Zudem verweist man darauf, dass die C-Serie mit einer Sitzzahl von bis 130 Plätzen einen Markt anspreche, für den Boeing selbst gar kein Flugzeug habe. Der Rivale sei von der Bestellung etwa durch Delta gar nicht betroffen, heißt es.

Deshalb überrascht es nicht, dass die Entscheidung des amerikanischen Handelsministeriums bei der kanadischen Regierung heftigen Widerspruch erntet. „Das geschieht einzig mit dem Ziel, Bombardiers C-Serie vom amerikanischen Markt zu eliminieren“, wetterte Chrystia Freeland, die Außenministerin des Landes. Premierminister Justin Trudeau hatte bereits angekündigt, kein Militärgerät mehr bei Boeing kaufen zu wollen, sollte die USA massiv gegen Bombardier vorgehen.


Dringender Modernisierungsbedarf

Für Bombardier ist die Entscheidung bitter. Mit der C-Serie wollen die Kanadier bei kleineren Mittelstreckenjets das Duopol von Airbus und Boeing aufbrechen. „Die C-Serie bietet nie dagewesene Innovationen. Wir sind mit vielen potenziellen Kunden in Kontakt“, hatte sich der zuständige Spartenchef Fred Cromer im Gespräch mit dem Handelsblatt im Frühsommer auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris optimistisch gezeigt. Doch für einen echten Durchbruch ist das Unternehmen auf einen richtig großen Kunden angewiesen.

Der fehlte lange Zeit, auch wenn die Lufthansa-Tochter Swiss das Flugzeug geordert und bereits im Einsatz hat. Deshalb ist der Megaauftrag von Delta so wichtig. Denn andere US-Airline könnten diesem Beispiel folgen. Amerikanische Fluggesellschaften fliegen altes Gerät und müssen ihre Flotten dringend modernisieren.

Die beliebtesten Business-Flugzeuge Europas
Auf der Paris Airshow 2001 feierte die französische Antwort auf die Gulfstream G550 ihre Premiere. Der Jet ist das größte, schnellste und reichweitenstärkste Privatflugzeug des französischen Luftfahrtkonzerns Dassault. 2014 legte die Falcon F7X kräftig zu und verzeichnete 12,8 Prozent mehr Starts in Europa. Quelle: Die Rangliste basiert auf Angaben von WINGX Advance. Das Marktforschungsinstitut hat dafür die Daten der europäischen Luftverkehrskontrolle Eurocontrol für 2014 ausgewertet. Quelle: PR
Die kleinere Maschine der Challenger-Reihe von Bombardier hatte ihren Jungfernflug ebenfalls 2001. Die Kanadier wollen als Nachfolger die Challenger 350 auf den Markt bringen. Doch noch läuft es für die Challenger 300: Die Abflüge stiegen um 1,7 Prozent. Quelle: PR
Die Global-Serie von Bombardier setzt insbesondere in der Reichweite Maßstäbe. Je nach Ausführung können die Maschinen zwischen 9630 und 14.631 Kilometer weit fliegen. 2014 gab es 9,4 Prozent mehr Starts in Europa. Quelle: PR
Die Gulfstream G500 des gleichnamigen US-Herstellers und das Vorgängermodell liegen ebenfalls im Trend. 2014 nahm die Zahl der Abflüge um 2,7 Prozent zu. Die G500 überzeugt vor allem durch ihre Reichweite von mehr als 9000 Kilometern. Quelle: PR
Bereits seit Mitte der 80er-Jahre ist die Falcon 900 im Einsatz. Der dreistrahlige Dassault-Flieger war 2014 allerdings auf dem absteigenden Ast: Der Jet verzeichnete 4,4 Prozent weniger Abflüge in Europa. Quelle: PR
Der Flugzeugbauer Cessna ist gleich fünfmal in den Top 10 der Business-Flugzeuge in Europa vertreten. Den Anfang macht die Citation II. Zusammen mit ihrem Nachfolgemodell Citation Bravo verlor der zweistrahlige Jet aber 9,4 Prozent aller Abflüge. Die Citation II ging Ende der 70er-Jahre erstmals in die Luft. Quelle: PR
Im Jahr 1978 schickte Bombardier die erste Version des zweistrahligen Jets an den Start. Seitdem hat sich die Challenger zu einem der beliebtesten Privatjets gemausert. Zusammen gab es für die Flugzeuge der 600er-Reihe 2014 allerdings Einbußen – die Starts gingen um 4,2 Prozent zurück. Quelle: PR

Am unteren Rand des Marktes für Mittelstreckenflugzeuge ist ein regelrechter Wettlauf entbrannt. Nicht nur Bombardier drängt von unten in das Geschäft, das seit langem von Airbus und Boeing dominiert wird. Embraer schickt die 195-E2 ins Rennen, der japanische Hersteller Mitsubishi seine MRJ 90. Und der russische Rivale Sukhoi hat den Superjet 100 entwickelt. Noch sind diese Flugzeuge in der Regel kleiner als die A320 oder die Boeing 737. Aber größere Versionen sind geplant.

Am weitesten ist hier Bombardier, eine Erklärung für das harte Vorgehen von Boeing. Die C-Serie von Bombardier gibt es bereits in einer 300er-Variante. Branchenexperten sprechen den Kanadiern die besten Aussichten zu, das Duopol zu knacken. „Dafür ist es notwendig, dass Bombardier seine Finanzprobleme überwinden und seine Auftragsbücher langfristig füllen kann", heißt es in einer Studie der Beratungsgesellschaft Alix Partners. Das dürfte nach der aktuellen Entscheidung des US-Handelsministeriums nun wohl noch schwieriger werden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%