Zum Kennenlernen gab's Würstchen in der Nürnberger Altstadt, den Deal feierten sie vor wenigen Tagen mit Barbecue und Bier in Great Rapids im US-Bundesstaat Michigan – nach mehr als 20 Jahren Abstinenz kehrt der auf Schutzkleidung spezialisierte Familienkonzern Uvex zurück auf den US-Markt. Die Fürther, bekannt vor allem als Brillen- und Helmausrüster für Ski- und Fahrradfahrer, beteiligen sich mit zunächst 45 Prozent am Unternehmen HexArmor.
Das verschafft Firmenchef Michael Winter nach dem Verkauf der Markenrechte 1993 den Wiedereinstieg in den mehr als drei Milliarden Euro schweren US-Markt für Arbeitsschutz. HexArmor fertigt hieb- und stichfeste Handschuhe für Bau- und Ölfirmen wie Haliburton und Schlumberger und setzt knapp 37 Millionen Euro um. Unter der Marke wird Uvex seine Schutzbrillen ab Januar in den USA verkaufen. Der Zukauf soll helfen, Uvex bis 2020 auf eine halbe Milliarde Euro Umsatz zu hieven.
Firmenchef Winter sagte der WirtschaftsWoche: „In frühestens drei bis in spätestens fünf Jahren haben wir die Option, weitere Anteile bis zur Mehrheit dazuzukaufen.“ Winter und Stefan Brück, der den Teilkonzern Uvex Safety Group führt, waren schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem Zukaufziel in den USA. Hintergrund: Wegen vertraglicher Verpflichtungen darf Uvex in den USA keine Arbeitsschutz-Produkte unter seinem Markennamen verkaufen.
Winter schätzt, dass dem Unternehmen so bislang jährlich Umsätze in dreistelliger Millionenhöhe entgehen. Zudem könne sich das Unternehmen nicht an globalen Ausschreibungen im Öl-, Gas- oder Luftfahrtgeschäft beteiligen. Nach dem Einstieg bei HexArmor peilt Uvex nun die Teilnahme an entsprechenden Ausschreibungen an.
Hinzu kommt, dass HexArmor bisher 80 Prozent seines Umsatzes in den Vereinigten Staaten erzielt und nur 20 Prozent im Rest der Welt. Die HexArmor-Handschuhe will Uvex jetzt in seinen eigenen Vertriebskanälen anbieten. Umgekehrt soll HexArmor bereits ab Januar 2017 unter seinem Markennamen Augenschutzartikel wie Brillen und Visiere in den USA auf den Markt bringen, die bei Uvex in Fürth hergestellt werden: „So lasten wir unsere Produktion in Deutschland besser aus“, sagt Brück.
Weitere Produkte wie Gehör- und Atemschutz sollen in einer zweiten Phase folgen. Uvex-Chef Winter schließt nicht aus, dass in einigen Jahren einige Produktreihen auch direkt auf dem US-Markt produziert werden könnten: „Das setzt allerdings das Erreichen einer kritischen Masse voraus, kann aber angesichts von Währungsumrechnungen eines Tages sinnvoll werden.“
Bereits im Vorfeld des Einstiegs bei HexArmor hat Michael Winter die Konzernfinanzierung auf neue Füße gestellt. Legte der Konzern bisher größten Wert darauf, unabhängig von Banken zu handeln, hat er sich nun einen Konsortialkredit stricken lassen, aus dem auch die HexArmor-Übernahme finanziert wird: „Wir wollen angesichts der aktuellen Zinslandschaft unser Geld dort für uns arbeiten lassen, wo es den meisten Ertrag bringt und haben es deshalb in den Betrieb investiert.“ Uvex habe zudem Spielraum für weitere Zukäufe. Konkret geplant seien derzeit allerdings keine: „Unser Ziel, bis 2020 einen Umsatz von 500 Millionen Euro zu erzielen, dürften wir auch so erreichen“, sagte Winter.