
Eigentlich gilt Jan Bredack, Gründer des Berliner Vegan-Labels Veganz, als Kommunikationstalent in eigener Sache. Kaum jemand in der Veganszene kann die Idee der fleischlosen Ernährung so massentauglich erklären wie Bredack – gern garniert mit einem Mix aus persönlichen Erfahrungen und kühnen Visionen. "Für mich ist Vegan das neue Bio", verkündete Bredack vor knapp einem Jahr im Interview mit der WirtschaftsWoche, "die Leute rennen uns die Bude ein."
Schon damals hatte der Veganz-Frontmann aber auch durchblicken lassen, dass er beim Ausbau seiner Marke künftig eher auf Kooperationen mit Händlern wie Edeka und dm setzen will als auf eigene Läden. Schließlich sei es "kein Geheimnis, dass unsere Märkte Verluste schreiben", so Bredack vor einem Jahr. Nun hat sich die Lage des Filialgeschäfts zugespitzt – die Tochtergesellschaft Veganz Retail, in der sechs Veganz-Filialen außerhalb Berlins gebündelt waren, hat am 1. Dezember einen Insolvenzantrag gestellt.
Doch erst jetzt wurde der Schritt bekannt – und die Verwirrung ist ähnlich groß, wie die bisherige Kommunikation dazu dürftig war.
Zunächst hatte am vergangenen Freitag die „Lebensmittelzeitung“ darüber berichtet, dass es „im Supermarkt-Geschäft zu Einschnitten im Zuge einer Planinsolvenz“ kommt. In der Folge übernahmen das Online-Portal von „Manager Magazin“ sowie „Spiegel Online“ die Nachricht und titelten: „Veganz meldet Insolvenz an“.
Allein, die zackige Zeile wurde für das Unternehmen prompt zum Problem: Verunsicherte Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner hätten sich gemeldet, sagt eine Sprecherin. Das Unternehmen sah sich am Dienstag zu einer Klarstellung gezwungen: „Die Veganz GmbH hat, entgegen aktuell veröffentlichter Presseartikel, keine Insolvenz angemeldet.“
Schon zuvor hatte sich Veganz auf der hauseigenen Facebookseite über die Berichterstattung empört und einen Screenshot der Spiegel-Online-Seite garniert mit roten Bannern und dem Zusatz „Fake News“ präsentiert. Im Textfeld hieß es: „Das ist doch mal ein richtiger Presse Kracher und die Zugriffzahlen steigen.... Wer auch immer so einen Bullshit in die Welt gesetzt hat, möchte damit bestimmt keinen Preis für guten Journalismus gewinnen.“ Vielmehr habe das Unternehmen „für eine unserer Retailgesellschaften ein Planinsolvenzverfahren in Eigenregie initiiert, welches es Unternehmen, die eben noch nicht insolvent sind, ermöglichen soll, die betreffenden Unternehmensteile zu sanieren“.
Nicht insolvent trotz Planinsolvenz? Auch in den Kommentaren gehen die Begrifflichkeiten teils munter durcheinander, wird über Schutzschirme und das amerikanische Chapter 11 philosophiert.
Ärger und Irritationen
Fakt ist, dass die Eigenverwaltung zwar eine auf Sanierung ausgerichtete Verfahrensart ist, die zugleich aber Bestandteil des Insolvenzrechts ist. Der Verfahrenstyp wird seit März 2012 genutzt, als das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" - kurz: ESUG - in Kraft trat. Das Ziel dabei: Das ESUG sollte vor allem dafür sorgen, dass sich die Chefs klammer Unternehmen früher als bisher Hilfe suchen. Dafür wurde ihnen das Eingeständnis akuter Probleme mit zwei neuen Verfahrenstypen schmackhaft gemacht: der Eigenverwaltung mit oder ohne Schutzschirmverfahren, bei dem das bisherige Management an Bord bleibt und die Sanierung in Eigenregie angeht.
Trotzdem muss die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag stellen, gibt aber anders als im Regelinsolvenzverfahren die Kontrolle nicht an einen Insolvenzverwalter ab. Stattdessen wacht ein externer Sachwalter darüber, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt werden. Zudem kann die Eigenverwaltung vom Gericht aufgehoben werden, wenn Nachteile für die Gläubiger zu befürchten sind.
Die größten Bio-Supermärkte in Deutschland nach Filialen
Anzahl der Filialen der größten Bio-Supermarktketten (Unternehmensinformationen)
Quelle: EHI Retail Institute
denn´s bio (Dennree)
Filialen Dezember 2014: 166
Filialen Dezember 2015: 193
Super Natur Markt (Alnatura)
Filialen Dezember 2014: 94
Filialen Dezember 2015: 99
BioCompany
Filialen Dezember 2014: 42
Filialen Dezember 2015: 45
Basic
Filialen Dezember 2014: 30
Filialen Dezember 2015: 32
Ebl
Filialen Dezember 2014: 23
Filialen Dezember 2015: 25
SuperBioMarkt
Filialen Dezember 2014: 22
Filialen Dezember 2015: 23
Voll Corner Biomarkt
Filialen Dezember 2014: 15
Filialen Dezember 2015: 15
Naturgut
Filialen Dezember 2014: 10
Filialen Dezember 2015: 12
Tagwerk
Filialen Dezember 2014: 8
Filialen Dezember 2015: 10
Erdkorn
Filialen Dezember 2014: 9
Filialen Dezember 2015: 9
LPG-Biomarkt
Filialen Dezember 2014: 7
Filialen Dezember 2015: 8
Landmann´s Biomarkt
Filialen Dezember 2014: 6
Filialen Dezember 2015: 6
Füllhorn
Filialen Dezember 2014: 5
Filialen Dezember 2015: 6
Erdi
Filialen Dezember 2014: 5
Filialen Dezember 2015: 5
Dengel Biomarkt
Filialen Dezember 2014: -
Filialen Dezember 2015: 2
Im Klartext: Veganz Retail hat Insolvenz angemeldet, allerdings nur für einen Teil des Filialgeschäfts und mit dem Ziel einer Sanierung. Alle übrigen Veganz-Gesellschaften sind nicht betroffen und laufen normal weiter.
Zum vorläufigen Sachwalter von Veganz Retail wurde der Berliner Jurist Christian Otto von der Wirtschaftskanzlei hww bestellt. „Das Unternehmen prüft derzeit die Sanierungsmöglichkeiten der einzelnen Filialen“, sagte Otto der WirtschaftsWoche. „Konkrete Aussagen können aktuell noch nicht getroffen werden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass weitere Filialen geschlossen werden.“ Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die rund 50 Mitarbeiter des Unternehmens sei bereits organisiert worden, so Otto. Für die Kommunikationsstrategie sei Veganz zuständig, daher wolle er sich dazu nicht äußern.
Klar ist, mit rechtzeitigen und eindeutigen Informationen hätten sich Bredack und seine Vegan-Crew wohl reichlich Ärger und Irritationen erspart.
Wo Verbraucher Bio-Lebensmittel kaufen
"Wo kaufen Sie Bio-Produkte?" wollte das Bundeslandwirtschaftsministerium für das Öko-Barometer 2016 wissen und ließ dazu deutsche Verbraucher über 14 Jahren befragen, die angaben, zumindest "gelegentlich" Bio-Lebensmittel zu kaufen. Die Ergebnisse:
Quelle: Statista
Unter den Befragten bezogen sechs Prozent ihre Biolebensmittel aus einer Abokiste. Das Prinzip: Der Kunde bekommt Bio-Lebensmittel direkt vom Erzeuger. Der fährt die Kisten (wahlweise nach Kundenwunsch gefüllt, wahlweise als "Überraschungspaket" mit saisonalem Inhalt) in regelmäßigen Abständen bei den Kunden vorbei - bis diese die Belieferung kündigen. Ein Abo eben.
Brot in Bio-Qualität beim Bäcker kaufen 60 Prozent der Befragten.
Der klassische Bioladen ist für immerhin 54 Prozent der Bio-Käufer noch immer Bezugsquelle für ökologisch erzeugte Lebensmittel.
Ob denn´s bio oder Basic: Biosupermärkte gibt es mittlerweile in vielen größeren Städten. 46 Prozent der Bio-Käufer greifen zumindest gelegentlich dort zu.
Auf dem Hofladen, also direkt beim Erzeuger, kaufen 52 Prozent der Befragten ihre Bio-Lebensmittel.
Auch bei den großen Discountern findet man mittlerweile Bio-Eigenmarken. Bei Aldi und Konsorten kaufen 66 Prozent der Umfrageteilnehmer Bio-Produkte.
DM hat mittlerweile seine eigene Bio-Marke, Noch-Lieferant Alnatura kooperiert mittlerweile mit den Konkurrenten Rossmann und Müller: Der Markt für Bio-Produkte in Drogerien ist in Bewegung. Kein Wunder, denn "Bio" steht für die deutschen Käufer für "gesund" - damit ist der Verkauf von Bio-Produkten neben Gesundheitstee und Wellness-Schaumbad eigentlich nur natürlich. Immerhin 38 Prozent der Befragten kaufen Bio-Waren im Drogeriemarkt.
Auch eine eher ungewöhnliche und selten genutzte Art, Bio-Lebensmittel einzukaufen: Der Kiosk und die Tankstelle um die Ecke. Drei Prozent der Befragten holen dort Bio-Produkte.
Biofleisch vom Metzger - wer es kauft, tut es meist bewusst und hat seine Gründe dafür. Schließlich werden die Kosten für artgerechte Haltung und der Verzicht auf Antibiotika zum Teil an den Verbraucher an der Fleischtheke weitergegeben. 59 Prozent der Befragten schreckt das allerdings nicht: Sie kaufen beim Metzger Bio-Braten.
Auch im Reformhaus kaufen die Deutschen Bio-Produkte: Unter den Umfrageteilnehmern waren es 34 Prozent, die zumindest gelegentlich dort einkauften.
Bei Rewe, Edeka und Co. gibt es mittlerweile meist eine große Anzahl an Bio-Produkten. Das verlockt zum Kauf - wenn man eh schon da ist, kann man auch schnell zur Bio- statt zur gespritzten Zitrone greifen. 86 Prozent der Deutschen, die zumindest gelegentlich "Bio" kaufen, tun dies im Supermarkt.
Natürlich darf der Onlinehandel hier nicht fehlen, allerdings kaufen eher wenige Verbraucher ihre Bio-Produkte im Online-Supermarkt. Gerade einmal drei Prozent der Bio-Käufer bestellen ihre Ware per Klick.
Auf dem Wochenmarkt Lebensmittel in Bio-Qualität kaufen: Das tun 58 Prozent der Umfrageteilnehmer.