Veltins Frustsaufen gegen die Bier-Krise

Der Bierabsatz sinkt stetig, Hasseröder und Wernesgrüner hoffen auf die Rettung durch einen Finanzinvestor. Der Veltins-Chef prognostiziert der Bierbranche schwere Zeiten – und sieht dabei vor allem einen Gewinner.

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Der Generalbevollmächtige der Privatbrauerei Veltins sieht schwere Zeiten für die Bierbranche. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Vergleich ist frappierend: 2017 kauften die Menschen in ganz Deutschland nur noch so viel Bier wie vor der Wiedervereinigung in Westdeutschland allein. Weitere 2,5 Prozent Absatzmenge gingen der Branche im vergangenen Jahr verloren. Das bleibt nicht ohne Folgen: Warsteiner versucht, mit Unternehmensberatern endlich wieder profitabel zu werden.

Der Weltkonzern AB Inbev will in Kürze einen Käufer für seine Marken Hasseröder und Wernesgrüner vorstellen und allein Beck’s und seine Münchener Weißbiermarken behalten. „Es ist die Realität, dass es für die Branche nunmehr eher kontinuierlich abwärts als wieder aufwärts geht“, warnet der Generalbevollmächtigte von Veltins, Michael Huber, am Dienstag.

Huber ist kein Mann der leisen Worte – und kann sich Lautstärke leisten. Seine Brauerei legte bei Menge und Umsatz zu. Mit 323 Millionen Euro Umsatz erzielte die Brauerei ein Umsatzplus von 2,5 Prozent, 804 Millionen Euro erzielte die Gruppe inklusive Hotels und Vertrieb.

Huber leistet sich nun sogar ein Investitionsprogramm: Mit 417 Millionen Euro will er bis 2023 die Brauerei auf den technisch neusten Stand bringen und energieeffizienter arbeiten. 6,5 Millionen Euro hat er in neue Technik für die wachsende Kategorie Alkoholfreies Bier gesteckt, das im März überarbeitet auf den Markt kommt.

„Wir glauben, dass solche Investitionen nicht allzu viele in der Branche schaffen – aber sie eigentlich leisten müssen“, sagte Huber. Als Konsequenz prophezeit er das Absinken einiger Premium-Marken – also derjenigen Pilssorten, die über zehn Euro je Kasten kosten. Bis 2025 werde der Markt nicht mehr für alle Premiummarken reichen, sagte er. Zuletzt musste etwa Warsteiner eine geplante Preiserhöhung zurücknehmen, Hasseröder ist ebenfalls im Preis gesunken. „Ihren Preis und ihre Premiumpositionierung werden einige überdenken müssen“, sagte Huber.

Vor allem die großen Marken verlieren derzeit am Markt an Absatz, während kleine regionale Brauereien zulegen. Warsteiner habe in den vergangenen zehn Jahren 27,9 Prozent Absatz verloren, König Pilsener gut 20 Prozent, Beck’s 14,5 Prozent, sagte Huber unter Verweis auf Marktdaten.

Veltins habe derweil gegen den Trend leicht um 2,2 Prozent zugelegt. Daher überlegt Huber zuzukaufen. Die zum Verkauf stehenden ABInbev-Marken kämen nicht in frage, dafür kleinere, regional verankerte Brauereien. Diese gelten häufig als finanzschwach und könnten Käufer suchen. „Es werden Brauereien aufgeben, andere werden übernommen“, prognostizierte Huber.

Die Veltins-Gruppe könne durch regionale Zukäufe in neue Regionen wachsen. „Wir sind ja, wenn man ehrlich ist, keine nationale Marke“, sagte er. Veltins ist besonders in Nordrhein-Westfalen stark, wo Veltins den Sponsoring-Vertrag im dem FC Schalke 04 um zehn Jahre verlängert hat. Bundesweit ist Veltins die drittgrößte Premiummarke hinter Krombacher und Bitburger.

Der Marktumbruch  ist Folge eines geänderten Konsumverhaltens: Die Deutschen trinken weniger Bier, dafür öfter regionale Spezialitäten im Schatten des Craft-Beer-Trends. Veltins ist früh auf den Zug aufgesprungen: Die vor wenigen Jahren neu geschaffene Landbier-Marke Grevensteiner legte im vergangenen Jahr um 18 Prozent zu. In der Nische wachsen kleine, neu gegründete Craft-Beer-Spezialisten – während es den Regionalbrauern nach jahrelangen Preiskriegen mit den nationalen Premiummarken an Finanzkraft fehlt.

Besondere Sorge machte Huber, dass die Bierbranche nicht von der guten Konjunktur des vergangenen Jahres profitieren konnte. „Wenn jetzt noch die Wirtschaft einbrechen sollte, kann ich nur hoffen, dass die Leute anfangen, aus Frust zu saufen“, scherzte er.

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