Verbraucher-Ranking Diesen Marken vertrauen die Deutschen

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Wohnungsmisere in Deutschland

Abgeschlagen kämpfen vor allem Wohnungsgesellschaften um ihren Ruf. „Die Wohnungssituation in Deutschland ist derzeit wieder ein intensiv diskutiertes Thema“, sagt Berater Dethloff. In der Kritik stehe dabei auch die Mietpreispolitik der Immobilienkonzerne. „Das bleibt offensichtlich bei der Bewertung der Fairness bei den Kunden nicht ohne Wirkung.“

Kaum besser schneiden Finanzdienstleister ab – egal, ob es sich dabei um regionale Banken, Vermittler von Baufinanzierungen oder Finanzvertriebe handelt. Über einen Vertrauenswert von 37 Prozent kommt keine der drei Teilbranchen hinaus. Das seit Jahren schlechte Abschneiden überrascht Dethloff nicht mehr. Es sei aber doch aufs Neue erstaunlich, dass „die Investitionen der Anbieter in vertrauensbildende Maßnahmen wenig Wirkung zeigen“.

Investitionen in Vertrauen, so eine weitere Erkenntnis der Untersuchung, brauchen Zeit. Doch ist einmal ein gutes Image aufgebaut, geht es auch nicht so schnell bergab. So hält sich Onlineversender Amazon seit Jahren unter den 25 vertrauenswürdigsten Unternehmen. Die Konstanz zeigt, dass sich treue Konsumenten selbst von negativen Schlagzeilen über Mobbing, Steuerflucht, Niedriglöhne und systematische Vernichtung von Neuware nicht vom Kauf abhalten lassen.

Diese Unternehmen genießen branchenübergreifend das höchste Vertrauen

„Amazon hat gegenüber Wettbewerbern im Verhältnis zum Vorjahr zwar etwas Vertrauensvorsprung eingebüßt“, sagt Dethloff. Doch der US-Konzern sei nicht nur wirtschaftlich mächtig, sondern auch konsumpsychologisch betrachtet höchst attraktiv. „Das lässt die Verbraucher gegebenenfalls über einiges hinwegsehen.“

Machen Verbraucher individuell positive Erfahrungen mit Unternehmen, schaden eben auch Skandale nur begrenzt. Über viele Jahre aufgebautes Vertrauenskapital hält auch lange. Noch heute zum Beispiel haben die Kunden höchstes Vertrauen zu AEG als Haushaltsgerätehersteller („Aus Erfahrung gut“), dem Waschmaschinenhersteller Miele („Die gute Wahl“) oder dem Bohrmaschinenproduzenten Bosch („Technik fürs Leben“). An den Top-Vertrauenswerten ändert sich auch dann nichts, wenn immer mal wieder Gerüchte durch die Öffentlichkeit geistern, die Hersteller von Wasserkochern, Toastern oder Spülmaschinen würden ihre Produkte absichtlich mit einer verkürzten Lebensdauer herstellen. Experten sprechen von einer „geplanten Obsoleszenz“. Solange sich Kritik nicht einem einzigen Unternehmen zuordnen lässt, bleibt das Vertrauen unerschüttert.

Ist der Ruf erst ruiniert...

Ein Persilschein für missbräuchliches Verhalten ist ein hohes Vertrauen nicht. Mit Vollgas ist vor zwei Jahren die Automobilindustrie in die denkbar größte Vertrauenskrise gerast. Der Volkswagen-Dieselskandal hat die ganze Branche mitgerissen. Inzwischen vertrauen die Menschen den Autoherstellern weniger als Baumärkten oder Paketdiensten. Die Politik erhöht nun den Druck, dass die Autohersteller ihren Dieselkunden auch mit Umtauschprämien unter die Arme greifen. Andere Unternehmen wie Porsche denken inzwischen radikal: Als erster deutscher Autokonzern steigt die VW-Tochter aus der Dieseltechnik aus.

Auf der Suche nach dem verlorenen Vertrauen werden sogar gestandene Automanager kleinlaut. Bernhard Mattes, Chef des Verbandes der Automobilindustrie, des wohl einflussreichsten deutschen Industrieverbands, räumte vor Kurzem ein, die Branche habe „massiv an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren“. Das bewege ihn „auch persönlich“, sagte der 61-Jährige, der 14 Jahre an der Spitze von Ford Deutschland stand.

Stellvertretend für seine Branche gelobte Mattes Besserung. Die Automobilindustrie arbeite daran, „neues Vertrauen zu gewinnen und unsere Glaubwürdigkeit wieder zu stärken“. Leere Versprechungen könne sich seine Branche nicht mehr erlauben, „wir müssen liefern“. Das gehe allerdings nicht auf Knopfdruck, sondern brauche seine Zeit. Scheinbar hatte sich Mattes an eine alte Weisheit der US-Investorenlegende Warren Buffett erinnert: „Man braucht 20 Jahre, um sich einen guten Ruf zu erarbeiten, und fünf Minuten, um ihn zu zerstören. Wenn dir das bewusst ist, gehst du die Dinge anders an.“

Das Schlimmste dürften VW, BMW, Audi und Konsorten überstanden haben. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr zeigt sich kein weiterer Schwund“, sagt Dethloff. „Attraktivität und Kritik scheinen sich gerade etwas auszubalancieren.“

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