Versandriese Sieben Gründe, warum Amazon so mächtig ist

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Der Shop-Killer


Verschärft wird Amazons Herrschaft auf dem Buchmarkt durch den Bedeutungsgewinn der Ebooks. Mit seinem Kindle-Angebot beherrscht Amazon weltweit den Ebook-Markt. In Deutschland kommt der Konzern beim Verkauf von elektronischer Literatur auf einen Marktanteil von mehr als 45 Prozent.

Und das, obwohl sich führende Buchhändler zusammengeschlossen haben, um Amazon mit einem eigenen Ebook-Reader namens „Tolino“ Paroli zu bieten. Gemeinsam kommen die Gegenspieler Thalia, Weltbild, buecher.de und Hugendubel auf einen Marktanteil von immerhin 36 Prozent. Die deutsche Tolino-Initiative als Gegenmaßnahme zu Amazon ist einmalig auf der Welt und gibt es so in keinem Land. Trotzdem hat Amazon auch hier nach wie vor eine dominierende Marktstellung.

Weiteren Druck übt Amazon auf die Buchbranche aus, weil das Unternehmen mittlerweile selbst als Verlag fungiert und Belletristik als E-Book auf dem eigenen Lesegerät Kindle sowie als Printausgaben herausbringt.

Macht ausgebaut

Nicht nur bei Büchern, sondern über alle Produktbereiche hinweg hat Amazon seine Macht ausgebaut. Das Unternehmen kontrolliert ein Viertel des deutschen Web-Handels. Das Produktportfolio reicht von Elektroartikeln, über Kleidung bis hin zu Gartenmöbeln. „56 Millionen Produkte hat Amazon alleine in Deutschland im Angebot“, sagt Heinemann. Verkauft werden sie einerseits vom Online-Händler direkt, andererseits aber auch von externen Anbietern auf dem Amazon-Marktplatz.

Laut Schätzungen des Instituts für Handelsforschung hat Amazon in Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von 6,48 Milliarden Euro mit seinem Shop gemacht. Damit deklassiert der Gigant Konkurrenten wie otto.de (2,27 Milliarden Euro) und Zalando (0,85 Milliarden Euro).

Rechnet man die Provisionen hinzu, die das Unternehmen bei Verkäufen auf dem Amazon-Marktplatz erhält sowie durch Web-Services erzielt, steigt Amazons Umsatz noch weiter: 2013 setzte das Unternehmen knapp 7,8 Milliarden Euro in Deutschland um. Das Handelsvolumen aller Waren, die über Amazon verkauft werden, liegt laut Experten bei mehr als 10 Milliarden Euro.

Die Marktmacht wird Folgen für die Branche haben. „90 Prozent aller reinen Online-Shops werden nicht überleben“, sagt Branchen-Kenner Michael Mohr. Der Managementberater hat mit Experten verschiedene Analysen durchgeführt und Studien ausgewertet. Das Ergebnis: Bis spätestens 2020 geht der Großteil der Online-Shops ein, weil sie gegen die Giganten des Online-Einkaufs keine Chance haben.

Nummer eins der Shop-Killer ist und bleibt das Unternehmen aus Seattle. Vom Boom des Onlineshopping profitiert Amazon stärker als jeder andere.

Was dem stationären Handel an Einnahmen verloren geht, fließt zum Großteil auf das Konto des US-Unternehmens. Dass der Einzelhandel unter der Netz-Konkurrenz leidet, ist schon lange kein Geheimnis mehr.

Nicht nur Schwarzmaler sagen das Sterben vieler Geschäfte voraus. „Amazon hat dem Non-Food-Handel in Deutschland allein im vergangenen Jahr rund ein Prozent Marktanteil abgenommen”, rechnet Gerrit Heinemann vor.

Besonders perfide: Die bedrohten Händler selbst spielen Amazon in die Karten. Seit einem genialen Schachzug sind sie dem Unternehmen ausgeliefert.

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