Vorwerk Internetpiraten kapern Thermomix-Webshop

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Die Hintermänner sitzen meist im Ausland

Fake-Shops sind für Kriminelle lukrativ, denn immer mehr Menschen kaufen im Netz ein. Nach einer aktuellen Studie im Auftrag des Digitalmarktplatzes Retail-Me-Not werden im Online-Handel allein in Deutschland in diesem Jahr 62 Milliarden Euro erwirtschaftet. Jeder achte Euro hierzulande wird bereits im Internetausgegeben – Tendenz steigend.

Markenhersteller versuchen, gegen Fake-Shops vorzugehen. Schließlich leidet das Image und potenzielle Kunden werden verunsichert. Vor allem sollten Unternehmen darauf achten, sich ihre Internet-Domains in verschiedenen Versionen zu sichern – auch im Ausland. „Aufgrund der zahlreichen Variationsmöglichkeiten ist ein 100-prozentiger Schutz vor Fälschungswebsites aber kaum zu erreichen“, sagt Volker Bartels, Vorsitzender des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM).

Der Trendschmuckhersteller Thomas Sabo zum Beispiel hat gegen weltweit mehr als 700 gefälschte Webseiten zu kämpfen, schätzt Daniela Suess, zuständig für Markenschutz des Unternehmens. Die Seiten mit Namen wie Thomas-Ssabo.com oder Thomas-Sabo-outlet.com haben Fotos oder Impressum der echten Webseite dreist kopiert. Dahinter stecken organisierte Banden.

Das sind nicht nur Fatamorgana-Shops, sondern meist solche, die billige Schmuckimitate verkaufen. Der Mittelständler, der in alle Welt verkauft, geht zum einen mit rechtlichen Mitteln gegen gefakte Webseiten vor. „Außerdem achten wir darauf, dass wir in allen Ländern bei Suchmaschinen wie Google oder Bing auf den ersten drei Positionen erscheinen und nicht die Fälscher“, sagt Suess von Thomas Sabo.

Kein Küchengerät hat so viele Fans wie der Thermomix von Vorwerk. Nun hat Stiftung Warentest neun Küchenmaschinen getestet. Und der Thermomix wurde nur vierter. Das kann nicht sein, sagen die Fans.
von Thorsten Firlus

Manche Fälscher gehen soweit, selbst Qualitätssiegel abzukupfern. Diese Erfahrung machen Trusted Shops, die europaweit rund 20.000 Internet-Händler auf ihre Seriosität prüfen, immer wieder. „Fälscher von Online-Shops kopieren nicht nur ganze Online-Seiten samt AGBs und Impressum, sondern klauen auch dreist unsere Gütesiegel“, erzählt Carsten Föhlisch, Leiter der Rechtsabteilung von Trusted Shops. „Rund 60 Fake-Shops mit unseren Siegeln spüren wir im Jahr auf - zum Beispiel Shops, die Lego zu Spottpreisen verkauft haben.“ Die echten Siegel sind daran zu erkennen, dass Kunden auf der Homepage von Trusted Shops landen, wenn sie das Siegel anklicken.

In Europa ist es laut Föhlisch relativ einfach, gefälschte Webseiten sperren zu lassen. „Provider sind sehr kooperativ und klemmen die Seiten für uns ab.“ Schwierig wird es, wenn die Kriminellen außerhalb der EU sitzen. „Dann müssen wir eine ausländische Anwaltskanzlei vor Ort einschalten. Das ist sehr langwierig, weil die Hintermänner oft gar nicht zu ermitteln sind, und kostet meist einen vierstelligen Betrag pro Webseite“, berichtet der Jurist. Trotzdem ploppen nach drei bis sechs Monaten wieder ähnliche Fake-Seiten im Netz auf. „Dann sind wir dankbar, wenn Kunden uns Hinweise geben“, so Föhlisch von Trusted Shops.

Einen etwas anderen Weg beschreitet der Weltverband der Sportartikelhersteller (WFSGI). Auf Initiative von Syndikusanwalt Jochen Schäfer können Mitgliedsfirmen einen italienischen Dienstleister beauftragen. Der spürt im Internet betrügerische Seiten auf und lässt sie bei den Providern, den Marktplätzen wie Alibaba, Amazon oder Ebayoder den Sozialen Netzwerken wie Facebook sperren. Dabei handelt es sich vor allem auch um Webseiten, die gefälschte Markenartikel verkaufen.

43 Sportartikelhersteller, darunter 31 Fahrradfirmen, haben sich dem Verbandsprojekt angeschlossen. „Inzwischen wurden mehr als 30.000 Fälscher-Webseiten geschlossen – meist innerhalb von drei Tagen“, berichtet Schäfer. „Diese Methode hat sich als sehr effektiv erwiesen und ist auch für kleinere Markenhersteller finanziell gut zu stemmen. Das zeigt: Unternehmen sind gegen Internetpiraten nicht machtlos.“

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