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Vorwerk Die Kobolde werden zum Drei-Milliarden-Konzern

Trotz hausgemachter Probleme beeindruckt das Wuppertaler Familienunternehmen Vorwerk mit seiner Bilanz und dem Ausblick für das laufende Jahr.

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Vorwerk will unabhängiger vom traditionellen Haustürgeschäft werden. Quelle: dpa

Wie sich Unternehmen selber darstellen und wie die Mitarbeiter und die Kunden sie erleben, dazwischen klaffen oft Welten. Auch bei Vorwerk, einem der traditionsreichsten deutschen Familienunternehmen, stößt man bei näherem Hinsehen auf reichlich Widersprüche und Schrulligkeiten. Die Wuppertaler bauen zwar in Deutschland eine Ladenkette mit rund 120 Standorten auf, um dort künftig ihre Kobold-Staubsauger zu verkaufen und endlich unabhängiger vom Haustür-Geschäft zu werden. Aber ihren zweiten großen Umsatzbringer, die Thermomix-Küchenmaschine, kann man in den schicken Läden nur besichtigen – nicht kaufen. Wer sie haben will, wird an die Thermomix-Repräsentantin verwiesen, die in ihrem Bezirk das alleinige Verkaufsrecht hat und normalerweise bei Verkaufspartys neue Kundinnen (und manchmal auch Kunden) gewinnt.

Es knirscht hörbar im 130 Jahre alten Vorwerk-Gebälk: Die alte Staubsaugervertreter-Truppe hadert mit dem aktuellen Umbau des Vertriebssystems, der auf den langsamen Abschied vom Haustürgeschäft hinaus läuft. Vehement wehrt sich auch die wichtige Italien-Sparte gegen den Umstieg auf Telefonakquise und gegen Verkaufsgespräche nach Termin. Unklar ist immer noch, wie viel Personalabbau mit den Änderungen der Vertriebsstruktur und anderen Veränderungen verbunden sein wird. Dem Direktvertrieb will Vorwerk zwar treu bleiben. Aber allein die Ergänzung durch andere Vertriebswege ist eine Revolution für die alt hergebrachte Unternehmenskultur.

Übersicht zum Umsatz der Vorwerk-Sparten (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Trotzdem legt das Unternehmen eine Rekordbilanz für 2012 vor und will im laufenden Jahr sogar die Drei-Milliarden-Euro-Umsatzgrenze knacken. Respekt! Zum einen geht das, weil das Multifunktionsgerät Thermomix schon seit Jahren die Probleme im Staubsaugergeschäft ausgleicht. Selbst mit dem Kobold werden angeblich aber wieder Profite erwirtschaftet. Zudem kommt fast die Hälfte des Vorwerk-Umsatzes aus ganz anderen Sparten, die kaum jemand mit dem Namen Vorwerk in Verbindung bringt: dem Geschäft mit der vor allem in Südamerika bekannten Kosmetik-Marke Jafra, der auf Konsumfinanzierung spezialisierten akf-Bank oder den hochwertigen Vorwerk-Teppichböden.

Spannend ist die Frage, ob die neuen Multifunktions-Küchenmaschinen anderer Hersteller wie Philipps die Thermomix-Sparte schwächen. Immerhin sind die preiswerteren Konkurrenzprodukte, die ebenfalls Kochfunktionen haben, jederzeit in Elektronik-Märkten oder online zu kaufen – das mit fast 1000 Euro extrem teure Vorwerk-Gerät aber nicht.

Angesichts der Tabus und Schwierigkeiten des Unternehmens fragt man sich, wie erfolgreich die unterschätzten Wuppertaler sein könnten, wenn sie sich schneller von ihren Traditionen trennen würde. Andererseits: Wäre Vorwerk dann noch Vorwerk?

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