Das Angebot klingt verlockend. Die Kult-Küchenmaschine Thermomix TM5 für 845 Euro statt 1180,99 Euro – samt Chip und Kochbuch und sofort lieferbar. Wo doch sonst die Lieferzeit sieben Wochen beträgt. Auch die Kommentare der Kunden überzeugen: „Anders kennt man es nicht von Vorwerk. Schnelle Lieferung, gute Qualität“, schreibt Sabine Heinemann als Bewertung und verteilt fünf Sterne. Herbert Tietzmann gibt nur vier Sterne: „Die Lieferung hat uns zu lange gedauert, beim Preis von 845 Euronen kann man aber nicht meckern.“
Von den Produktfotos über die AGBs bis zum Impressum – alles an der Webseite wirkt auf den ersten Blick täuschend echt. Doch hinter www.thermomix-vorwerk.org verbirgt sich einer von zahlreichen Fake-Shops. Etliche Kunden sind auf die vermeintlichen Schnäppchenangebote hereingefallen. Sie haben gegen Vorkasse gezahlt, aber nie einen Thermomix erhalten, berichtet die Polizei von Tuttlingen bis Paderborn.
„Wir distanzieren uns ausdrücklich von den Inhalten dieser Seiten und zeigen uns äußerst bestürzt, mit welcher Dreistigkeit Verbraucher durch die Benutzung unserer Marken sowie die Übernahme von Impressumsangaben getäuscht werden“, äußert sich Thermomix-Hersteller Vorwerk. Auf der Thermomix-Homepage warnt das Wuppertaler Unternehmen ausdrücklich vor folgenden Fake-Shops: thermomix-vorwerk.com, thermomix-berlin.com, deutschland-thermomix.com, tm5-vorwerk.com, tm5-ag.com, thermomix-vorwerk5.com, thermo-gmbh.com, thermo-vwerk.com, thermomix-vorwerk.org.
Die Domains dieser Thermomix-Fake-Shops wurden allesamt unter Nutzung eines Anonymisierungsdienstes mit Sitz in Panama angemeldet, weshalb IP Adressen und die Inhaberschaft bislang unbekannt sind, erklärt Vorwerk. „Ein unmittelbares Vorgehen gegen die Hintermänner ist daher momentan unmöglich“. Das Unternehmen hat gegen die Inhaber der Domains Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Hamburg gestellt. „Gegen alle URLs (Internetadressen) laufen zudem Löschungsverfahren, da die Domains die Markenrechte unseres Unternehmens verletzen“, betont der Thermomix-Hersteller.
Die sechs Sparten von Vorwerk
Die kultige Küchenmaschine ist seit 2014 der Hauptumsatzbringer von Vorwerk. Sie erwirtschaftete mit 920 Millionen Euro (+ 15 Prozent) genau ein Drittel des Umsatzes. Das Gerät wird seit 1961 produziert. Das neue digitale Modell TM5, das im September überraschend auf den Markt kam, hat eine unerwartet hohe Nachfrage. Die Wartezeit in Deutschland beträgt derzeit 13 Wochen. In zwei Jahren soll die Produktion auf zwei Millionen Stück im Jahr verdoppelt werden. Der Thermomix wird nur über weltweit 34.500 Beraterinnen vertrieben.
Der Kult-Staubsauger wurde 2014 erstmals vom Thermomix überholt, obwohl der Umsatz des Kobold um fast fünf Prozent auf 898 Millionen Euro deutlich stieg. Seit 2011 wird der Kobold in Deutschland nicht mehr nur über Vertreter, sondern auch über 34 Läden und einen Online-Shop vertrieben.
Seit 2004 gehört Jafra zur Vorwerk Gruppe. Der Stammsitz ist in Kalifornien. Die Kosmetika werden hauptsächlich in Mexiko, den USA und Brasilien vertrieben. Wegen schwacher Nachfrage in Mexiko sank der Umsatz 2014 um sieben Prozent auf 427 Millionen Euro.
Der Finanzierer für den Mittelstand bietet Leasing, Kredite und andere Finanzdienstleistungen für diverse Branchen wie Automobil, Yachten und Agrartechnik. Der Umsatz wuchs 2014 leicht auf 405 Millionen Euro. Das Neugeschäft zog deutlich an. Die Bilanzsumme stieg auf 1,6 Milliarden Euro.
Bodenbeläge sind die Keimzelle des Traditionsunternehmen, das 1883 unter dem Namen Barmer Teppichfabrik Vorwerk & Co in Wuppertal gegründet wurde. Die Teppichsparte machte zuletzt 88 Millionen Euro Umsatz. 2014 hatte Vorwerk die Werke der insolventen Marke „Nordpfeil“ übernommen.
In Südostasien vertreibt Vorwerk Wasserfilter, Luftreiniger und Staubsauger. Der Umsatz sank 2014 auf 28 Millionen Euro. Künftig will sich das Unternehmen stärker auf Filter- und Reinigungstechnik fokussieren.
Fake-Shops für die digitale Küchenmaschine, den Verkaufsschlager von Vorwerk, sind beileibe kein Einzelfall. Gefälschte Markenshops bieten heute alles – von Kinderspielzeug über Fahrräder, Elektronik, Schmuck, Luxushandtaschen bis Fußballtickets – zu verlockenden Schnäppchenpreisen.
Hinter den meisten Fake-Shops stecken Profis. Die können nicht nur eine Website täuschend echt nachbauen, sondern beherrschen auch die Klaviatur der Suchmaschinen. So landen die betrügerischen Seiten weit vorne bei Google und Preisvergleichsportalen.
Nur selten können die Kriminellen dingfest gemacht werden. So wie im April 2015 die zwei 25-jährigen Berliner, die 26 Fakeshops betrieben und von gutgläubigen Kunden mehr als 214.000 Euro als Vorkasse bekamen. Geliefert haben die Betrüger die bestellten Kaffeemaschinen, Smartphones und Spielkonsolen jedoch nie.
Meist sitzen die Cyber-Kriminellen allerdings im Ausland. Von Strohmännern lassen sie mit gefälschten Papieren Bankkonten in Deutschland eröffnen. Dahin überweisen ahnungslose Kunden Geld für vermeintliche Schnäppchen. Nach ein paar Wochen macht die Webseite meist wieder dicht und taucht unter anderem Namen wieder auf.