Systeme wie der Tor-Browser machen anonymes Surfen im Internet möglich. Das nutzen Drogenhändler aus. Mittlerweile hat sich im Darknet ein digitaler Schwarzmarkt entwickelt, den die Behörden nur sehr begrenzt überblicken können. Aktuell ist das Drogenangebot im Internet zwar noch verhältnismäßig klein, die EMCDDA schreibt ihm in ihrem aktuellen Bericht allerdings ein noch „beträchtliches Wachstumspotenzial“ zu. „Wir können weder schätzen, wie viel Prozent des Drogenhandels sich mittlerweile über das Internet abspielen, noch können wir die Händler aufspüren. Das ist nur in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt.“ Ab und zu gelingt ein Coup gegen große Drogenmärkte im Netz, mit Namen wie Silk Road oder Shiny Flakes. Aber ähnlich wie nach der Zerschlagung eines Kartells verschiebt sich die Marktmacht anschließend zu neu aufkommenden kleineren Handelsplätzen.
Und die Nachfrage unter den Deutschen ist groß: Allein die Zahl der Erstkonsumenten erhöhte sich im vergangenen Jahr um vier Prozent auf fast 21.000. Die Zahl der erstmals auffälligen Heroinkonsumenten ist 2015 um 15 Prozent gestiegen, die der Kokainkonsumenten um sieben Prozent, zeigt der Jahresbericht zur Rauschgiftkriminalität. „Aber auch Studien sind mit Vorsicht zu genießen“, warnt Huth. Schließlich gäbe kaum jemand ehrlich zu, dass er regelmäßig Drogen konsumiere. Bei einer anonymen Umfrage von "Zeit Online" im vergangenen Jahr waren es bei mehr als 22.000 Menschen, die angaben, schon einmal Erfahrungen mit illegalen Drogen gemacht zu haben, 86 Prozent der Befragten.
Diese Deutschen tauchen nicht in den Zahlen der Polizei oder der Notaufnahme auf. Sie zeigen, dass Drogen keineswegs nur eine Randerscheinung heruntergekommener Stadtviertel sind, in denen kriminelle Banden ihren Stoff an Süchtige verticken. Sondern, dass sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Die gesteigerte Qualität in Kombination mit niedrigen Preise tragen ihren Teil dazu bei, dass fast die Hälfte der Teilnehmer angab, im Jahr vor der Umfrage gekifft zu haben. Jeder fünfte schluckte schon mal Ecstasy oder schnupfte Amphetamine als Pulver. 13 Prozent koksten, viele bis zu zehn Mal in diesem einen Jahr. Fast jeder Zehnte vergnügte sich mit halluzinogenen Pilzen und rund acht Prozent begaben sich auf einen LSD-Trip.
In einer Stellungnahme errechnet der BdK mit Zahlen des BKA aus dem Jahr 2012, dass etwa 283.000 Erwachsene einen Missbrauch und 319.000 Erwachsene eine Abhängigkeit im Zusammenhang mit dem Konsum der illegalen Drogen Cannabis, Kokain oder Amphetamine aufweisen. „Nach kriminalistischer Erfahrung nimmt jeder dieser Konsumenten am Tag mindestens ein Gramm der genannten Drogen zu sich. Hochgerechnet bedeutet dies, dass nur von dieser Gruppe pro Jahr circa 219 Tonnen Drogen konsumiert werden“, erklärt Huth. Schon diese Zahl steht gegenüber der im BKA-Lagebild jährlich festgehaltenen Menge an sichergestellten Drogen in keinem Verhältnis. Zum Vergleich: 2012 wurden gerade einmal 9,7 Tonnen Cannabis, Kokain und Amphetamine insgesamt beschlagnahmt. Dabei sei die Konsummenge von einem Gramm noch deutlich niedrig bemessen. Einige Experten gehen von einer täglichen Menge zwischen drei und vier Gramm aus. Damit würde sich der Konsum allein für Cannabis, Kokain und Amphetamine auf 600 bis 800 Tonnen jährlich belaufen.
Jeder Vierte hat Erfahrungen mit illegalen Substanzen, Tendenz steigend. Nach einem kontinuierlichen Rückgang ist die Zahl der Erstkonsumenten harter Drogen von 2013 auf 2014 um fünf Prozent gestiegen. „Und das sind praktisch nur die, die wir 'mit der Nadel im Arm' finden“, sagt Huth.
Die Zahl der Drogentoten stieg 2015 um fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Schon für das Jahr 2014 hatte das BKA 1032 Rauschgifttote in Deutschland gezählt - eine Steigerung um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit brach ein vermeintlich stabiler, positiver Trend zu weniger Missbrauch und Opfern: Sechs Jahre lang waren die Zahlen zuvor gefallen. Mit 1226 Toten sind es jetzt so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr.